Kapitel 17

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Romans Sicht:
In meinem Kopf wiederholt sich den ganzen Schulweg lang der gestrige Tag in Dauerschleife. Jetzt kann Caroline nicht mehr leugnen, dass sie mich mag. Vielleicht sieht sie jetzt endlich ein, dass wir füreinander bestimmt sind. Ich klinge wahrscheinlich komplett verrückt, aber ich hab schon am ersten Tag etwas besonderes in ihr gesehen. Etwas geheimnisvolles, das mich angezogen hat. Dieses Mädchen hat mir den Kopf verdreht, wortwörtlich. In ihrer Nähe vergesse ich, wer ich bin oder besser gesagt, wer ich war. In ihrer Nähe bin ich nicht mehr Roman Lochmann, der auf YouTube Songs parodiert hat. Bei Caroline bin ich einfach ich!
„Alter, stimmt es, was man sagt? Warst du gestern mit Caroline Thomsen aus?"
„Wer fragt?", ich blicke dem Jungen finster ins Gesicht. Ich glaub, der geht in unsre Klasse...
„Leon, wir gehen in eine Klasse", bestätigt dieser meine Vermutung.
„Und was geht es dich an, mit wem ich ausgehe?", hinterfrage ich weiterhin mit einem eher unfreundlichen Ton.
„Hast du überhaupt mitbekommen, dass deine neue Freundin krank ist?", fragt dieser Leon unbeirrt.
„Krank? Was meinst du?", jetzt schimmert Verwirrung in meinem Tonfall.
„Na krank halt. Sie hat Krebs", erklärt Leon.
Krebs? Sie meinte doch, ihre Schwester sei daran gestorben...
„Natürlich weiß ich das", zische ich und laufe an dem Typen vorbei. Okay, ich wusste es nicht. Aber das braucht der ja nicht zu wissen.
Ich gehe ins Schulgebäude und suche nach Caroline, ich muss dringend mit ihr reden...
-
Carolines Sicht:
Ich muss Roman finden und ihm die Wahrheit sagen. Und ich muss ihm sagen, dass ich ihn mag!
Ich laufe geradewegs auf unseren Klassenraum zu und halte nach Roman Ausschau. Hoffentlich ist er nicht schon drinnen. Sobald ich daran denke, sehe ich wie Roman um die Ecke kommt und mich ebenfalls entdeckt. Seine Schritte vergrößern sich. Mich packt die Angst, aber ich schlucke sie runter. So schwer kann das nicht sein, jemandem zu sagen, dass man ihn mag. Und Krebs hat...
„Hey", ich will Roman umarmen, doch er blockt ab. Mein Herz zieht sich ein kleines bisschen zusammen. Was ist los?
„Wir müssen reden", Roman zieht mich weg vom Klassenraum, in einen leeren Raum.
„Was ist los?", spreche ich meine Gedanken skeptisch aus.
„Warum hast du mir nicht die Wahrheit gesagt?", entgegnet Roman.
„Welche Wahrheit?", ich tue automatisch ahnungslos. Vielleicht meint er nicht den Krebs...
„Warum hast du mir nicht gesagt, dass du Krebs hast?"
Ich schaue ihn an und finde meine Antwort in seinen Augen wieder.
„Genau deshalb. Wenn du deinen Blick sehen könntest", schnaufe ich. „Ich brauche dein Mitleid nicht!"
„Du hast mir erzählt, deine Schwester sei an Krebs gestorben. War das auch gelogen?", Roman geht gar nicht auf meine Aussage ein.
„Ja, ich hatte nie eine Schwester... Aber wenn ich ehrlich bin, fühlte ich mich gestern nach Monaten endlich wieder lebendig. Ich war einmal nicht das Mädchen mit Krebs. Das hat mir gefallen, deshalb hab ich nichts gesagt! Und eigentlich wollte ich es dir heute sagen. Denn ich mag dich wirklich und ich wollte dir die Wahl lassen, ob du an meiner Seite sein willst oder nicht. Vor dem Tag gestern, da hab ich nämlich für dich entschieden. Ich wollte dich nicht treffen, weil ich dich vor mir selbst beschützen wollte. Aber du hast dich ja jetzt selbst entschieden", all meine Ängste platzen mit meinem Ärger aus mir heraus. Ich ziehe Romans Mütze aus meiner Jackentasche und drücke sie ihm in die Hand. „Ich brauche keinen Freund, der Mitleid mit mir hat." Mit diesen Worten gehe ich - nach Hause.

The Destiny in your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt