Die Zeit rennt

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Only time - Enya

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Anfang Oktober. Knapp drei Wochen waren vergangen, seitdem der Pitbullwelpe sein zu Hause wechselte. Die Hündin fand jemanden, der genau zu ihr passte. Ein Mädchen, Mitte 20, das ihren Vater durch Krebs verlor. Das Mädchen und der Welpe passten auf Anhieb zusammen und die kleine Maja, so wie der Welpe getauft wurde, hat uns wohl schnell vergessen. Freudig tapste der Welpe aus der Fabrikhalle in ein neues Leben. Somit waren alle Hunde, die als erstes bei uns ankamen, vermittelt. Alle außer der Rottweiler. Inzwischen hatte er einen Namen bekommen, Bodo. Er war schon so lange bei uns, das wir ihn sogar an Wochenenden mit nach Hause nahmen. Doch Bodo und seine Mitbewohner waren momentan Nebensache für mich. Mom stand im Mittelpunkt meines Lebens. Denn der Krebs hatte sie gepackt.

Ich stieg aus dem Geländewagen und zog meine Weste zu. Von der Rücksitzbank hob ich die alte Hündin Blue.Meine Kapuze hing mir im Gesicht und ich lief zügig über den vollen Parkplatz. Im Gebäude angekommen nahm ich den Fahrstuhl in die dritte Etage. Während der kurzen Fahrt nahm ich meine Kapuze ab und sah in den Spiegel des Aufzuges. Mein Gesicht war blass und meine Haare hingen zerzaust über meine Schultern. Erschöpfungen spiegelte mein Körper wieder. Mit einem leisen 'Pling' öffnete sich die Tür des Fahrstuhls und ich ging über den menschenleeren Flur. Ein Blick durch das Fenster verriet einem, das es bereits spät abends war. Es wunderte mich, dass ich heute alleine war. Denn normalerweise waren meine Brüder, Dad oder sonst wer hier. Am meisten verwunderte mich jedoch, das kein Paparazzo sich in die Nähe dieses Gebäudes gewagt hatte.
Ich ging also über den Flur und alles was man hörte war das Klappern meines Schnallen an meinen Lederboots und Klappern von Blue's Hundmarke an ihrem Halsband. Vor dem Zimmer 138 machte ich Halt und klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten betrat ich den schneeweißen Raum und schloss die Tür leise hinter mir. Langsam ging ich auf das Bett zu und setzte mich auf den Stuhl daneben. Mom lag blass in ihrem Bett an zahlreichen Schläuchen angeschlossen.

"Mom?"-ich fast tonlos. Sie öffnete die Augen und auf ihren Lippen bildete sich ein kleines Lächeln.

"Yana?"-sie.

"Ja Mom. Und Blue"-ich flüsternd.

"Du musst nicht flüstern mein Engel. Ich hab die ganze Zeit auf euch gewartet und nur die Augen geschlossen, um meine Vorfreude zu zügeln"-sie lächelnd und richtete sich langsam und schwach auf.

"Sorry. Ich konnte nicht schneller kommen. Ich war so lange bei den Hunden und es war so viel Verkehr"-ich.

"Alles gut Yana. Hauptsache du bist da. Kommt Charlie auch noch?"-sie. Ich schüttelte den Kopf.

"Nein. Er war den ganzen Tag in der Werkstatt und ist jetzt total müde zu Hause"-ich.

"Männer. Kaum müssen sie mal arbeiten, schon sind sie zu nichts mehr fähig"-Mom und lachte leise. Ich sah zu Boden und nickte.

"Was ist los mein Schatz?"-sie besorgt.

"Alles gut"-ich und lächelte.

"Ich mag es wenn du lächelst, aber bitte sag mir die Wahrheit"-Mom

"Du musst dir nicht noch mein Probleme anhören"-ich und legte meine Hand auf ihre.

"Yana, ich liege hier den ganzen Tag und langweile mich und deine Probleme sind meine Probleme"-sie.

"Die Hunde machen momentan sehr viel Arbeit. Der Rottweiler findet einfach nicht den richtigen Menschen. Ich sehe Charlie fast gar nicht mehr, und wenn nur total müde und Dexter ist im Pflegealter angekommen"-ich und musste beim letzten Punkt leicht schmunzeln.

"Yana, Männer sind nun mal kompliziert und da schließ ich Dexter jetzt mal mit ein. Und das mit den Hunden, wenn es die zu viel wird, dann lass es lieber. Dein Privatleben soll darunter nicht leiden"-Mom und lächelte mich an.

"Ich bewundere dich. Du hast es von uns allen am schwersten und kannst am positivsten die Dinge betrachten"-ich. Blue stand auf und versucht in Mom's Bett zu springen. Ich half ihr, indem ich sie hinein hob. Die Hündin kuschelte sich an den Körper von Mommy und schloss die Augen. Sie war froh bei ihrer kranken Besitzerin zu sein.

"Jeden Tag muss ich mich zu Tode langweilen und freue mich dann auf den Abend, da ich weiß dass du mit Blue vorbeischaust, Brian und deine Brüder zu Besuch kommen. Das ist der Grund weshalb ich jeden morgen aufs neue die Augen öffne"-sie und sah lächelnd auf Blue. Ich legte meinen Kopf auf ihren Bauch und sah gegen die Wand.

"Hast du Angst vorm Sterben?"-ich.

"Nein. Ich habe Angst euch traurig zurückzulassen"-sie und strich über meinen Kopf.

"Wo nimmst du bloß all diese Kraft her?"-ich ratlos.

"Von meiner Familie. Von dir, Brian, Dylan und Louis. Und so komisch es auch klingt. Ganz besonders von Blue."-sie leise.

Together, we are strongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt