Teil29

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Bücher waren schon immer ihre Freunde gewesen ...

Seit dem Moment, an dem sie die ersten Buchstaben entziffern konnte, mit jedem neuen Wort, jedem neuen Satz, den sie entschlüsselte, entführten sie sie in eine Welt des Staunens, der Geschichten, des Wissens, der Rätsel und der Geheimnisse.

Diesen Zauber hatten sie nie verloren, egal, wie viele Bücher sie auch schon gelesen hatte, egal, wie viel Wissen sie auch in ihrem Kopf speicherte.

Und so waren es auch sie, ihre treuen Gefährten, die stets an ihrer Seite waren, an die sie sich zuerst wandte, jetzt, wo sie wusste, dass etwas nicht stimmte.

Während sie nach kaum drei weiteren Stunden Schlaf in ihrem Arbeitszimmer stand und ihr Finger suchend über die Buchrücken glitt, wurde ihr schnell klar, dass sie hier keine Hilfe finden würde.

Auch wenn einige Werke, vor allem die, die Severus ihr geschenkt hatte, selten und kostbar waren, würden sie nicht im Entferntesten die Informationen enthalten, die sie suchte.

Denn die Beeinflussung eines Geistes auf einer Ebene, wie sie sie jetzt glaubte zu erleben, war nicht Gegenstand irgendeines nützlichen Ratgebers für glückliche Zaubererfamilien ...

Nein, es war tiefste, dunkelste Magie, eine Art der Zauberei, die sie sich bisher nicht ansatzweise hatte vorstellen können. Und damit lag es nahe, dass nur ein sehr mächtiger Zauber daran schuld sein konnte.

Somit blieben zwei Kernfragen offen:

Wer sollte irgendeinen Nutzen davon haben, sie derart zu quälen, sie aus ihrer Realität förmlich herauszuziehen und in eine verzerrte Welt zu stoßen?

Und warum sollte jemand so etwas tun?

Sie war immer noch nur eine Schülerin und dies war definitiv kein dummer Jungenstreich mehr, den irgendein Mitschüler ihr spielte ...

Lag es an Harry? War er der Grund dafür? Hatte jemand trotz ihrer Heirat mit Severus einen Weg gefunden, an sie heranzukommen, um Harry und dem bevorstehenden Kampf damit zu schaden? Indem er ihr Trio ganz einfach dezimierte? Sie aus der Gleichung herausnahm, ihren Geist so schädigte, dass sie irgendwie daran zerbrechen würde?

Und wenn es so war, wie konnte derjenige ihr innerhalb von Hogwarts so nahekommen? Denn ein solcher Zauber wurde nicht aus der Ferne ausgesprochen, nicht über die Schutzzauber der Schule hinweg ...

Wenn es also ein dunkler, mächtiger Zauber sein musste, der dem Dunklen Lord nutzen würde und der nur innerhalb von Hogwarts gesprochen werden konnte, wer blieb dann als Verdächtiger noch übrig?

Ihre Gedanken wanderten unwillkürlich zu ihrem Mann, dem ehemaligen Todesser, der auf ihrer Seite stehen sollte.

Aber tat er das wirklich? Zweifel regten sich erneut in ihr, wie so oft in den letzten Stunden, aber auch dieses Mal verdrängte sie sie rigoros.

Professor Dumbledore vertraute ihm und sie war nicht gewillt, den Mann, an den sie für den Rest ihres Lebens gekettet war, leichtfertig zu verurteilen.

Außerdem hatte er ihr in den wachen Stunden des Tages nie Anlass gegeben, an ihm zu zweifeln. Nicht, seit sie verheiratet waren. Im Gegenteil, er war höflich und fast respektvoll ...

Ein neuer Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Vielleicht sollte sie auch bewusst Angst vor ihm haben? Damit sie ihm in einem entscheidenden Moment nicht vertraute? Vielleicht ging es gar nicht gegen sie, sondern gegen Severus? Es war nicht ganz abwegig, überlegte sie. Wer konnte schon erahnen, welche Rolle in diesem Krieg entscheidend war, wer der einen oder anderen Seite den Sieg bringen könnte?

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