Kapitel 19 - Du kannst hier bleiben wenn du magst

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>>Der Gentlemen ist ein Mann der Wahrheit,
Herr über sein eigenes Handeln und fähig,
dieses Herrentum in seinem Benehmen zum Ausdruck zu bringen.<<

-Ralph Waldo Emerson-


Als ich das Badezimmer verließ sah ich mich zunächst ein wenig suchend um. Ich hörte Geräusche aus einem Raum rechts von mir, zur anderen Seite der Treppe und machte ein paar Schritte in diese Richtung. 

Eine kleine, aber gemütliche Küche tat sich vor mir auf. Die Wände waren in einem angenehmen Bordeauxrot gestrichen und die Schränke schwarz gehalten, was den Raum warm und freundlich wirken ließ, genauso wie im Eingangsbereich.

Carter stand an einer Kücheninsel und kochte Nudeln in einem Topf. 

„Danke" sagte ich und deutete auf seine Klamotten, die ich trug.

Carter hob den Kopf und sah mich an „Oh, gerne." Er rührte in einem weiteren Topf in dem ich Soße vermutete. „Ich mache gerade Spagetti Bolognese, magst du auch etwas haben?" fragte er mich und ich warf einen Blick auf die Uhr, welche bereits halb acht anzeigte. Mir war gar nicht klar gewesen, wie lange ich draußen herumgelaufen war und dass es bereits so spät wurde.

Ich schien wohl ein wenig abwesend gewirkt zu haben, denn Carter stand plötzlich vor mir und berührte mich am Arm. Überrascht zuckte ich zusammen.

„Alles okay?" fragte er und ich nickte.

„Ja sorry" ich war nur in Gedanken.

„Also magst du jetzt mit essen?" ein leichtes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. 

Ich nickte „Klar gerne."

„Gut." Er nahm den Arm von meinem Arm und ein leichtes Kribbeln fuhr mir den Arm nach oben.

Irritiert kniff ich die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, bevor ich zu Carter rüber ging und mich auf einen Barhocker setzte, der an der Kücheninsel stand. Er lächelte mir kurz zu und widmete sich dann dem Essen wieder.

„Wo sind deine Eltern?" fragte ich ihn.

Sein Lächeln erlosch und eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen, die er leicht zusammenzog. Das war dann wohl die falsche Frage gewesen. Gerade wollte ich ihm sagen, dass er nicht antworten musste als er schon anfing zu sprechen.

„Sie sind auf Geschäftsreise." Sagte er und sein Kiefer spannte sich an.

Ich nickte nur und wollte nicht weiter nachhaken, weil es scheinbar kein angenehmes Thema für ihn zu sein schien.

Fieberhaft suchte ich nach einem anderen Gesprächsthema, um das Schweigen zu durchbrechen, das sich zwischen uns aufgetan hat, aber meine Handy kam mir zuvor.

Ich zog es aus der Tasche des Pullis und sah auf das Display. Es war meine Mom. Sie hatte heute schon mehrere Male versucht mich anzurufen, aber ich war nicht dran gegangen und hatte ihr nur eine Nachricht geschickt, dass es mir gut ging.

Unschlüssig starrte ich die Nummer an.

Carter räusperte sich „magst du nicht dran gehen?" fragte er, während er Salz zu den Nudeln hinzugab.

Ich sah zu ihm auf und das Handy in meiner Hand hörte auf zu vibrieren. Ich zuckte mit den Achseln und legte es vor mir auf die Arbeitsplatte.

„Sie hat eh schon aufgelegt." Sagte ich nur und Carter nickte knapp.

Nur eine Sekunde flammte das Display jedoch wieder auf und eine Nachricht meiner Mom erschien, in der sie fragte, wann ich nach Hause kommen würde.

Carter, der wohl über Kopf mitgelesen hatte legte den Löffel beiseite mit dem er die Nudeln umrührte. „Musst du nach Hause? Ich könnte dich fahren. Es regnet immer noch." Er warf einen bedeutungsvollen Blick aus dem Fenster.

Ich schüttelte den Kopf „ich mag nicht nach Hause. Noch nicht jedenfalls." Entgegnete ich.

„Du kannst auch hier bleiben, meine Eltern sind eh nicht da, wir hätten also ein Zimmer frei, wenn du magst." Kam es schnell zurück und ich sah ihn überrascht an.

Nachdenklich zog ich meine Unterlippe zwischen die Zähne und kaute auf ihr herum.

„Das wäre echt keine große Sache. Ich würde im Schlafzimmer meiner Eltern schlafen und du könntest mein Zimmer haben."

Ich dachte einen Moment nach. War es wirklich schlau bei einem Jungen zu schlafen dessen Eltern nicht zuhause waren? Ich war mir nicht sicher, ob Carter wirklich nur im Sinn hatte mich alleine in seinem Bett schlafen zu lassen oder ob er das einfach nur so sagte. Andererseits hatte er jedoch bisher auch meine Grenzen akzeptiert und es war nicht so das wir uns nicht kannten. Schließlich waren wir schon mal gemeinsam auf einem Date gewesen.

Ich sah ihn hoffend an „wäre das wirklich okay?" hakte ich nach und hatte den Eindruck, dass sich sein Gesicht ein wenig aufhellte, was mir ein mulmiges Gefühl in der Magengegend einbrachte. Verunsichert von diesem Gefühl verlagerte ich mein Gewicht auf den anderen Fuß, um etwas Abstand zwischen uns zu bringen und spürte, dass ich ein wenig rot wurde.

Nachdem Carter bestätigt hatte, dass das kein Problem wäre, schrieb ich meiner Mom, dass ich bei Landon schlafen würde. Sie würde mir nicht erlauben bei jemand anderem außer Andrew, Landon oder einem Mädchen zu schlafen, das wusste ich. 

Nachdem meine Mutter eher widerwillig zugestimmt hatte, rief ich vorsichtshalber Landon an, um ihm Bescheid zu geben, dass er mich decken musste falls meine Mutter anrief.

Ich verließ zum Telefonieren den Raum und fand das Wohnzimmer, wo ich mich auf einen Sessel sinken ließ.

„Hallo?" meldete sich die Stimme meines besten Freundes an der anderen Seite der Leitung und ein leichtes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich seine bekannte Stimme vernahm.

„Hi Lanni."

„Freya, was gibt's?" er klang ein wenig besorgt. Es kam eher selten vor, dass wir telefonierten. Die einzige Person mit der ich das regelmäßig tat, war Andrew und das lag auch mehr an ihm als an mir.

„Du musst mich decken." Erklärte ich „meine Mom denkt, ich übernachte bei dir und falls sie anruft musst du ihr sagen, dass es so ist." 

„Klar." Kam die Antwort sofort und nach einem kurzen Moment: „Wo bist du denn, dass deine Mom das nicht wissen darf?"

Ich zögerte eine Sekunde und Landon seufzte hörbar „Jetzt sag schon."

„Ich bin bei Carter." Sagte ich und senkte dabei meine Stimme.

„Carter? Carter Evans? Der Carter mit dem du auf einem Date warst?" Landons Stimme klang ungewohnt hoch für seine Verhältnisse und er schien offensichtlich überrascht.

Ich musste intuitiv grinsen „Welcher Carter denn sonst?" fragte ich belustigt.

„ich meine ich bin nur überrascht, sonst bist du doch eher der zurückhaltende Typ." Sagte Landon gerade und ich hörte Schritte die Treppe runter laufen. Sie klangen leichter und nicht nach Carter, weshalb ich mich umdrehte, aber ich konnte die Treppe von meinem Platz aus nicht sehen.

„Es ist auch nicht auf diese Art." Verteidigte ich meine Jungfräulichkeit halbherzig, während ich aufstand und zur Tür ging, um zu sehen, wer die zweite Person war, denn nun konnte ich auch eine höhere Stimme hören, die eindeutig nicht die von Carter war.

„Hey, Landon das ist eine etwas längere Geschichte, ich erzähle dir das alles Montag in der Schule okay?"

„In Ordnung, aber Freya?"

Ich klemmte mir das Handy zwischen meine Ohr und meine Schulter und beugte mich zu der Hose, dessen eines Bein sich wieder aufgekrempelt hatte „HM?" machte ich.

Landon machte ein seltsames Geräusch. „Pass auf dich auf und lass dich auf nichts ein, was du nicht willst." Er klang ernst und ich fand es süß, dass er sich anscheinend um mich sorgte.

Ich lächelte „Keine Sorge, wir schlafen in getrennten Betten." Versicherte ich ihm.

Er schien beruhigt „Na schön."

„Gut ich muss jetzt auflegen." Sagte ich und legte kurz darauf auf.

Während ich den Flur durchquerte und mich der Küche näherte hörte ich die hohe Stimme kreischen und kurz darauf Carters Brüllen.

Irritiert und auch äußerst neugierig folgte ich in die Küche und fragte mich, wer die andere Person wohl war.

Einen kurzen Moment befürchtete ich, dass es möglicherweise ein Mädchen war und dieser Gedanke versetzte mir aus irgendeinem Grund einen Stich. Ganz unwahrscheinlich war das wahrscheinlich nicht, schließlich war er einer von Kyles engsten Freunden und der war schließlich für so einiges bekannt.

Doch als ich die Küche betrat, erwartete mich etwas mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte.

Carter jagte einem kleinen Jungen hinterher, der nicht älter als sieben Jahre sein konnte und brüllte wie ein Löwe, während der Junge lachend versuchte ihm auszuweichen, wobei ihm immer wieder die blonden Locken in die Augen fielen. Die gleichen blonden Locken die auch Carter besaß.


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Hey Leute,

Meine erste Klausurenphase ist jetzt durch und ich werde vermutlich wieder mehr Zeit zum Schreiben haben. das heißt, dass die Updates ab jetzt wohl wieder regelmäßiger und zwei mal die Woche kommen werden.

Ich hoffe euch gefällt mein Bus bis hier schon mal ich habe nämlich noch einiges auf Lager.

LG Kat


faking itWo Geschichten leben. Entdecke jetzt