Teil32

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Sie wartete nicht ab, wer da an der Tür stehen mochte ...

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend lief sie die Treppe zu ihren Zimmern hoch und ließ sich ungläubig auf ihren Stuhl am Schreibtisch fallen.

Immer noch prickelten ihre Lippen und sie hob unbewusst die Finger an diese.

Was war da gerade geschehen?

Sie wusste natürlich, warum er sie geküsst hatte. Weil er wütend auf sie gewesen war, sie vielleicht dadurch auf eine seltsam verquere Art auf ihren Platz verweisen wollte.

Aber als der Kuss andauerte und sie ihn erwiderte ...

Verwirrt erkannte sie, dass sie weder verstand, warum sie ihn plötzlich so dringend hatte küssen wollen, freiwillig, warum ihr Körper sich so danach gesehnt hatte. Noch verstand sie, warum sein Kuss plötzlich nicht mehr wütend war, sondern nur noch ... leidenschaftlich war wohl der richtige Ausdruck dafür.

Aber ... Severus Snape? Leidenschaft? Für sie? Das ergab keinen Sinn ...

„Ach ja, was man manchmal so zu sehen bekommt, wenn man nichtsahnend durch das Schloss wandert", wurde sie plötzlich durch eine heitere Stimme in ihren Grübeleien gestört und blickte auf.

Mit einem Grinsen im Gesicht blickte Margery sie aus ihrem Portrait heraus an und Hermiones erhitzte Wangen wurden jetzt endgültig tiefrot.

„Ich ...", stammelte sie, aber Margery unterbrach sie direkt und meinte: „Du musst nichts sagen, meine Liebe. Ich habe mich schon gewundert, wie gut Severus' Beherrschung bisher war."

Fragend blickte Hermione zu ihr auf. Sie verstand nicht?

„Er ist ein Mann, Hermione", fuhr ihre gemalte Freundin daraufhin fort. „Ein Mann, der in seinem Leben nicht viele Menschen näher kennenlernen wollte. Und noch weniger Frauen. Ein Mann, der selten jemandem seine ... Zuneigung schenkt."
Zuneigung? „Margery, was redest du da?", fragte Hermione irritiert.

Diese lächelte nur und antwortete: „Du hast es immer noch nicht wahrhaben wollen, oder? Severus hat dich näher an sich herangelassen als irgendjemanden zuvor, mit Ausnahme von Albus vielleicht. Und auch hier geschah es am Anfang nicht freiwillig."

Die junge Frau dachte über diese Worte nach und unwillkürlich erschien Severus' Gesicht vor ihren Augen und die letzten Wochen.

Sein Verhalten ihr gegenüber, das sich ganz langsam gewandelt hatte und man in nichts mit ihrem früheren Schüler-Lehrer-Verhältnis, so man es denn überhaupt ein Verhältnis hatte nennen können, vergleichen konnte.

Und auch sie selbst ...

Wenn da nicht diese ... Träume, oder was auch immer sie sein mochten, wären und sie nur den echten Severus erlebt hätte. Wie wäre es dann gewesen?

Sie ... mochte ihn ... Irgendwie war es gelungen, dass sie hinter seine Fassade aus Ablehnung, Kälte und Gleichgültigkeit hatte schauen können und den Mann entdeckt hatte, der Witz, Ironie, einen scharfen Verstand und eine faszinierende Ausstrahlung besaß.

Sie seufzte.

Die Frage war jetzt, was sie mit diesem Wissen anstellen sollte.

Und ob es überhaupt irgendetwas änderte?

Was war nur in ihn gefahren?

Während er zum Gemeinschaftsraum der Slytherins lief, um irgendeine banale Streiterei zu beenden, kreisten seine Gedanken nur um das, was gerade geschehen war.

Seit wann war es eine angemessene Bestrafung, jemanden zu küssen?

Er war ein Meister der Dunklen Künste, er kannte unendlich viele Methoden, die Menschen seinen Willen spüren zu lassen, sie in die Richtungen zu lenken, in denen er sie haben wollte.

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