Julian (21)

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"Kenny.", sage ich harsch als der Krankenwagen abgerauscht ist und er schaut mich ängstlich an.
"Du fährst jetzt zu Samus Mutter und holst sie ab. Sie wird ins Krankenhaus wollen. Jess, du bleibst hier und wartest auf die Angestellten, sagst ihnen was passiert ist und kommst dann hinterher?", gebe ich von mir und mein bester Freund fragt: "Und du?"
"Was und ich? Ich fahre ins Krankenhaus zu Samu. Er braucht mich." meine ich nur, laufe zu meinem Auto und starte den Motor, lasse die Reifen beim Anfahren quietschen und düse durch die Stadt ins Krankenhaus.

"Wo finde ich Mister Kane?", frage ich am Empfang nach und die Dame dort antwortet: "Gehören sie zur Familie?"
Sie tippt dabei auf dem Computer rum, der vor ihr steht und ich antworte geistesgegenwärtig: "Ja gehöre ich, also?"
"Er ist im OP."; meint sie und erklärt mir den Weg zum Wartebereich.

Ich laufe los, komme im Wartebereich an und sehe Samuel auf einem der Stühle sitzen.
"Samu.", hauche ich und hocke mich vor ihn hin.
Er schaut mich an und ich sehe Tränen die über seine Wangen laufen.
"Komm her."; sage ich und stelle mich hin, ziehe ihn auf seine Beine und schließe ihn in meine Arme.
"Er ist im OP, er hat ein Gerinnsel, dass den Schlaganfall ausgelöst hat..", meint er und schaut mich dann an.

Ich wische ihm die Tränen von den Wangen und antworte: "Samu, es wird alles gut werden, wir haben es früh genug erkannt. Das ist schon die halbe Miete für eine gute Genesung."
"Dank dir haben wir es früh erkannt. Julian, ich danke dir.", sagt er und erneut wische ich ihm seine Tränen weg.
"Wo sind die anderen?", fragt er dann und ich äußere: "Kenny fährt zu deiner Mutter und holt sie ab. Jess sagt deinen Angestellten Bescheid, was passiert ist und will dann auch herkommen."
"Das du immer so einen kühlen Kopf bewahrst. Das habe ich in der Schule an dir immer schon gemocht.", entgegnet er mir und ich blicke ihn einfach nur an, bis ich sage: "Schreib Kenny wo wir sind, damit sie nicht erst fragen müssen."

Er nickt, tritt zurück und zieht mit zittrigen Fingern sein Handy aus der Tasche.
"Gib her.", sage ich, als ich sehe das Samuel es nicht schafft sein Telefon zu bedienen.
Als er es mir gegeben hat, wähle ich Kennys Nummer und als ich seine Stimme höre erkläre ich ihm wo sie im Krankenhaus hin müssen.
"Wir sind gleich da, ich hab Jess nur wieder von der Praxis abgeholt.", meint er dann und ich antworte: "Fahrt vorsichtig."

Wir legen auf und ich reiche Samuel das Telefon zurück. Er nimmt es mir ab, steckt es wieder in seine Hosentasche und setzt sich wieder auf den Stuhl.
Ich nehme neben ihm Platz und lege meine Hand auf sein Knie.
Er hingegen lässt seinen Kopf auf meiner Schulter sinken und wir schweigen.

"Samuel Baby.", höre ich plötzlich und er springt auf.
"Mom.", sagt er und geht auf sie zu.
Beide fallen sich in die Arme, während Jess und Kenny an den beiden vorbei gehen und sich zu mir gesellen.
"Alles okay?", fragt mich Jess und ich nicke, bevor ich antworte: "Soweit es okay sein kann, ist es okay, ja."

"Oh mein Gott Julian.", nehme ich die Stimme von Samuels Mutter wahr und ich stehe auf.
"Das wir uns nochmal wiedersehen.", sagt sie und kommt auf mich zu.
Ihre Arme sind ausgebreitet und ich weiche zurück.
Ich will das nicht, ich mag das nicht. Nur er, nur Samu, bei ihm will und mag ich das.

"Hallo Celine.", meine ich und strecke ihr meine Hand hin.
Etwas verdattert bleibt sie stehen, senkt dann aber ihre Arme und nimmt meine Hand entgegen.
"Samuel sagte gerade das du schnell reagiert hast.", sagt sie, nachdem wir die Hände wieder gelöst haben und ich nicke bevor ich antworte: "Ja hab ich. Ihr Mann wird gerade operiert, er hat wohl ein Gerinnsel, das den Schlaganfall ausgelöst hat. Samu sagte mir das gerade."
"Hat er mir auch gesagt.", sagt sie und senkt ihren Kopf.

Samuel, stellt sich zu seiner Mutter, nimmt sie in den Arm und ich höre wie er sagt: "Mom, es wird alles gut werden. Vater schafft das, er ist ein Kämpfer."
"Danke mein Junge.", meint sie nur und löst sich von ihrem Sohn.
Wir setzen uns alle hin und sie fragt: "Wie konnte das überhaupt passieren?"
"Naja, vielleicht hat ihn die Nachricht überfordert die er bekommen hatte, als er zu Samu in die Praxis kam.", bringe ich hervor und Celine runzelt die Stirn.
"Welche Nachricht?", fragt sie und ich meine: "Jess, zeig ihr das scheiß Video."
"Jetzt?", fragt er ungläubig und ich antworte: "Ja jetzt, falls es sie auch von den Socken haut, ist der Weg nicht mehr soweit."

Sprachlos schauen sie mich alle an, aber mir ist es gerade egal was sie von mir denken. Ich bin wütend und weiß noch nicht mal richtig warum. Wird er sie trotzdem heiraten?

"Das war derb Julian.", kommt es von Jess und ich blicke ihn an, als ich antworte: "Du kennst mich doch nicht anders. Und jetzt zeig ihr das Video."
Ich sehe das Jess sein Handy entsperrt und auch wie Samuels Mutter zusammen mit ihrem Sohn das Video schaut.
"Dieses Flittchen.", bringt Celine hervor: "Ich wusste von Anfang an, dass was mit ihr nicht stimmt."
Sie steht auf und läuft etwas hin und her. Man sieht ihr an das sie sauer ist, das sie hin und her gerissen ist und dann stehe ich auf, lege ihr die Hand auf ihre Schulter und sage: "Celine beruhigen sie sich. Andrea ist es nicht wert, dass sie auch noch auf dem OP-Tisch landen."
"Du warst damals immer schon so direkt Julian. Du hast es nicht verlernt.", meint sie und bleibt vor mir stehen.

Ich zucke mit dem Schultern und blicke an ihr vorbei zu Samuel.
Ich lasse Celine stehen, gehe an ihr vorbei und nehme ihn in den Arm.
Es ist fast so als würde Samuel ertrinken, würde er sich nicht an mir festklammern.
Ich streiche ihm über den Rücken, kann nur bedingt nachvollziehen, was in ihm los sein muss und sage deshalb: "Ich bin da okay... Immer."
Er drückt sich noch etwas näher an mich und ich streiche weiter seinen Rücken auf und ab, halte ihn und höre: "Danke Julian."

Etwas später steht dann der Arzt vor uns, welcher die OP an Samuels Vater vorgenommen hat.
Er teilt uns mit, dass die OP gut verlaufen ist und wir zu ihnen können.
"Ich sagte doch, es wird alles gut werden Samu.", sage ich anschließend und er nickt, bevor er antwortet: "Ich gehe mit Mom jetzt zu ihm."
"Ich sollte das nicht tun Samu, wir beide wissen warum.", entgegne ich ihm und er nickt.

Zu gern würde ich ihn jetzt zu mir ziehen, ihn küssen und ihm so etwas Kraft geben.
"Ich begleite euch.", sagt dann Kenny zu den beiden und gibt Jess einen Kuss.
"Samu, ich kann hier warten wenn du willst.", meine ich und er schaut zu mir, dann lässt er den Arm von den Schultern seiner Mutter sinken, kommt auf mich zu und haucht mir einen federleichten Kuss auf die Lippen, bevor er antwortet: "Ich melde mich bei dir, aber du solltest jetzt gehen. Wir werden bestimmt länger bei meinem Vater sein."

Ich nicke nur, spüre ein leichtes Kribbeln auf meinen Lippen und sehe Samu hinterher, wie er mit Kenny und seiner Mutter den Flur entlangläuft.
"Komm Julian, lass uns einen Kaffee trinken oder so.", höre ich meinen besten Freund, welcher mir seine Hand auf meine Schulter legt.
Ich nicke, wende mich dann ab und verlasse wenig später mit Jess das Krankenhaus.

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