>> Eli <<
Warten war echt eine Qual. Und die Ungewissheit erst. Die Ungewissheit war mörderisch.
Wie versprochen hatte Rasmus sich mit Nachrichten und Anrufen gemeldet. Er hatte sogar zwei Mal angerufen. Das letzte Mal am Nachmittag vor seinem letzten Training. Wir hatten über nichts Spezielles gesprochen, waren einfach nur froh gewesen, die Stimme des jeweils anderen zu hören. Er hatte mir erzählt, dass er gerade sein Heim renovierte und ich bot ihm an, dass Deacon und ich helfen könnten, aber dieses Angebot lehnte er ab. Ich denke, dass er einfach beweisen wollte, dass er in der Lage war, es allein zu schaffen. Er war eben ein ganzer Mann! Für mich war es nicht wichtig. Hilfe anzunehmen war kein Zeichen von Schwäche. Renovierungen waren hart, besonders wenn man sie allein erledigen musste. Mir war schon aufgefallen, dass Rasmus seinen eigenen Kopf hatte, also ließ ich das Thema fallen. Es würde noch genug Gelegenheiten geben darüber zu sprechen.
„Erzähl mir etwa über deinen nächsten Gegener", bat ich und biss mir auf die Unterlippe, denn das war eigentlich kein Thema, über das ich reden wollte. Allein der Gedanke daran, dass er Schläge einstecken würde müssen ließ meinen Magen verkrampfen. Ich konnte es beinahe schon vor mir sehen, wie Schläge und Tritte non-stop auf ihn niederprasselten. Ja, Rasmus war eine Kampfmaschine und wusste wie man sich verteidigte, aber eines Tages kommt jemand vorbei, der dich eines Besseren belehrte.
Ich konnte sein tiefes Seufzen am anderen Ende der Leitung hören. „Elisabeth, dass ist kein gutes Thema und das weißt du."
„Ja, aber ich will wissen was auf dich zukommt, denn ich mache mir so oder so Sorgen um dich." Okay, es war nicht sonderlich weise zuzugeben, dass ich mir Sorgen machte, aber er war mir eben in diesen paar Tagen schon unter die Haut gekrochen und dann erst dieser Kuss. Die Angst, dass ihm etwas passieren könnte und wir niemals herausfinden würden, was das Schicksal für uns geplant hatte, war omnipräsent.
„Es ist nichts Großes morgen. Der Typ heißt das Wiesel und ist noch recht neu im Geschäft. Er hat noch nicht so viel Erfahrung, obwohl er wirklich Potenzial hat irgendwann einmal ein ganz Großer zu werden. Mach dir keine Sorgen! Er wird mir nicht mehr als ein paar Veilchen und Prellungen zufügen, versprochen."
Wie konnte er so lässig über Veilchen und Prellungen reden, als handele es sich um nichts weiter als Mückenstiche? Veilchen und Prellungen waren ernste Verletzungen und konnten ernsthaften Schaden anrichten -hauptsächlich von innen. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie er mit einem demolierten Gesicht aussah. Wie seine Augen geschwollen waren, Augenbrauen und Lippen eventuell aufgeplatzt. Und die Nase vielleicht gebrochen. Dann waren nicht nur seine Augen grün. Ein weiterer Knoten formte sich in meinem Magen.
„Bitte schreib mir eine Nachricht sobald der Kampf zu Ende ist und du sicher wieder zu Hause bist. Nur damit ich weiß, dass es dir gut geht", flehte ich und nagte auf meiner Unterlippe. Ich wollte nicht wie ein Angsthase klingen, obwohl ich mich in dem Moment wie einer fühlte.
„Okay, das mache ich, aber nur wenn du mir versprichst, dass du nicht die ganze Zeit an den Kampf denkst. Lenke dich ab. Triff dich mit deinen Freunden. Geh ins Kino, in einen Club oder was du sonst so an einem Freitagabend machst."
Als wenn ich oft in einen Club gehen würde. Ich war keine Party-Maus. Ich stimmte ihm zu, es war besser mich abzulenken. „Okay, ich werde es versuchen", versprach und und seufzte ergeben.
„Aber nun zu einem angenehmeren Thema. Gestern hatte ich meine erste Musikstunde", erzählte er und ich konnte an seiner Stimme hören, dass er sich sehr darüber freute.
„Du nimmst Musikstunden? Das ist großartig. Wie war es denn?"
„Na ja, Musikstunden ist vielleicht zu viel gesagt. Ich hatte eine Stunde mit mir selbst. Nur die Gitarre, das Buch für Anfänger und ich. Die Beschreibungen und Bilder sind wirklich detailgetreu und hilfreich. Ich kann bereits die ersten Akkorde." In seiner Stimme schwang eine Spur Stolz mit, was wiederum auch mich stolz machte. Stolz auf ihn und seinen Ehrgeiz, sich das Gitarre spielen selbst beizubringen. Davor konnte man nur den Hut ziehen.
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Kiss of Darkness
RomanceEli ist die Tochter eines reichen mächtigen Geschäftsmannes, der niemals ein NEIN als Antwort akzeptiert. Er kontrolliert wen immer er will, auch seine Kinder. Dies ist ein Grund, warum sie so schüchtern und zurückhaltend ist. Ein weiterer Grund ist...