Julian (7)

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Ich musste ihn noch einmal küssen, dort wo ich ihn auch sehen konnte.
Nur noch ein einziges Mal, aber dann musste ich weg.
Weg von Kenny, weg von Jess, doch vor allem musste ich weg von Samuel.

Wir waren beide 18 und ich weiß es noch genau wie wir uns immer verstohlene Blicke zugeworfen haben. Die Berührungen die wir hatten und die immer wie zufällig wirken sollten, damals als wir auf der Highschool waren.

Eines Tages, nach Schulschluss, zog ich Samuel mit mir, ich wollte ihm sagen dass ich mich in ihn verliebt hatte und ich wollte ihn küssen.
Wir standen uns gegenüber, der Schulhof leerte sich und ich sah das Samuel unsicher war.
Ich legte meine Hände an seine Wangen und kam ihm näher. Dann kurz bevor sich unsere Lippen berührten fragte ich ihn, ob ich ihn küssen dürfte.
Damals war ich noch nicht ganz so schlimm, dass ich mir gleich das genommen habe, was ich wollte.

Samuel nickte dann und ich überbrückte die wenigen Zentimeter, die uns noch fehlten und legte meine Lippen auf seine.
Ich spürte damals wie sehr mein Körper sich danach gesehnt hat und zog diesen Jungen näher an mich heran. So nah, dass ich fühlen konnte, wie er leicht zitterte.
Ich wollte diesen Kuss niemals enden lassen. Ich wollte diesen Jungen haben, mit ihm zusammen sein und das schon so lange.

Doch wir mussten uns lösen und schauten uns danach an.
"Ich muss jetzt gehen und nachdenken, Julian.", hauchte er damals und noch heute habe ich diesen Satz in meinem Ohr.
Samuel löste sich von mir und ging, ließ mich dort stehen und dabei wollte ich ihm noch sagen, dass ich mich in ihn verliebt hatte.

Samuel kam am nächsten Tag nicht mehr in die Schule und ich hörte Gerüchte dass er verprügelt und dann in ein Camp geschickt wurde, weil er mit einem Mann Sex hatte. Die Schule tuschelte, versuchte herauszufinden wer denn mit Samuel Sex hatte und ich fragte mich, wie aus diesem Kuss, der so unschuldig und schön war, in der Gerüchteküche Sex wurde.

Samuel nahm damals etwas von mir mit und hat es bis heute behalten. Ich fühlte mich leer. Ich wollte das einfach nicht, ich wollte das nicht fühlen.

Es ist dunkel draußen, als ich an meiner Villa ankomme, meinen Wagen parke und dann ins Haus gehe.
Ich streife mir meine Schuhe ab, laufe los und ziehe mich dabei aus.
Ich verteile meine Kleidung im Haus, trage jetzt nur noch meine Boxershorts und betrete den Garten.

Meine Füße tragen mich durch diesen hindurch, die kleine Steintreppe hinunter zu dem Privatstrand.
Ich habe diese Villa damals gekauft, weil zu ihr diese Bucht gehört, zu der man nur über die Treppe auf meinem Grundstück Zugang hat.

Als ich den Sand unter meinen Füßen spüre, laufe ich nur noch wenige Schritte, bis ich auf die Knie falle und schreie. Ich schreie so laut, dass nach kurzer Zeit meine Kehle brennt.
Ich balle meine Hände zu Fäusten und schlage auf den Sand vor mir ein, immer und immer wieder.

Ich hab ihm gesagt dass er gehen soll, dort in dem Darkroom, drei Mal, doch er blieb. Ich wollte das nicht, nicht dort, nicht so. Ich wollte das er geht, aber gleichzeitig auch das er bleibt.
Ich fragte Samuel ob er es wolle und er sagte ja und gab mir damit den Startschuss. Ich schaltete alles ab, holte mir das was ich wollte, von dem Mann den ich wollte.

"Julian, hör auf!", höre ich jemanden rufen, doch mache ich einfach weiter.
"Julian, verdammt, hör endlich auf.", kommt es erneut von hinten und ich spüre eine Hand auf meiner Schulter.
Ich hole nach hinten aus, will diese Berührung jetzt nicht, doch trotzdem genügt sie, damit ich aufhöre auf den Sand zu schlagen.

"Julian.", die Stimme leise und erneut liegt die Hand auf meiner Schulter und ich sehe eine Person in meinem Sichtfeld auftauchen.
Jess, hat zu allem Zugang, er besitzt das Passwort für das Tor, für die Alarmanlage, hat die nötigen Schlüssel und er darf auch als Einziger hier hinunter zu der Bucht.

Schwer atmend schaue ich meinen besten Freund an, welcher nun vor mir hockt und spüre wie er seine Hand von meiner Schulter über meine Arm gleiten lässt.
"Ich konnte mir schon denken, dass du hier bist, nachdem ich im Dark Nights angerufen habe und die mir sagten, dass du nicht dort seist.", beginnt mein bester Freund.
"Jess... das... ich... Samu.", sage ich und finde nicht die richtigen Worte.
"Ich weiß.", äußert er und nickt leicht.

Ich balle meine Hände zu Fäuste, spanne Kiefer und Arme an und könnte schon wieder schreien.
Wir schweigen und nur das Rauschen des Meeres ist zu hören.
"Warum jetzt? Es war alles perfekt. Warum fickt mich das Schicksal jetzt so?", frage ich und senke meinen Kopf.

"Ich wusste ja, das Samuel etwas in dir bewirkt, aber das es so schlimm ist.", meint Jess und ich schaue ihn an, als ich antworte: "Samuel ist eben mein Kryptonit."
Jess' Hände legen sich auf meine Fäuste, streicheln über sie und ich löse sie. Er nimmt meine Hände in seine und drückt sie leicht.
Warum er mich nicht in den Arm nimmt, ist einfach zu erklären, ich mag das nicht und so wie Jess es gerade tut, ist es vollkommen okay.

"Samuel wird heiraten.", platzt es aus meinem besten Freund heraus und ich schaue ihn an.
"Was?", frage ich atemlos, denn ich bin mir sicher, mich verhört zu haben.
"Samuel wird heiraten. Eine Frau und er war noch Jungfrau, wenn du verstehst was ich meine?", sprudelt es weiter über  Jess' Lippen.
"Was hast du da gerade gesagt? Er heiratet was?", meine ich und ich bin mir sicher mein bester Freund spricht gerade eine andere Sprache.

"Er hat es vorhin erzählt, als du weg warst. Samuel heiratet eine Frau.", äußert Jess und ich entziehe ihm meine Hände, lege sie auf mein Gesicht und reibe sie darüber.
Dann senke ich sie wieder, schaue meinen besten Freund an und sage: "Du gehst jetzt in die Villa, in den Keller zum Partyraum und holst Alkohol."
"Aber... .", beginnt Jess, doch ich unterbreche ihn: "Nichts aber. Mach einfach!"
Jess steht auf und geht, während ich meine Gedanken ordne.

Samuel wird heiraten. Er wird eine Frau heiraten.
Ich habe ihn gefickt, ihn entjungfert, wenn man das so nennen kann und ihm dabei geholfen seine Verlobte zu betrügen.

Fuck!

Danke liebes Schicksal, dass du mich dann gleich richtig fickst!

"Ich wusste nicht, was du wolltest, deswegen, habe ich mehr mitgebracht." sagt mein bester Freund und taucht wieder neben mir auf.
Er setzt sich, stellt alles in den Sand und reicht mir dann mein Shirt.
"Ich dachte, vielleicht willst du das haben.", meint  er und ich nehme es ihm ab, ziehe es mir über und schnappe mir dann den Wodka.
"Trinkst du mir mir?", frage ich und Jess lächelt leicht, bevor er antworte: "Denkst du ich lass dich jetzt allein? Auf gar keinen Fall."

Er schnappt sich ebenfalls eine Flasche und wir stoßen an.
"Auf das verfickte Schicksal!", sage ich und nehme einen Schluck aus der Flasche.
Wir trinken, reden, trinken, drehen uns bei den Gesprächen im Kreis, trinken, bis Jess dann eingeschlafen ist.

Ich bin betrunken, als ich eine wahnsinnig gute Idee habe.
Ich schnappe mir Jess' Handy, entsperre es und suche Kennys Telefonnummer.
Ohne nachzudenken, wähle ich die Nummer, doch ich erwische nur die Mailbox.

"Kenny, Julian hier," lalle ich los, schlucke und fahre dann fort: "Diese Nachricht ist für Samu."
Ich mache eine Pause, hickse und sage dann: "Samu, du heiratest eine Frau. Du? Das geht nicht."
Wieder hickse ich, nehme noch eine Schluck aus der Flasche und rede dann weiter: "Ich weiß wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesehen, aber," mir entweicht ein Rülpsen und dann spreche ich weiter:  "Ups sorry. Aber das was wir da vorhin hatten war gut. Du kannst doch jetzt nicht einfach heiraten."

Wieder nehme ich einen Schluck aus der Flasche und meine dann: "Es war einfach der Hammer, dich endlich bei mir zu haben."
Dann lege ich auf und das Telefon zur Seite.
Der Morgen dämmert, als ich mich in den Sand zurück fallen lasse und einschlafe.

Never EnoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt