Abschied

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"Du  musst mir wirklich nicht helfen." betonte Freddie erneut, als ich meine Schaufel in die Erde schob. Es war gerade hell geworden. Wir wollten Maddy heute beerdigen und es hinter uns bringen. Je länger wir warteten, desto schlimmer würde es werden. Manche Dinge kann man einfach nicht aufschieben.
"Ich muss irgendwas tun Freddie, sonst drehe ich Zuhause durch." gab ich zurück und schaufelte Erde aus Maddys zukünftigem Grab. Lizzy hatte bei uns übernachtet und half meiner Mutter dabei, ein Blumengesteck zu binden.
"Ich verstehe dich ja, aber deine Mutter braucht dich Stegi." Freddie wollte einfach nicht locker lassen und legte beide Hände auf meine Schultern. Er schaute mir eindringlich in die Augen und zog beide Augenbrauen nach oben. Ich atmete hörbar aus und rammte meine Schaufel so in die Erde, dass sie stehen blieb.
"Ich weiß, dass du Recht hast aber ich kann das nicht Freddie. Ich kann ohne sie nicht in diesem Haus sein, ich fühle mich, als würde ich ersticken."
"Ach Stegi." er nahm mich in den Arm und streichelte mir beruhigend über den Rücken. Ich löste mich von Freddie und schaute nach oben, über uns flog ein Adler hinweg, welcher etwas bei sich trug und zwischen zwei Häusern verschwand. Ohne ein weiteres Wort zu sagen entfernte ich mich von Freddie und lief auf die Gasse zu, in die der Adler verschwunden war. Wie ich es erwartete stand Anni vor mir, mit einem Buch in der Hand.
"Stegi." keuchte sie erleichtert. Sie sah erschöpft aus und tiefe Augenringe zeichneten sich unter ihren sonst so stechenden blauen Augen ab. Sie lehnte sich gegen eine der Hauswände und sank auf den Boden. Ich kniete mich neben sie und schaute sie an.
"Was machst du hier?" fragte ich sie besorgt.
"Ich-ich...hier." stammelte sie und streckte mir das Buch entgegen, welches ich ihr abnahm. Es war relativ klein und dünn, sah aber schon sehr alt aus.
"Was ist das?" fragte ich verwirrt.
"Ich hab keine Zeit, ich muss wieder zurück zum Schloss." meinte sie ohne mich anzuschauen.
"Anni, was ist denn los?" fragte ich besorgt. Sie stand auf und wollte sich verwandeln, doch ich packte sie am Handgelenk. Sie schaute mich mit großen Augen an. "Sag mir bitte was los ist." Anni atmete aus.
"Tim und ich verschwinden für eine Weile von hier."
"Was?!"
"Es haben ein paar Gefangene rebelliert und Tim ist der einzige Thronfolger, also darf ihm nichts passieren."
"Wo geht ihr hin? Und für wie lange?" fragte ich sie. Ich konnte es nicht glauben, dass sie einfach mit Tim verschwinden sollte.
"Bis es hier wieder sicher ist...ich weiß nicht wie lange wir weg sein werden und ich darf dir auch nicht sagen, wo wir hingehen werden."
"Ist das wirklich notwendig?"
"Stegi, ich will auch nicht gehen und Tim erst recht nicht, aber ich befolge die Befehle, die ich bekomme."
"Wann geht ihr?"
"Morgen früh, es tut mir so Leid Stegi. Versprich mir, dass du das Buch ließt." sagte sie und kratze sich am Kopf.
"Pass gut auf Tim auf." murmelte ich und nahm Anni in den Arm.
"Werde ich, keine Angst." nuschelte sie und löste sich wieder von mir.
Sie hatte sich schon von mir abgewendet, als sie sich noch einmal zu mir umdrehte.
"Warum hast du Aaron in Schutz genommen Stegi?" fragte sie mich und ich fühlte, dass diese Frage ihr auf der Seele gebrannt hatte. Ich zuckte nur mit den Schultern.
"Es schien das Richtige zu sein."
"Es schien das Richtige zu sein?" wiederholte sie meine Aussage. "Der Typ hat es verdient, in einer Zelle zu verrotten Stegi! Er wollte Tim umbringen!" flüsterte sie wütend.
"So wie ich und trotzdem bin ich noch auf freiem Fuß! Wenn wir wirklich etwas verändert wollen, brauche ich Aaron. Wenn die Leute hier auf jemanden hören, dann auf ihn. Du warst doch diejenige, die mir gesagt hat, ich soll einen Putsch auf unsere Hoheiten verüben!"
"Da war doch noch alles anders. Da war deine Schwester noch nicht tot und mir war es damals noch egal, ob du draufgehst oder nicht."
"Und jetzt ist es dir nicht mehr egal ob ich sterbe?" unterbrach ich sie.
"Meinetwegen ist es mir immer noch egal aber Tim nicht." Ich nickte, mir war klar, dass Anni nicht wirklich meine Freundin war, auch wenn das in letzter Zeit den Eindruck gemacht hatte. Das einzige, was Anni wichtig war, war Tim zu beschützen und dafür zu sorgen, dass es ihm gut geht. Ich war für sie nur ein Mittel zum Zweck. Als ich meinen kurzen Gedanken beendet hatte war ich allein in der Gasse, Anni war verschwunden.

Maddys Beerdigung war nur sehr schlicht aber trotzdem sehr schön. Mittlerweile war es mitten in der Nacht, doch ich konnte nicht einschlafen, mir schwirrten einfach zu viele Gedanken durch den Kopf...auf meinem Nachttisch lag das Buch, welches Anni mir gegeben hatte. Ich hatte es direkt in mein Zimmer gebracht, ohne es anzuschauen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich Tim vielleicht für Jahre nicht mehr wiedersehen würde. Ich schaltete meine Nachttischlampe ein und griff nach dem Buch, bevor ich es öffnete, betrachtete ich es genauer, es schien uralt zu sein und hatte einen schwarzen, dreckigen Ledereinband. Ich schlug es auf und sah, dass es ein Tagebuch war.

Dieses Tagebuch gehört Henry

stand auf der ersten Seite, jedoch kein Nachname oder andere nähere Informationen. Ich blätterte die Seiten durch und überflog ein paar Einträge. Sie waren nicht datiert, lediglich eine Jahreszahl stand auf ein paar Seiten, sie waren von 2095. 
Henry erzählte in seinem Tagebuch von einem Mädchen, dass er kennen gelernt hatte und wirklich mochte.
"Urgh..." grummelte ich vor mich hin. Ich blätterte weiter, doch plötzlich wurde mir schwarz vor Augen...

[TO BE CONTINUED]

Mal ein Kapitel außer der Reihe? Was denn los mit mir? O_o Ich hab heute frei und dachte mir ich lad mal nicht nur eins die Woche hoch ^^ VIELLEICHT kommt morgen oder am Sonntag auch nochmal was, denn das nächste Kapitel ist auch schon fertig :3

Dystopia [Stexpert] [BEENDET]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt