Training

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Ich landete auf dem Rücken und grummelte schmerzerfüllt.
"Wie macht er das nur?" murmelte ich und rappelte mich wieder auf. Schon seit Sonnenaufgang trainierte ich mit Jace, doch er schaffte es immer wieder, mich umzuwerfen. 
"Und nochmal, komm schon Stegi!" sagte er und nahm seine Grundhaltung ein.
"Ich versuch es ja!" maulte ich.
"Konzentriere dich. Du brauchst einen festen Stand." Jace kam auf mich zu, "Sonst wirst du jederzeit umgeworfen." Er zog mir mit seinem Bein beide Füße nach oben, wodurch ich durch meinen Hintern fiel. Ich verdrehte meine Augen und schaute genervt zu ihm nach oben.
"Jace, sei nicht so hart zu ihm!" hörte ich Mazikeen aus der Weite rufen.
"Er ist mein Schüler oder?" antwortete er genervt. "Du hast noch eine Menge zu lernen Stegi." Er streckte mir seine Hand entgegen und zog mich auf die Beine. Dann wendete er sich von mir ab und wollte gehen.
"Warte, wo gehst du hin?" fragte ich verwirrt.
"Wir machen eine Pause. Mazikeen will dich sehen, lass sie bloß nicht warten." sagte er monoton, aber mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Ich schaute mich um, wir waren auf dem Trainingsgelände der Burg, welches mit ein paar Rängen zum Zuschauen umgeben war. Ganz oben saß Mazikeen in der kühlen Wintersonne, sie hatte wieder ihr Flatterkleid an und trank eine Tasse Tee. Ich stieg zur ihr nach oben und setzte mich neben sie. Vor ihr lag ein Notizbuch, in welches sie etwas reingekritzelt hatte.
"Wie läuft das Training Stegi?" fragte sie, während sie die anderen Trainierenden beobachtete.
"Hast du nicht gesehen, wie Jace mich verdroschen hat?" fragte ich und wir kicherten beide.
"Doch das habe ich, darf ich dir einen Tipp geben?" fragte sie und schaute mich mit ihren großen Augen an.
"Gerne."
"Achte auf einen festen Stand und die richtige Atemtechnik." 
"Die richtige Atemtechnik?" wiederholte ich Mazikeens Worte, woraufhin sie nickte.
"Ja, du musst ruhig atmen. Tief ein und tief aus." Sie stellte ihre Tasse beiseite und stand auf "Folg mir." sie ging nach unten in die Arenamitte, ich folgte ihr. Sie strich ihr Kleid ab, unter welchem sie eine Leggings und ein enges, langärmliges Oberteil trug, was sie unter ihrem Kleid warm hielt. Sie stellte ihre Füße schulterbreit auseinander, schloss die Augen, hob ihre Hände vor ihren Bauch und atmete tief ein und aus. Ich beobachtete sie gebannt. Sie öffnete ihre Augen und machte eine fliesende Bewegung, bevor sie in die Luft schlug. Sie schaute zu mir, lächelte und wies mich mit einer Kopfbewegung an, näher zu ihr zu kommen. 
"Was hast du vor?"
"Dir helfen." kicherte Mazikeen. "Achte auf einen festen Stand, sonst fegt dich Jace jedes Mal von den Beinen. Konzentriere dich auf deine Atmung. Atme tief ein und aus, so" Sie nahm wieder die Haltung ein, hielt ihre Hände vor den Bauch und atmete tief durch, ich machte es ihr nach. Mazikeen lächelte. Sie machte wieder die gleiche Bewegung wie vorhin und schlug dann wieder in die Luft, ich tat es ihr gleich. Sie lächelte zufrieden.
"Danke dir."
"Jace kann ein ziemlich strenger Lehrer sein, aber er ist leider auch der beste." Ich nickte verständnisvoll.
"Ein strenger Lehrer ist nichts schlechtes."
"Das sollte für heute genügen. Ihr trainiert schon seit Sonnenaufgang. Ruh dich aus."
"Das werde ich, nochmals danke." Mazikeen lächelte mich an, schnappte sich ihr Kleid und verschwand.

Es war dunkel geworden. Ich war wieder auf den Berggipfel gestiegen und hatte mich an die Klippe gesetzt. ich schaute auf das Meer und den Mond, der sich auf der glatten Oberfläche spiegelte.
"Stegi? Bist du hier oben?" hörte ich Mazikeen rufen. "Du warst nicht beim Abendessen, ist alles in Ordnung?" fragte sie und stellte sich hinter mich. Ich schaute nach oben und sah ihre besorgten Augen.
"Ich kann es nicht fassen, dass ich sie so knapp verpasst habe." murmelte ich, Mazikeen setzte sich neben mich und seufzte.
"Du musst Anni wirklich schrecklich gern haben, wenn du das alles für sie in Kauf nimmst."
"Was?! Nein, ich-ich meine-Anni ist nett aber-"
"Oh natürlich." unterbrach sie mich, "Nicht wegen Anni, sondern wegen Tim nimmst du all das auf dich oder?" Ich nickte. Ich vermisste ihn so schrecklich.
"Ich hatte nicht den Mut, ihm zu sagen, was ich für ihn empfinde." Mazikeen legte eine Hand auf meine Wange.
"Ich glaube das weiß er Stegi, ich glaube das weiß er." Ich schloss meine Augen und schmiegte mich an Mazikeens Hand an. Sie kicherte.
"Was denn?"
"Also wirklich ein Hund." stellte sie fest und nahm ihre Hand von meiner Wange.
"Wolf um genauer zu sein." berichtigte ich sie und schaute wieder aufs Wasser.
"Ich dachte du hättest vielleicht das Tier deiner Mutter geerbt."
"Meiner Mutter?" fragte ich und legte den Kopf schief.
"Ja, sie ist doch auch eine Formwandlerin."
"Nein ist sie nicht."
"Oh das tut mir sehr Leid zu hören. Es war bestimmt schlimm ohne beide Eltern aufzuwachsen."
"Was redest du denn da?"
"Bis jetzt hat noch nie die Mutter eines Hybriden überlebt, wenn nicht sie selbst die Formwandlerin war." erklärte sie mir.
"Noch nie?" fragte ich nach, Mazikeen nickte.
"Wir brauchen sehr viel Energie, um heranzuwachsen. Energie, die Menschen oft nicht liefern können, ohne daran zu Grunde zu gehen." Sie schaute ebenfalls aufs Wasser, der Mond spiegelte sich in ihren großen, braunen Augen.
"Meine Mutter war schon immer eine Kämpferin." Mazikeen nickte.
"Ich gehe zu Bett, das solltest du auch tun Stegi." Sie stand auf und ließ mich allein zurück. Nach einer Weile stand ich ebenfalls auf und ging zurück in mein Zimmer, dort fand ich ein Tablett mit einem Teller, welcher abgedeckt war. Ein Blatt, von einem von Mazikeens Zweigen, lag daneben. 

Die Wochen vergingen, es fiel immer mehr Schnee und wurde auch eigentlich kälter, doch mit zunehmenden Training schien mir die Kälte immer weniger auszumachen, auch alle anderen Formwandler waren erstaunlich resistent gegen die Kälte. Jace war ein wirklich strenger Lehrer, doch mit genügend Fleiß und ein paar Tipps von Mazikeen wurde ich immer besser im Kampf. Jedoch war er es Leid, mit mir trainieren zu müssen, weshalb er seine restlichen Krieger dazu abkommandierte, mit mir zu kämpfen. Ich wurde wendiger, stärker, meine Reflexe wurden besser. Mazikeen half mir mit Meditation, um meine Sinne weiter zu schärfen und mehr Kontrolle über meine Verwandlung zu haben. Mazikeen brachte mir bei, meinen Geruchssinn so weit zu schärfen, dass ich ihn auch unverwandelt benutzen konnte. Ebenso konnte ich nur einzelne Teile meines Körpers verwandeln, was laut Mazikeen, sehr sehr praktisch sein konnte. Laut Jace war ich zwar ein guter Kämpfer, aber er meinte mir würde es an Feuer und Verbissenheit fehlen, ich wäre laut ihm noch nicht bereit den Waffenkampf zu lernen, aber Jace sollte mich noch kennen lernen.

[TO BE CONTINUED]

Dystopia [Stexpert] [BEENDET]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt