Kapitel 55 - Schlussstrich

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>>Viele leben zu sehr in der Vergangenheit.
Die Vergangenheit soll ein Sprungbrett sein, aber kein Sofa. <<

-Harold McMillan-

Meine Mutter bot mir am nächsten morgen an, dass ich zuhause bleiben könnte, aber ich lehnte ab, weil ich dadurch das Gefühl hatte, Kyle und Carter ihre Genugtuung zu geben, gewonnen zu haben.

Also kämpfte ich mich an diesem Mittwoch mühsam aus dem Bett. Ich hatte das Gefühl, statt meiner Grippe hatte ich nun eine neue niederdrückende Last auf meinen Schultern liegen und als ich in den Spiegel sah, schreckte ich fast zurück.

Obwohl ich schnell eingeschlafen war, weil das weinen so müde macht, hatte ich tiefe dunkle Ringe unter den Augen und mein Gesicht war gerötet. Ich klatschte mir also eine ganze Ladung Concealer ins Gesicht, aber auch der konnte meine Erschöpfung nur schwer verstecken.

Meine Mutter war schon bei der Arbeit und da ich wohl schlecht mit Kyle mitfahren konnte, hatte ich am vorigen Abend ausgemacht, dass Landon mich abholen würde.

Er kam extra ein wenig früher, um einen möglichen Zusammenstoß mit Kyle zu vermeiden und ich konnte meine Dankbarkeit über seine Nachricht gar nicht genug zum Ausdruck bringen. 

„Wie geht es dir?" fragte Landon, als er losfuhr und ich versuchte mich an einem schwachen Lächeln, was kläglich scheiterte.

Ich begnügte mich daher nur mit einem Lächeln. Landon warf mir von der Seite einen Blick zu, aber ich wich ihm aus.

„Hey," er legte eine Hand auf meinen Oberschenkel „du weißt aber, dass es auch okay wäre, wenn es dir nicht gut geht, oder?"

Ich nickte erneut und Tränen stiege mir in die Augen. Schon wieder. Am liebsten hätte ich mich selbst für meine Heulerei geschlagen.

Ich atmete einmal tief durch „Ja, ich wie, aber ich glaube ich muss erstmal ein wenig für mich alleine damit klarkommen, bevor ich richtig darüber reden kann." Meine Stimme zitterte „Nachdem ich gestern alles rausgelassen habe, brauche ich erstmal etwas Zeit."

Landon nickte neben mir. Wir waren schon fast an der Schule angekommen.

„Alsooo." Rief er betont fröhlich aus und wechselte das Thema „bist du bereit für Schule?"

Ich stöhnte „komm mir bloß nicht damit, vielleicht hätte ich doch zuhause bleiben sollen, aber die Vorstellung ihm-" ich brach ab, als ich merkte, dass ich wieder in die falsche Richtung driftete.

Landon tat unbekümmert „Was hast du denn heute für Fächer?"

„Am liebsten gar keine."

„kein einziges auf das du dich freust?"

„Naja, doch. Literatur ist ganz in Ordnung." Aber dann fiel mir etwas ein und ich lachte bitter „aber das habe ich mit Kyle zusammen."

Landons besorgter Blick entging mir nicht. Ich wusste es so sehr zu schätzen, dass er versuchte mich abzulenken, aber meine Gedanken schweiften einfach automatisch zu IHM zurück. Ich wollte es nicht mal, konnte aber auch nichts dagegen tun. Und als wir dann auch noch auf den Parkplatz fuhren und Kyle bereits mit Carter und den anderen Jungs an der Mauer lehnten, verlor ich endgültig die Fassung und die Atmosphäre um mich herum veränderte sich schlagartig.

Kyles Auto hatte noch vor der Garage gestanden, als wir losgefahren waren, aber das Motorrad neben ihm, erklärte die Situation. 

Als Landon weiter hinten hielt, obwohl die vorderen Parkplätze alle frei waren, blieben wir noch für einen Moment im Auto sitzen.

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