Kiss of Darkness

🥊 15

>>Rasmus<<

Metallica dröhnte durch das Haus während ich die Löcher in den Wänden verspachtelte. Ich wusste, dass ich nicht singen konnte, aber ich war alleine und so konnte mich niemand stoppen meinen Part von 'Until It Sleeps' zu schmettern. Es klang wie ein Duett mit James Hetfield. Der Ghettoblaster, ein Überbleibsel meiner Teenagerzeit, stand in der Tür zur Küche und alles um mich herum vibrierte, da ich die Lautstärke bis zum Maximum aufgedreht hatte. Zum Glück war der nächste Nachbar etwa einhundert Meter entfernt und so weit ich wusste, lebte ich in einer gutbürgerlichen Nachbarschaft, wo jeder einem Job nachging. Da wir erst elf Uhr morgens hatten waren die Kids in der Schule und die Eltern auf der Arbeit.

Als ich das letzte Loch versiegelt hatte, legte ich den Spachtel und die kleine Schüssel mit dem Silikon zur Seite, öffnete das Fenster, dass auf die kleine Terrasse führte, und lief zurück in die Küche, wo ich mir eine Flasche Elektrolyte aus dem Kühlschrank nahm. Ich drehte die Musik runter, aber mein rechter Fuß wippte immer noch im Takt mit während ich einen tiefen Schluck von der kühlen energiespendenden Flüssigkeit nahm. Mein Telefon lag auf dem kleinen Tisch und als einen neue Nachricht einging hüpfte es dank des Vibrationsalarms herum. Ein Blick aufs Display zeigte mir eine unbekannte Nummer. Komisch! Nicht viele Leute hatten meine Nummer. Mit einem unguten Gefühl nahm ich das Telefon und öffnete die Nachricht.

Hi Rasmus! Vielen Dank für diese wundervollen Cupcakes. Es war eine wirklich schöne Überraschung. Sie sind fast zu schön, um sie zu essen. ;) Ja, ich würde sehr gern auf ein Date mit dir gehen. :) Elisabeth

Sie hatte mich wirklich kontaktiert! Als ich die kurze Nachricht am Vortag geschrieben hatte, da hatte ich so meine Zweifel gehabt, dass sie die Nummer wirklich nutzen würde, da sie doch eine sehr vorsichtige und schüchterne Person war. Und ich wusste, dass ich das komplette Gegenteil von den Leuten war, mit denen sie sich sonst so umgab, aber da sie mich ja bereits auf einen Kaffee getroffen hatte, verspürte ich einen Funken Hoffnung, dass sie mich auch gern etwas besser kennenlernen wollte. Ich drückte sofort auf den Antwort-Button und begann zu tippen.

Hey! :) Es freut mich zu hören, dass sie dir gefallen und ich hoffe, dass sie auch mindestens so gut schmecken wie sie aussehen, denn ich war mir nicht sicher, ob sie deinen Geschmack treffen. Du hast keine Ahnung wie viele Hinkelsteine mir gerade vom Herzen gefallen sind. ;) Ich weiß, dass dein Leibwächter manchmal wie ein nervtötender Schatten ist, daher bin ich mir nicht sicher welche Lokalität uns ein wenig Privatsphäre erlauben würde. Irgendwelche Vorschläge? Ich bin für alles offen.

Okay, ich wusste, dass das lahm klang, so als hätte ich keinerlei Fantasie aber der Schein trog. Ich war durchaus in der Lage mir etwas auszudenken. Wenn wir uns nicht mitten im Herbst befunden hätten sondern eher im Frühling oder Sommer, dann hätte ich sie gern nach Liberty Island eingeladen. Ein Spaziergang über die kleine Insel wäre schön, und mit alle den anderen Leuten dort, vorwiegend Touristen, würde sie sicher keinerlei Druck verspüren. Aber ihr Bodyguard würde mit Sicherheit ausflippen. Oder wie wäre es mit Coney Island? All die lustigen Fahrgeschäfte und Ständen mit Eis, Zuckerwatte und glasierten Äpfeln ergaben eine ungezwungene Atmosphäre. Außerdem war ich noch nie an einem dieser Orte. Traurig, ich weiß. Als jemand der in dieser Stadt geboren und aufgewachsen ist, sollte ich mich schämen, dass ich nie eine der touristischen Attraktionen besichtigt hatte, aber mein furchtbarer Stiefvater hatte alles vermieden, woran ich hätte Spaß haben können. Und später war ich bei der Armee gewesen, da war keine Zeit für so etwas. Im Alter von achtundzwanzig Jahren wurde es langsam mal Zeit, dass ich all die verpassten Dinge in meinem Leben nachholte. Wenn dieses erste Date gut lief, dann würde ich Elisabeth definitiv zu all diesen Plätzen führen, ob es ihr Bodyguard nun guthieß oder nicht.