4 •the new•

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Pov. Yoongi

Der nervige Ton meines Weckers ertönte in meinem Zimmer. Ich ignorierte ihn gekonnt. Für zehn Minuten, dann nervte es mich genug, um mit meinem Kissen danach zuwerfen. Ich hatte keine Lust auf Montag. Wieso kam er immer so schnell wieder? Ich stand auf um ihn auszuschalten. Als ich nach der Uhrzeit sah, bemerkte ich, dass ich zu spät kommen würde. Aber das war mir egal. Ich öffnete meinen Schrank und holte einen schwarzen Pullover und eine schwarze Jeans heraus. In meinem Schrank war nur schwarze Kleidung. Ich hasste Farben einfach.

In der Küche aß ich eine trockene Scheibe Brot. Ich holte meine Schultasche und lief los. Es war bereits 7:15 Uhr. Ich würde noch 10 Minuten zur Schule brauchen. Fünf Minuten zu spät. Egal. 

Ich kam an und lief durch die lehren Schulgänge. Ich ließ meine Kopfhörer drinnen, bis ich vor meinem Klassenraum stand. Ich klopfte und trat ein. Ich sah nach vorne zum Lehrer, doch im Augenwinkel sah ich etwas neues. Ein Farbklecks. Ich drehte mich zu diesem und sah einen Jungen mit orangenen Haaren dort sitzen. Ich musterte ihn, genauso wie er mich. Wir starrten uns an bis ich merkte, dass ich noch kein Wort zu unserem Lehrer gesagt hatte. "Bitte entschuldigen sie die Verspätung.", murmelte ich und unterbrach den Blickkontakt zu dem Jungen. Er ist neu hier. Das merkte ich sofort. Auf meinem Platz, spürte ich immer mal wieder seine Blicke. Dann hörte es auf. Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass er etwas mit einem Blatt machte. Vielleicht zeichnete er oder er schrieb etwas auf. Etwas interessierte mich an ihm. Aber was?

Mr. Won schien durch meinen Blick auf die Unaufmerksamkeit des Jungen aufmerksam geworden zu sein. Er sprach ihn darauf an. "...wieso bist du so abwesend? Auch wenn du erstmal reinkommen musst, wäre es schön, wenn du aufpassen würdest.", sagte er und blickte zu dem Jungen. Ich hatte seinen Namen nicht mitgekriegt. Egal. "Tut mir leid. Ich hatte dieses Thema schon in meiner vorherigen Schule deshalb-", fing er an zu erklären wurde jedoch von Mr. Won unterbrochen. "Deshalb hältst du es für unnötig aufzupassen?" Die Antwort des Jungen ließ mich ein wenig erstaunen er antwortete mit einem knappen 'Ja'. Jeder zog scharf die Luft ein. Ganz schön frech der kleine. Ich blieb bei meiner kalten, emotionslosen Ausstrahlung. 

Mr. Won ergriff erneut das Wort. "Nagut wenn du das so siehst, löse doch bitte diese Aufgabe." Nach nicht allzu langer Zeit stand eine komplizierte Aufgabe an der Tafel. Der Neue stand, siegessicher grinsend, auf und ging auf die Tafel zu. Er löste die Aufgabe in wenigen Minuten, ohne Probleme. Mr. Won sah ihn erstaunt an und fing an sich die Aufgabe anzusehen. "Sehr gut gelöst.", sagte er, "jedoch ist ihnen ein Fehler unterlaufen. Sie haben 12+8 gerechnet. Sie müssen 12-8 rechnen." Er grinste den Neuen an. Dieser sah erneut zu der Aufgabe. "Tut mir leid aber sie liegen falsch.", fing er an und in der Klasse fing leises Getuschel an. Ist er wirklich so lebensmüde und diskutiert mit Mr. Won über Mathe? "Durch das Vorzeichen am Anfang, wird aus dem Minus zwischen 12 und 8 ein Plus." Ich staunte nicht schlecht. 
Das Beste: Der Neue hatte sogar recht. 
Der Lehrer mit dem gefühlt höchsten IQ, geschlagen von einem Schüler. Ich zeigte keinerlei Emotion, auch wenn es mich beeindruckte. 
Wahrscheinlich habe ich verlernt Emotionen zu zeigen…
Der Junge setzte sich wieder und der Unterricht ging weiter.

Englisch und Geschichte waren wie immer langweilig, aber schnell vorbei. Ich hatte gute Noten, auch wenn ich eher selten aufpasste. Ich würde um die Runden kommen. Wir hatten Pause, die ich wie immer alleine verbrachte. Sie verging allerding schneller als der Wind, wenn ich meine Musik in den Ohren hatte. Jetzt war Kunst an der Reihe.

Kunst war toll. Ich konnte Songtexte schreiben oder am Klavier spielen. Im Kunstraum setzte ich mich an meinem üblichen Platz. Ich wollte heute wieder einen Song schreiben. Ich hatte gute Ideen für Lyrics. Der Neue hatte sich vor mich gesetzt. Er schien zu überlegen. Dann sah er aus dem Fenster, begann zu grinsen, stand auf und sprach mit der Lehrerin. Er nahm sich seine Sachen und verließ den Raum. Wo er wohl hin wollte? Ach egal. 

Ich schrieb einen Text. Schob ein wenig herum, probierte aus, änderte ab, schrieb nochmal von vorne. Es war anstrengend und trotzdem tat ich es gerne. Die Stunde war zu ende und ich ging nach hause. Wo der Neue war wusste ich nicht. Er hatte sich nicht mehr blicken lassen. Ich legte mich ins Bett und döste ein wenig. Doch der Hunger scheuchte mich auf und ich ging in die Küche. Dort wanderte mein Blick ungewollt auf dieses Bild. 

Wieso? Wieso tat es immernoch so verdammt weh…

In meinem Kopf flogen wieder unzählige Gedanken und unzählige Bilder schoben sich in den Vordergrund. Ich musste den Kopf frei kriegen. Wie so oft schon. Ich nahm mir meine Kopfhörer, startete die Musik und lief los. So schnell ich konnte lief ich den Weg zur Schule. Ich weiß, ein seltsamer Ort. Aber auf dem Dach konnte man zur Ruhe kommen und abschalten. Dort angekommen, lief ich direkt zu den Treppen nach oben. Ich schaute auf mein Handy. Es war 16:40 Uhr. Als ich die Tür zum Dach aufmachte, saß jemand am Rand und blicke von der Aussicht auf den Schoß und zurück. Immer wieder. Ich ließ die Tür in das Schloss fallen. Die Person merkte es und drehte sich um. Es war der Neue. 

Wieso hab ich's nicht an den Haaren erkannt? So auffällig wie die gefärbt sind.

"Was machst du hier?", fragte ich als er mich sah. "Ich zeichne.", antwortete er knapp. "Und was zeichnest du?" Ich konnte es nicht leugnen ich war neugierig. "Das hier.", sagte er und deutete auf die Aussicht. Diese ließ mich komplett kalt. War aber bestimmt nicht einfach so etwas zu zeichnen. 
"Okay. Nette Herausforderung."

"Das? Eine Herausforderung? Ich bitte dich das ist keine Herausforderung."

"Ach ja? Darf ich's sehen?"

Mit einem 'Nein' das schneller war als der Schall gab er mir seine Antwort. "Es ist noch nicht fertig.", hängte er dran. "Ich lasse niemanden unfertige Zeichnungen sehen. Aber du siehst es als erster wenn's fertig ist." Ich quittierte dies mit einem Nicken. "Darf ich fragen was eine Herausforderung für dich ist?", fragte ich, immernoch kalt wie immer. "Porträts.", kam die knappe Antwort. Dann fiel mir wieder etwas ein. "Du bist neu hier oder?", fragte ich mit meiner Stirn in Falten. Er nickte und sagte: "Ich bin Park Jimin."
"Min Yoongi. Park Jimin… Schöner Name.", sagte ich. Es ließ ihn lächeln und er bedankte sich. "Min Yoongi aber auch." 
Eine Frage jedoch musste ich noch stellen. "Danke. Aber wirklich. Was machst du noch hier?", fragte ich noch. Verwirrt sah er mich an. "Wie noch? Wir haben doch um 14:00 Uhr Schluss." 
"Ja, und das war vor fast 3 Stunden.", erklärte ich. Sein verwirrter Ausdruck wich einem geschockten. "Was?!", rief er aufgebracht. Er nahm sich seine Sachen und rannte los. Vom Dach runter, aus dem Schulgebäude raus. Ich überlegte nicht lange was los war. Ich blieb noch bis sieben Uhr auf dem Dach. Dann holte ich mir noch eine Pizza zum essen. Ich legte mich ins Bett um zu schlafen. Doch wieder holte meine Vergangenheit mich ein.

Wieso? Wieso musste ich verlieren um zu verstehen? Wäre ich doch nur an diesem Tag geblieben… dann wären wir zusammen und nicht… getrennt…

Diese Nacht war unerträglich. Wie jede andere auch. Diese Stille und Einsamkeit mit dieser Dunkelheit… und wieder erinnere ich mich an sie. Ich werde sie nie vergessen. Ich weiß nicht ob das gut oder schlecht ist. Und das gefällt mir nicht. Ich versuche meine Vergangenheit zu verdrängen, doch so sehr ich es auch versuche, in solchen Momenten holt sie mich immer ein. Mein Blick ging zu den Schlaftabletten auf der Kommode. Der Gedanke daran sie zu nehmen, in der Hoffnung schlafen zu können, war verlockend. Doch egal wie oft, egal wie viele ich nahm in vergangenen Nächten, sie halfen nie. Ich sah die Erinnerungen, die ich so sehr versuchte zu vergessen, immer wieder auf's neue abgespielt. Doch selbst wenn sie endeten, blieb der Schmerz. Es wollte nicht aufhören. Seit 2 Jahren, wollte der Schmerz nicht vergehen. Ich spürte wie die erste salzige Träne über meine Wange lief. Es sollte aufhören. Es sollte verdammt nochmal aufhören. Ich fasste mit meiner Hand an die Stelle, wo mein Herz liegen sollte, und zerknüllte den Stoff meines Shirts mit dieser.

Und wie in den anderen Nächten auch, hörten die Tränen nicht auf zu fließen, genau wie der Schmerz nie aufhören wird mich zu quälen. Mit unaufhörlich fließenden Tränen schlief ich ein. Und selbst in meinen Träumen verfolgte meine Vergangenheit mich. Schweißgebadet wachte ich auf. Ich sah auf die Uhr. Es war vier Uhr morgens. Ich beschloss in die Schule zugehen. Auf das Dach. Sowie immer wenn mir das passierte. Dann würde ich vielleicht auch mal pünktlich kommen.

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1491 Wörter

you complete meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt