Julian (27)

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"Mister Kane ist ausgezogen.", sagt mir Hugh als ich vom Strand wieder ins Haus komme.
Ich runzle die Stirn und frage: "Wann?"
"Kurz nachdem sie nach draußen sind Sir.", antwortet Hugh und ich sehe einen Zettel auf der Anrichte liegen.
Ich nehme ihn zu Hand und lese was Samuel mir aufgeschrieben hat.
Warum auch immer sein Vater mich sehen will, ich werde morgen hinfahren. Heute ist es schon ein wenig zu spät.

Ich ziehe mich in mein Schlafzimmer zurück und schaue auf mein Handy.
Samuel hat sich nicht gemeldet um mir das was Hugh mir gesagt hat, selbst mitzuteilen. Eine Nachricht wäre nötig gewesen, aber anscheinend ist es ihm nicht wichtig genug.
Ich lege mich hin, will über den ganzen Scheiß nicht mehr nachdenken und schlafe dann kurz darauf auch ein.

Als ich am nächsten Mittag dann vor dem Navykrankenhaus stehe, frage ich mich immer noch, warum Samuels Dad mich sehen will.
Ich trete also in die Klinik, fahre mit dem Aufzug in die dritte Etage und suche dann das besagte Zimmer.
Davor angekommen, atme ich nochmal durch und klopfe dann an.

"Herein.", höre ich und öffne die Zimmertür.
"Mister Kane.", begrüße ich ihn und schließe die Tür hinter mich.
"Bist du allein?", fragt er und ich antworte: "Ja bin ich."
"Um so besser. Ich habe dich hierher bestellt, weil ich dir was sagen wollte.", beginnt er, während ich vor seinem Bett stehe.
"Und das wäre?", frage ich und lasse mich nicht einschüchtern. Nicht von ihm, dass hat er auch damals schon nicht geschafft, falls wir uns mal über den Weg gelaufen sind.

"Julian, ich möchte mich bei dir bedanken, dass du so schnell geholfen und dadurch schlimmeres verhindert hast. Aber trotzdem, ändert das nichts an der Situation.", beginnt er und ich ziehe meine rechte Augenbraue hoch.
"Was für eine Situation?", bringe ich hervor und befeuchte meine Lippen, während er antwortet: "Dass ich in meiner Familie keine Schwuchteln dulde. Ich will dass du die Finger von meinem Sohn lässt. Ich werde schon eine passende Frau für ihn finden. Dann wird er auch einsehen, dass wahre Liebe nur zwischen Mann und Frau herrschen kann."

"Sie sind sich ihrer Sache ja sicher.", äußere ich nur und höre wie er antwortet: "Samuel wird heiraten, dafür werde ich schon sorgen."
"Mhm und was haben sie dann davon? Einen Sohn der unglücklich ist, weil sie ihn zu einem Leben zwingen, das ihn nicht glücklich macht.", meine ich und mein Blick wird dunkler.
"Und du denkst mit jemandem wie dir, kann er glücklich sein. Oh nein, ganz sicher nicht. Du steckst ihn wahrscheinlich noch mit irgendwelchen Krankheiten an und springst von Bett zu Bett, so wie ihr Schwuchteln das doch alle tut.", knurrt er und ich verdrehe die Augen, zeige mich ihm gegenüber wenig beeindruckt, von dem was er da faselt.

"Wissen sie was Mister Kane," beginne ich und gehe zur Tür, habe die Klinke in der Hand und fahre dann fort: "Vielleicht hätte ich doch lieber nicht so schnell reagieren sollen. Dann hätte sich ihr dummes Gelaber von allein erledigt."
Ich öffne die Tür, gehe hinaus und höre noch wie Mister Kane erbost meinen Namen ruft, doch ich schließe die Tür wieder und verlasse dann das Krankenhaus.
Was für ein Wichser.

Draußen angekommen, nehme ich mein Handy zur Hand und tippe Samuel eine Nachricht:

Samu,
ich war bei deinem idiotischen Vater.
Er gab mir zu verstehen, dass ich aus deinem Leben verschwinden soll.
Da du es noch nicht mal für nötig gehalten hast, mir irgendwie mitzuteilen,
dass du ausziehst oder sonst irgendein Lebenszeichen von dir gekommen ist, gehe ich
davon aus, dass du das auch willst.

Also werde ich mich zurück ziehe, dann kannst du dein Leben leben und ich stehe dir
nicht mehr im Weg. So kann ich dich auch nicht immer und immer wieder
verletzen.
Ich hab es gestern gesehen, dass ich es getan habe, als wir uns in der Küche trafen.
Wir beide wussten von Anfang an, dass wir keine Freunde sein können, also sollten wir
es hier beenden, bevor es nur noch schlimmer wird.

Julian


Ich lese die Nachricht noch mal durch und schicke sie dann weg und mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich auch nichts mehr darauf hören werde.

Am Abend bin ich dann im Dark Nights mache meine Arbeit und irgendwann kommt Jess ins Büro getrottet.
"Na alles klar?", frage ich nebenbei, doch schaue weiter auf den Bildschirm vor mir.
"Wie man's nimmt.", antwortet er nur und ich sehe im Augenwinkel, dass Jess sich vor den Schreibtisch auf den Stuhl setzt.
"Kenny hat mir da was erzählt.", macht er weiter und ich frage wenig interessiert: "Mhm und was?"
"Samuel zieht um, er weiß zwar noch nicht wohin, aber er wird es tun. Er will dir nicht mehr länger über den Weg laufen und auch nicht länger in der Wohnung leben, in welcher er mit Andrea gewohnt hat.", äußert mein bester Freund.

Ich schaue weiter auf den Bildschirm als ich antworte: "Okay, dass mit der Wohnung kann ich nachvollziehen. Ich hoffe dass er, wo auch immer eine schöne Wohnung findet."
"Sag mal Julian, hörst du mir eigentlich zu?", wird Jess lauter und steht auf.
Sein Fäuste sind auf meinen Schreibtisch abgestützt und sein Blick fixiert mich.

Ich wende meinen Blick vom Bildschirm ab, lehne mich zurück und antworte: "Ja, ich hab jedes einzelne Wort gehört."
"Und du willst nichts unternehmen, damit Samuel bleibt?", fragt er, während ich den Stift in meiner Hand drehe.

"Nein, was soll ich denn tun? Zu ihm laufen und mich bei ihm entschuldigen, weil ich Hugh anstatt ihn gefickt habe? Das bin ich nicht und das werde ich auch niemals tun. Wir haben keinerlei Beziehung, also muss ich mich für gar nichts entschuldigen. Es ist immer noch meine Sache, was ich wann und mit wem mache. Er hat sich entschieden umzuziehen, gut dann soll er das tun. Sein idiotischer Vater wird dann schon den Rest seines Lebens planen. Samuel hat es sich so ausgesucht, also bitte, soll er unglücklich werden.", meine ich und blicke zu meinem besten Freund hinauf.

"Du lässt ihn also einfach gehen?", fragt er dann und setzt sich nun auch wieder hin.
"Ja Jess, genau das tue ich. Ich lasse ihn einfach gehen. Es ist besser so.", antworte ich und mein bester Freund haucht: "Aber du liebst Samuel doch."
Ich spanne meinen Kiefer an, nehme meinen Blick dabei jedoch nicht von Jess und antworte dann: "Auch das wird irgendwann vorbei gehen. Jess, wenn Samuel es nicht schafft zu dem zu stehen was er will, wenn er weiter nur eine Schachfigur im Leben seines Vaters sein will, dann soll er das tun."
"Aber du sagtest zu ihm, dass du ihn nicht allein lässt?", meint Jess und blickt mich an als ich antworte: "Ja das stimmt, aber Samuel hat mich allein gelassen und wie beim ersten Mal schon, werde ich auch dieses Mal drüber hinweg kommen."

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