Kapitel 46 - Verwirrung

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>>Wir würden gar vieles besser kennen,
wenn wir es nicht zu genau erkennen wollten. <<

-Johann Wolfgang von Goethe-

An diesem Abend wurde mir bewusst, dass es der schönste war, den ich seit langem gehabt hatte. Wir haben bis in die Späte Nacht geredet und irgendwann bin ich wohl auf der Decke eingeschlafen. Als ich sanft von Kyle geweckt wurde, dämmerte es bereits. Ein wenig orientierungslos rieb ich mir verschlafen die Augen und sah mich um. Mein Rücken schmerzte beim Aufstehen ein wenig, von dem harten Untergrund, aber als ich begriff, dass ich die ganze Nacht mit Kyle hier draußen verbracht hatte, könnte ich nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf mein Gesicht stahl.

Ich spürte seinen Blick auf mir und drehte mich in seine Richtung.

„Morgen." Grinste er mich an „gut geschlafen?"

Ich nickte „sind wir eingeschlafen?"

„Du schon, ich nicht."

„Bist du etwa die ganze Nacht wach geblieben?"

Er hob zur Antwort nur die Schultern.

„Du hättest doch schlafen gehen können." Ich fühlte mich mies, weil er meinetwegen auf dem Dach geblieben war. „Du hättest mich wecken sollen!"

„Aber du hast du friedlich geschlafen" entgegnete er und seine Stimme klang dabei ungewöhnlich sanft.

Er lächelte mich warm an und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Automatisch hielt ich die Luft an und dachte an Freitag, als wir uns geküsst hatten. Ich verscheuchte diese Erinnerung schnell wieder und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Rasch rappelte ich mich auf, um Abstand zwischen Kyle und mich zu bringen. Ich sah ihm keine Gefühlsregung an, stattdessen blieb er einfach sitzen und sah entspannt geradeaus. Ich folgte seinem Blick und bemerkte, dass die Aussicht wirklich schön war. Man konnte die Bäume und die Sonne sehen, die dahinter in den Himmel stieg.

„Das ist echt schön." Murmelte ich und ehe ich es realisierte, hatte sich Kyle aufgerichtet und stand neben mir. Unsere Arme berührten sich. Ich trug immer noch seine Jacke.

„Wie viel Uhr ist es?" fragte ich leise. Ich wollte es eigentlich gar nicht wissen. Heute war Montag und ich hatte keine Lust zurück in mein Zimmer zu klettern und wieder dem Alltag ausgesetzt zu werden. Ich wünschte mir, dass ich die Zeit zurückdrehen und verhindern könnte, dass ich einschlafe, damit ich den Moment mehr hätte auskosten können.

„Gleich halb sechs. Ich dachte ich wecke dich ein wenig früher, damit du wieder unbemerkt in dein Zimmer klettern kannst, bevor deine Eltern etwas merken." Erklärte er.

Ich zuckte zusammen bei dem Gedanken an meine Mom. Bestimmt wäre se stinksauer, wenn sie wüsste, dass ich in der Eiseskälte draußen geschlafen hatte. Stöhnend strich ich mir über das wirre Haar. Und bemerkte, wie Kyle herzhaft gähnte.

„Es tut mir so leid, dass du meinetwegen nicht schlafen könntest." Sagte ich nochmal schuldbewusst, aber er winkte ab. 

„Schon gut." Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zu meinem Fenster. „Ich glaube, du solltest langsam mal rein gehen."

Ich nickte „Ja du hast recht." Ich griff nach einer der Decken und wollte anfangen sie zusammenzufalten , aber Kyle nahm sie mir aus der Hand und legte sie wieder hin.

„Lass nur ich mache das gleich." 

„okay." Ich ging Richtung Fenster und fragte mich plötzlich, wie ich jemals wieder dort oben reinkommen sollte, aber Kyle erledigte diese Frage, indem er hinter mich trat und mich unter den Armen packte. Er hob mich so weit hoch, dass ich mich am Fenstersims festhalten konnte, dann ließ er kurz los und während ich verzweifelt versuchte mich hochzuziehen unterstütze er mich, während er von unter ein wenig schob. Dabei blieb ihm außerdem gar nichts anderes übrig, als auch an meinen Po zu kommen, dennoch versuchte er es größtenteils an den Oberschenkeln. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich es schließlich endlich geschafft mich komplett hochzuziehen. Ich schob mich mit dem Kopf zuerst mühsam durch das Fenstern und fiel dann mit einem Laut auf den Boden.

Rasch rappelte ich mich auf und ging zum Fenster. Meinen Kopf schreckte ich so weit hinaus, dass ich Kyle sehen konnte. „Danke!" rief ich mit hochrotem Kopf und er zuckte nur grinsend die Schultern. 

„In einer Stunde vorm Haus." Antwortete er und auf meinen Fragenden blick hin: „lass dich überraschen!"

Ich lächelte leicht und zog mich dann wieder in mein Zimmer zurück. Es war eisig kalt, weil ich das Fenster über die Nacht offengelassen hatte. Schnell huschte ich ins Badezimmer und drehte das Wasser auf heiß. 

Während ich mich abduschte und die Wassertropfen auf mich hinab rieselten, überlegte ich, warum Kyle mich wohl so früh abholen wollte. Und außerdem versuchte ich dieses glückliche Gefühl zu verdrängen, welches immer wieder vom Magen herauf in mein Herz drängte.

Ich machte mir Sorgen. Um mich. Und um Kyle. Und vor Allem an Carter.

Ich verstand nicht, was mit mir los war. Ich mochte ihn. Carter war toll, er war nett, rücksichtsvoll, hübsch, freundlich, intelligent und er interessierte sich für mich und meine Interessen. 

Kyle hingegen, war ein echtes Arschloch, furchtbar arrogant und spielte unheimlich gerne mit Gefühlen anderer Leute. Aber auf der anderen Seite hatte ich ihn auch vollkommen anders kennengelernt, er konnte auch aufmerksam, humorvoll und unheimlich liebenswürdig und verständnisvoll sein. Und ich fühlte mich immer wohl bei ihm.

Ich hasste mich selber dafür, dass ich nicht wusste was los war und wenn ich an Carter dachte, dann kamen mir die Tränen, weil ich das Gefühl hatte, ihn mit dem was ich tat zu verletzten. Es war nicht in Ordnung mit seinen Gefühlen zu spielen. Ich konnte nicht einfach durch die Gegend laufen und andere küssen, wenn wir doch ein Paar waren. Und wie konnte ich so viel Zeit mit Kyle verbringen, wenn ich das Gefühl hatte, langsam Gefühle für ihn zu entwickeln. Ich dufte Carter nicht anlügen. Wenn ich wirklich glücklich mit ihm sein wollte, dann musste ich ihm die Wahrheit sagen. Was zwischen Kyle und mir passiert ist.

Ich sträubte mich zwar davor, ihm die Wahrheit zu sagen, weil ich ihn damit verletzen würde, aber ich wusste das mir keine andere Wahl blieb.

Als ich aus der Dusche stieg, schrieb ich zuallererst Kyle, dass ich nicht mit ihm fahren, sondern alleine in die Schule gehen würde. Ich erhielt rasche eine Nachricht zurück, in der er fragte, was los sein, aber ich ignorierte zuerst diese und auch seine folgenden. 

Danach schrieb ich Andrew und Landon eine Nachricht und bat sie, mich bereits eine Stunde vor unterrichtsbeginn am Schultor zu treffen.

Ich musste vorher mit ihnen reden, weil ich jetzt jemanden zum Reden brauchte. Ich war vollkommen verwirrt und zerstreut machte ich mich für den tag fertig.

Ich verabschiedete mich von meiner Mom und ignorierte ihre verwunderte Frage, wo ich so früh hinginge.

Ich wollte einfach nur zu meinen freunden und mit jemandem reden, der nicht in diese ganze Sache involviert war.

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Hi,

Wie geht es euch so?

Ich bin nicht ganz zufrieden mit den Kapitel, aber ich hoffe es hat euch dennoch gefallen!

LG Kat

faking itWo Geschichten leben. Entdecke jetzt