Kapitel 32 - Er ist und bleibt ein Arschloch

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>>In der Liebe fühlt sich der Mann als Bogen, er ist aber nur der Pfeil<<

-Jeanne Moreau-

Carter schrieb mir am Wochenende noch einige SMS. Unter anderem fragte er auch wegen Kyle und ich klärte ihn davon auf, dass wir kein Paar waren, jedoch so taten als ob. Ich versprach ihm die Details in der Schule zu erklären.

Kyle fuhr mich am Montagmorgen wieder zur Schule und obwohl ich erwartet hatte, dass die Situation nach unserer zweiten Abmachung und vor allem nach meiner peinlichen Trinkaktion noch peinlicher werden würde, fühlte ich mich erstaunlich wohl auf dem Beifahrersitz.

Ich kuschelte mich in meinen Pulli und schlang mir einen Schal um den Hals. Draußen wurde es mittlerweile kalt und ich hatte die leise Vorahnung, dass es nicht mehr lange dauern würde bis der erste Schnee fiel. Die Vorweihnachtliche Stimmung die in der Luft hing, versetzte mich in eine entspannte und zufriedene Stimmung.

„Ist dir kalt?" riss mich die raue Stimme von Kyle in die Realität zurück und ich zuckte vor Überraschung sogar fast zusammen.

Ich sah, dass er mir einen kurzen Blick zuwarf und nickte „ein wenig."

Kyle beugte sich ein wenig in meine Richtung und drehte an einem Knopf neben meinem Sitz. Nur wenige Augenblicke später spürte ich wie der Sitz unter meinem Po und in meinem Rücken warm wurde.

Ich seufzte und verdrehte leicht die Augen „Du konntest dir jetzt nicht verkneifen mir das zu demonstrieren oder?" neckte ich ihn, war aber dennoch dankbar.

Er grinste und hob die Schultern „Ich habe dir nur einen Gefallen tun wollen." Entgegnete er.

Ich lachte „Oh wie selbstlos."

„So kennt man mich doch."

„Und nicht anders." 

Ein Weihnachtslied ertönte leise im Radio – mittlerweile versuchte Kyle gar nicht erst seine eigene Musik anzumachen. Ich sah aus dem Fenster, während ich leise begann mit zu summen.
„Magst du Weihnachten?" fragte Kyle unvermittelt und ich hatte den Eindruck er wollte unsere Konversation weiterführen.

Ich nickte „Ja sehr. Und du?"

„Nicht sonderlich" entgegnete er mit einem Schulterzucken.

Ich drehte mich ganz zu ihm „aber jeder mag doch Weihnachten!" rief ich empört aus, was Kyle ein Lächeln entlockte.

„Dann täuschst du dich wohl, denn ich habe Weihnachten noch nie gemocht."

„Auch nicht als kleiner Junge?" 

Er schüttelte den Kopf „Nope."

Ich runzelte die Stirn „aber wie kann man denn kein Weihnachten mögen?"

„Ich finde es einfach albern, dass auf einmal alle Menschen in die Geschäfte rennen und Geschenke für Menschen besorgen mit denen sie den Rest des Jahres auch keinen Kontakt hatten. Alle glauben auf einmal Liebe und Freundschaft verbreiten zu müssen und doch ist jeder nur auf sich selbst fokussiert." Erklärte er und ungläubig sah ich ihn an.

„Aber es geht doch auch darum, dass man an Weihnachten auch all denen Liebe schenkt, bei denen man es sonst vernachlässigt."

„Aber dann bedeuten dir diese Menschen nicht wirklich etwas. Dann bist du nur nett zu ihnen, weil Weihnachten ist. Alle reden sich ein sie seien so gute Menschen, weil sie zu einer Zeit im Jahr Gutes tun, aber wenn du wirklich so ein guter Mensch sein willst, dann solltest du auch das ganze Jahr über Gutes tun. Das ganze Gequatsche von der Zeit der Liebe ist einfach albern."

Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich verletzt und ich wusste nicht recht warum. „Aber-"

Kyle unterbrach mich „Freya, damit will ich dich nicht angreifen oder so. Du kannst Weihnachten finden wie du willst, das ist eben nur meine Meinung."

„Du hast doch selber gesagt, du findest mich albern" meine Stimme klang eingeschnappt und ich fühlte mich wie ein kleines Kind.

Ich hörte Kyle leise aufseufzen, starrte jedoch weiterhin stur aus dem Fenster.

Er parkte seinen Wagen auf dem Schulparkplatz und stellte den Motor aus. Dann drehte er sich zu mir und sah mich an.

„Hey, ich meinte nicht dich damit. Bei dir ist das was anderes." Seine Stimme klang seltsam versöhnlich, was mich dazu veranlasste ihn anzusehen.

„Und warum?" ich klang immer noch trotzig.

Kyle beugte sich vor und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Weil du immer nett bist und allen hilfst. Du schlägst niemandem einen Wunsch aus, nicht mal mir. Ich kenne nicht viele Menschen, die so selbstlos sind wie du."

Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus und ich spürte wie ich rot wurde.

„D-danke." Stotterte ich verblüfft und konnte den mangelnden Abstand zwischen unseren Gesichtern nicht ignorieren. Wie von selber wanderte mein Blick zu seinen Lippen und instinktiv fuhr ich mit der Zunge über meine. Ich spürte Kyles Hand an meinem Hals und wollte mich ein Stück vor lehnen.

Im selben Moment entfernte Kyle sich wieder von mir und grinste mich an.

„Das war gut, genauso musst du es bei Carter tun, wenn d bei ihm ankommen willst." Sagte er nüchtern.

Verwirrt starrte ich ihn an „Wie- Was?"

„Na das mit dem Blick und wie du mit deiner Zunge deine Lippen befeuchtet hast. Du scheinst ein Naturtalent zu sein. So bekommst du Carter sicher rum." Erklärte er und ehe ich etwas erwidern konnte, stieg er aus.

Entgeistert blieb ich sitzen und starrte meine Hände an. Wut und Enttäuschung durchströmten meinen Körper. Das hatte er mit Absicht gemacht! Und ich war darauf rein gefallen. Dabei hätte ich es besser wissen müssen, denn Kyle war ein Arschloch und er würde es auch immer bleiben.

Nur, warum war ich so enttäuscht und warum hatte ich mich so danach gesehnt ihn zu küssen?

Irritiert schüttelte ich den Kopf. Das war doch blöd. Ich konnte Kyle nicht mal leiden. Wahrscheinlich hatte mich meine Freude, dass er so nett zu mir gewesen war und nicht einen einzigen ironischen Kommentar gebracht hatte einfach überwältigt. Kyle wusste ganz genau wie man Menschen manipulierte – und Frauen waren sein Spezialgebiet. Ich sollte mir nicht so viele Gedanken darum machen, denn jeder wäre auf diese Falle reingefallen, das hatte gar nichts zu bedeuten.

Ich gab mir einen Ruck und setzte einen gefassten Gesichtsausdruck auf, als ich die Türe aufschwang und aus dem Wagen stieg.

faking itWo Geschichten leben. Entdecke jetzt