Samuel (4)

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Die Hochzeit rückt immer näher und meine Unsicherheit wird immer schlimmer. Das Gespräch mit Kenny, liegt jetzt schon ein paar Tage zurück und es gibt kein Tag an dem ich nicht über die gesprochenen Worte nachgedacht habe. 

Die Namen hatte ich auf die Karten, beziehungsweise auf die Umschläge geschrieben und Andrea ausgehändigt. Für sie gibt es im Moment nichts anderes als die Hochzeit. Heute soll die Tortenverköstigung sein. Wieso verstehen Frauen das nicht, dass es Männern egal ist, was es für eine Torte wird. Sie heiraten die Frau und nicht die Torte.

Ach, mich nervt das alles einfach nur. 

Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass gleich Mittagspause ist. Die letzte Patientin, war vor 45 Minuten da, seitdem sitze ich an meinem Schreibtisch und mach Papierkram. Ich schiebe den Bürostuhl vom Tisch weg und stehe auf. Mein Weg führt mich in Kennys Behandlungszimmer.

Ich klopfe an und trete ein. Kenny massiert gerade einen älteren Herren, der sich bei der Gartenarbeit verhoben hat.

"Wollen wir gleich etwas Essen gehen?" frage ich Kenny, dieser lächelt mich an und nickt. Ich gehe wieder aus dem Raum hinaus und setze mich an die Rezeption um auf Kenny zu warten.

Zehn Minuten später ist dieser fertig, verabschiedet seinen Patienten und kommt dann zu mir.

"Sondra?" rufe ich nach hinten und höre ein 'Ja', "Kenny und ich gehen Mittagessen." 

"Alles klar." sagt sie dann, als sie nach vorne gelaufen kommt.

Kenny und ich holen unsere Geldbeutel und Handys, bevor wir uns auf den Weg in unser Lieblingsrestaurant machen.

Wir betreten den Italiener und suchen uns einen Platz. Ich liebe diesen Italiener, weil er wirklich gute und große Mahlzeiten hat. Hier bekommst du noch eine richtige Pizza, oder Lasagne oder auch mal Penne. Nicht diese Miniportionen, die gerade mal für den hohlen Zahn sind und ein Schweinegeld kosten.

Die Bedienung kommt und nimmt unsere Bestellung auf.

Als sie wieder weg ist, grinst mich Kenny so bedeutungsschwanger an.

"Was ist los? Wieso grinst du denn so?" frage ich ihn dann.

"Ich habe dir doch vor kurzem erzählt, dass ich nicht zu Hause geschlafen hatte." fängt er an und ich nicke.

"Ich habe bei einem Mann geschlafen, den ich an diesem Abend im No Straight kennen lernte und es war wunderschön. Vor ein paar Tagen rief mich aus heiterem Himmel sein bester Freund an, um mir zu sagen, dass Jess sich nicht traute mich anzurufen, also übernahm er es. Er sagte mir wo Jess arbeitet und dass ich doch vorbei kommen soll. Dies tat ich auch und, was soll ich sagen? Es war wieder wunderschön. Natürlich verliebe ich mich nicht so schnell, aber er hat was und ich würde definitiv zu mehr zustimmen. Aber, was ich dich fragen wollte,....."

"Bitte sehr die Herren ihr Essen. Einmal eine Calzone und einmal Lasagne ohne Pilze und Tomaten." unterbricht die Bedienung Kenny in seinem Redefluss. Nachdem die Bedienung wieder weg ist, fordere ich Kenny auf weiter zu sprechen.

"Also, nochmal, was ich fragen wollte ist dies. Ich treffe mich heute Abend wieder mit Jess, auf einen Drink im No Straight und ich möchte gerne das du ihn kennen lernst. Ich würde deine Meinung gerne wissen."

"Meine Meinung zu deinem Typen?" frage ich  amüsiert. Er hat mich noch nie seinen Eroberungen vorgestellt und dass er es jetzt möchte, sagt mir, dass er es wohl ernster meint als mit den Anderen.

"Also du weißt, dass ich von solchen Clubs nicht so begeistert bin, aber für dich gehe ich mit. Vorausgesetzt Andrea lässt mich gehen. Wann triffst du dich mit ihm?" frage ich dann.

"Ist das ok wenn ich dich um neun abhole?" 

"Ja klar. Falls Andrea mir zu viel zickt, melde ich mich dann bei dir, ok?"

"Na klar." sagt er und grinst.

Wir widmen uns dann wieder unserem Essen und als wir fertig sind, gehen wir zurück in die Praxis. 

Der restliche Tag geht schnell vorbei. Jede Stunde hatte ich einen Patienten, so dass ich auch gar nicht richtig dazu kam über heute Abend nach zu denken. 

Als dann der Feierabend kommt und ich auf dem Weg nach Hause bin, mache ich mir dann Gedanken. Andrea wird mich sicher nicht gehen lassen. Sie weiß das Kenny schwul ist, wenn ich ihr sage ich geh mit ihm in einen Schwulenclub, lacht sie mich bestimmt aus.

Zuhause angekommen, höre ich schon die unterschiedlichen Stimmen. Ich laufe in die Küche und sehe Andrea und ihre Freundinnen mit Sekt am Esstisch sitzen. Ich ziehe eine Augenbraue nach oben und stelle meine Tasche ab. 

"'Nabend." sage ich in die Runde und nehme mir ein Bier aus dem Kühlschrank.
"Was wird hier gefeiert?" frage ich dann und Andrea lacht. Ihr lachen verursacht meistens Kopfschmerzen bei mir, sie quietscht dabei immer in einer unerträglich hohen Frequenz.

"Na, nach was sieht es denn aus? Wir glühen vor." antwortet mir Edna. Die konnte mich schon von Anfang an nicht leiden und machte mir teilweise mein Leben zur Hölle. Jedesmal wenn Andrea und ich stritten, rannte sie zu Edna und danach kam Edna immer zu mir.

"Aha, und wofür glüht ihr vor, geht es heute noch irgendwohin?" frage ich weiter und kassiere einen giftigen Blick von Edna. 

"Ja, wir haben vor ein bisschen tanzen zu gehen." eröffnet mir dann Andrea und ich grinse in mich hinein. "Gut, dann geh ich ein bisschen mit Kenny was trinken." meine ich, stelle meine leere Flasche Bier ab und drehe mich um. Mit schnellen Schritten gehe ich ins Bad, ziehe mich aus und stelle mich unter die Dusche. Warum auch immer rasiere ich mich, überall und ziehe mir dann nach dem fertig duschen frische Kleider an. Skinny Jeans mit Löcher und ein weißes einfaches Shirt. Parfüm drauf und Haare gestylt. 

Ich höre die Klingel und schaue auf die Uhr. Es ist schon neun Uhr. Ich springe die Treppe hinunter bevor Andrea sie aufmachen kann, schnappe mir meine Jacke und rufe: "Bye, ich wünsche euch viel Spaß." fröhlich öffne ich die Türe und drücke mich schnell an Kenny vorbei, der mir lachend hinterher springt.

Never EnoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt