Kapitel 35

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Um mir selbst zu beweisen, dass das, was im Labor passiert war, nichts mit meiner zurückliegenden Krankheit zu tun hatte, hatte ich mich spontan zuhause umgezogen und war laufen gegangen. Das hatte ich niemals zuvor getan, aber in diesem Augenblick war es beinahe ein Drang gewesen. Ich wollte wissen, ob es mir gut ging und ob ich bereit dazu war, körperlicher Belastung Stand zu halten

 Abgesehen davon glaubte ich, dass ich dadurch einen Teil dieser Wut loswerden konnte. Der Plan ging auf. Als ich knapp zwei Stunden später wieder in meiner Wohnung ankam fühlte ich mich, als wäre der Nachmittag nie geschehen. Der Schwindel war nicht wieder aufgetreten, dafür war ich in einen enormen Regen geraten, hatte mich unterstellen müssen und Booth durch meine Verspätung vermutlich in Sorgen geworfen. 

Er saß auf der Couch als ich leise die Tür öffnete, sprang unverzüglich auf, hetzte auf mich zu und blieb entsetzt vor mir stehen. Sein Blick glitt einmal über meinen gesamten Körper, bevor er eine Hand auf meinen Rücken legte und mich ins Badezimmer schob, ohne ein Wort zu sagen. 

Vorsichtig begann er damit, mich von den nassen Sachen zu befreien. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Etwas, das mich unsicher machte und mich darüber nachdenken ließ, was und vor allem warum ich es getan hatte. Gerne hätte ich irgendetwas gesagt, aber die Atmosphäre hielt mich davon ab. Jedes Wort wäre unangebracht gewesen. Ich ließ einfach geschehen was er tat.

„Ich hab versucht dich anzurufen."

Es war ein angenehmes, warmes Flüstern. Meine Augen sprangen in seine, während er meinen BH auf den Haufen in der Ecke warf und mich anschließend vorsichtig in einen dicken, weißen Bademantel hüllte, als sei ich zerbrechlich.

„Ich hab mein Telefon hier vergessen. Draußen, auf der Kommode."

„Ja, das hab ich bemerkt."

Eigentlich wollte er etwas ganz anderes sagen. Vermutlich unterdrückte er die Vorwürfe und die Angst, die in ihm lauerten. Erneut schob er mich vor sicher her in Richtung Couch, legte mir ein Handtuch auf den Schoß, das er aus dem Badezimmer mitgenommen hatte. Mir war nach einer Dusche zumute, aber ich befürchtete, dass er glauben könnte, ich wolle einer Aussprache aus dem Weg gehen. Er dachte vermutlich, ich wäre laufen gegangen, weil ich wütend war und das traf teilweise zu, aber es bezog sich nicht auf ihn. Nachdem er sich neben mich gesetzt hatte, sah er mich an, schloss einen Moment lang seine Augen und zog mich dann so urplötzlich an sich, dass ich mich spontan verspannte.

„Du solltest damit aufhören."

„Womit?"

„Damit, mit schwierigen Situationen allein fertig werden zu wollen. Ich dachte du wolltest hier auf mich warten."

Ich nickte, legte meinen Kopf auf seine Brust und sog seinen Duft ein. All das war mir so vertraut geworden, dass ich es augenblicklich vermissen würde, wenn es nicht mehr da wäre. Seine Arme, die mir Schutz boten, sein Geruch der angenehm war und mich manchmal an frühere Zeiten erinnerte. Sein Lächeln, das spöttisch wirken konnte, mich meistens aber aufmunterte. Booth war das, was ich gebraucht hatte. Jemand, der mich unterstützte und der für mich da war.

„Das hatte ich vor. Aber... mir war nach laufen zumute. Ich musste irgendetwas tun, um diesen inneren Druck loszuwerden."

„Du gehst eigentlich nicht laufen."

„Ich weiß. Aber ich fand, dass es ein guter Zeitpunkt wäre, um damit anzufangen."

Er schnaubte leise, entließ mich aus seiner festen Umarmung und legte stattdessen locker einen Arm um meinen Körper. Ich hingegen bewegte mich kein Stück, lauschte dem dumpfen Schlag seines Herzens.

„Und fühlst du dich dadurch besser?"

„Ja."

Meine Augen schlossen sich, während er sanft über meinen Kopf strich. Eine Müdigkeit befiel mich, gegen die ich nur schwer ankämpfen konnte. Ich unterdrückte ein Gähnen, seufzte stattdessen leise und bemerkte die Nachwirkungen meines spontanen Einfalls. Meine Beine fühlten sich wie Gummi an, waren aber im selben Moment schwer wie Blei. Der Weg zum Bett erschien mir, allein in meinen Gedanken, viel zu weit zu sein.

Bones "Just Friends"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt