🥊23

1K 63 23
                                    

>> Rasmus <<

Sam parkte seinen Truck in einer Seitengasse in der Bronx und schnallte sich dann ruck zuck ab. „Ich gehe dir die Pillen holen. Du kannst so lange hier warten oder schon mal in ein Cafè gehen und uns einen Kaffee bestellen. Ich brauche jetzt dringend Koffein."

Da war er nicht der Einzige. Ich schnallte mich ebenfalls ab und sah dann in den Außenspiegel, um einen Blick auf die Hauptstraße zu werfen. „Ist hier etwas in der Nähe? Du weißt, dass ich bewegungstechnisch ein wenig eingeschränkt bin."

„Wenn mich nicht alles irrt, dann gibt es in dieser Straße mehrere Cafès und Bäckereien. Suche eins aus und simse mir dann den Namen, damit ich weiß, wo ich hin muss." Er sprang aus dem Wagen und ich tat es ihm gleich, wobei ich eher wie ein Hundertjähriger vom Sitz glitt.

Sam verriegelte das Auto und lief weiter die schummerige Gasse hinunter, wo irgendwo am Ende eine Treppe zum Keller führte, in dem Nash seine private Apotheke betrieb. Mir war wirklich nicht ganz wohl dabei, meinen Freund alleine gehen zu lassen, aber ich wäre ihm in meinem Zustand keine große Hilfe. In null komma nichts wäre ich ausgeknockt.

Ich zog den Kragen meiner Jeansjacke nach oben und verließ dann leicht humpelnd die Gasse, blickte noch einmal über meine Schulter und ließ dann meinen Blick die Straße rauf und runter wandern. Wo sollte ich hingehen? Am besten nicht so weit weg, denn ich war nicht wirklich erpicht darauf, zu viel zu laufen, obwohl ja mit meinen Beinen alles in Ordnung war. Die De Lillo Pasticceria kam da wie gerufen. Ich öffnete die Tür und sofort umfing mich der Duft von Tee, Kaffee und all den frischgebackenen Leckereien. Hinter einer großen Vitrine stand eine junge Frau, die sicher nicht älter als zwanzig Jahre war, mit grüngefärbten Haaren. Richtiges knallgrün! Ein wahrer Paradiesvogel! Kurz ließ ich meinen Blick durch den Laden wandern und sah, dass es vier runde Tische mit jeweils drei Stühlen gab. Vor dem linken Fenster gab es in der hinteren Ecke noch einen freien Tisch, den ich mir im Geiste schon einmal reservierte. Langsam ging ich auf die gläserne Vitrine zu und inspizierte das Angebot. Verdammt, beim Anblick all der kalorienreichen Köstlichkeiten spürte ich förmlich, wie ich bereits an Gewicht zunahm. Nicht das ich mir groß um mein Gewicht Sorgen macht, denn das hielt ich problemlos dank des ganzen Trainings, aber in den nächsten Tagen war ans trainieren nicht zu denken, also sollte ich wohl besser aufpassen, was ich in mich hineinstopfte. Ach, was soll's! Ich war außer Gefecht gesetzt - krank, wenn man es denn so wollte. Warum sollte ich jetzt nicht einfach mal ein paar Tage alle Viere grade sein lassen und nur das tun und essen, worauf ich Lust hatte? Und gerade in diesem Moment tropfte mein Zahn beim Blick auf den Raspberry Star, Rainbow Cake oder die Butter Cherry. Himmel, wie sollte ich mich denn da entscheiden?

„Hallo. Was soll es denn sein", fragte mich der Paradiesvogel und als ich den Kopf hob, traf ich auf den Blick aus whiskeyfarbenen Augen. In ihrem linken Nasenflügel steckt ein kleiner Stecke und im rechten Mundwinkel ein Ring. Auf der Innenseite ihres rechten Handgelenks prangte ein kunterbunter Schmetterling. In diesem Shop war man also nicht so spießig und verbot Piercings und Tattoos. Alle Achtung!

„Das ist eine gute Frage", erwiderte ich und senkte erneut den Blick. „Also zu allererst einmal zwei große Kaffee. Und dann nehme ich noch ein Stück von dem Rainbow Cake, ein Butter Cherry und ein Naparelli." Ja, ich gab mir die volle Dröhnung Zucker! Wen außer mir sollte aus interessieren?

„Sehr gern!" Lächelnd machte sich die Bedienung daran, meine Bestellung auf einen Teller zu legen und ihn dann vor zur Kaffee zu tragen, wo sie alles zusammen rechnete.

Ich zog die Geldbörse aus meiner Gesäßtasche und bezahlte, um dann mit dem Teller zu dem freien Tisch zu gehen und mich zu setzen. Die beiden großen Tassen voller dampfendem Kaffee folgten etwas zwei Minuten später. Am Nachbartisch saßen zwei junge Mädchen, die abwechselnd zu mir sahen und dann die Köpfe zusammen steckten, um zu tuscheln und zu kichern. Eine hatte einen blonden Bob und strahlend grüne Augen, die andere lange rote Haare mit braunen Augen. Beide waren schlank, trugen helle Skinnyjeans, schwarze Stiefel und jede einen andersfarbigen Hoodie. Das waren garantiert Studentinnen. Keine Ahnung wieso ich darauf kam, aber ich war mir sicher, dass Schülerinnen um diese Zeit im Klassenzimmer saßen und dem Geschwafel eines Lehrers zuhörten. Studenten hatten da mitunter mehr Zeit für kleine Abstecher in eine Bäckerei. Vielleicht waren auch die heutigen Seminare ausgefallen? Was wusste ich schon von der Universität? Nichts!

Kiss of DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt