Abschied

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Auf anderen Wegen - Andreas Bourani

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Ich saß auf der Küchenbank und hielt meine Tasse Tee in den Händen. Schweigend sah ich auf die Tischplatte. Ich war völlig fertig. Mom lag im Krankenhaus und kämpfte um ihr Leben, die Crazy Monkeys würden bald wieder mit mir auf Tour gehen, Charlie uns ich stritten nur und Dexter brauchte in seinem Alter noch mehr pflege als sonst. Einzig positive, immer mehr Interessenten für die Hunde meldeten sich. Die Wärme und Liebe die damals dieses Backsteinhaus füllten, waren nicht mehr vorhanden. Streng genommen ist all dieses vertraute, und von mir geliebte, Umfeld in den letzten Wochen geschrumpft und teilweise sogar verschwunden. Es hat sich so viel geändert. Charlie und ich waren nicht mehr wie ein Paar, sondern wie eine Wohngemeinschaft. Wir sahen uns kaum und wenn doch, dann waren wir beiden völlig fertig und hatten keine Kraft die Probleme des anderen anzuhören. Das hatte ich in den letzten Tagen bemerkt. Auch Charlie hatte es festgestellt. Seine Interessen lagen im Reisen mit den Monkeys, in Abenteuern, in seinen Autos, im Sport. Er wollte nur Aktion. Meine Interessen lagen bei meinem Hund, meiner Familie, der Musik und in erster Linie bei meiner kranken Mutter. Ich wollte Schutz und Geborgenheit. Das konnte Charlie nicht geben. Er wollte was erleben und ohne nachzudenken umher Reisen. Das konnte ich ihm nicht geben. Gestern hatten wir also den Entschluss getroffen, uns zu trennen. Ja, mag plötzlich kommen, war aber absehbar. Es hatte einfach keinen Sinn mehr. Spätestens heute Abend wollte Charlie aus dem Haus raus sein. Er hatte sie freie Wohnung über der Werkstatt bekommen. Los bin ich ihn trotzdem nicht. Wir würden weiterhin beide zu den Crazy Monkeys gehören und früher oder später zusammen umher touren.

Die Küchentür öffnete sich und Charlie kam rein. Er sah mich kurz kalt an und ging dann ins Wohnzimmer. Vor dem Kamin stand eine Kiste mit Sachen, die er mitnehmen wollte. Er hob sie hoch und ging durch die Küche in den Flur und verschwand. Kurz darauf steckte er seinen Kopf wieder in die Küche und sah mich fragen an.

"Brauchst du noch etwas?"-er

"Ich kann auf mich selbst aufpassen"-ich monoton und sah auf meine Tasse Tee.

"Yana Brooks. Dein Nachname macht dich zu etwas großem, deine Taten noch nicht"-er und man hörte einen scharfen Unterton heraus.

"Sorg dafür das alle deine Autos in den nächsten zwei Tagen vom Hof sind, oder ich verkaufe sie"-ich mit zusammen gebissenen Zähnen. Er sah mich desinteressiert an und knallte dann die Haustür zu. Man hörte noch wie ein Sportwagen von der Auffahrt fuhr, dann war es still. Sehr still. Die Wanduhr war das einzige was man hörte. Mein Leben war still. Entweder hörte ich Hundepfoten auf Beton, die Wanduhr und die Geräte im Krankenhaus, an denen Mom hing. Ich stützte mein Gesicht in meine Hände und begann zu weinen. Mein Leben wächst mir über den Kopf und ich kann mich nicht einfach verstecken. Mein Vater ist ein bekannter Schauspieler, meine Mutter Top-Model, meine Brüder sind ein Teil der bekanntesten Jungsgruppen, die durch die Welt touren und Fans glücklich machten. Mein Handy blinkte auf und vibrierte. Ein Anruf. Das Bild meines älteren Bruders war zu sehen. Ich ging einfach nicht ran. Nach dem vierten Klingel ging meine Mailbox an.

"Wo auch immer du dich gerade rum treibst. Vielleicht könntest du im Büro vom KSWH auftauchen. Es hat sich ein Interessent gemeldet, der einen Hund braucht. Eine spezielle Persönlichkeit. Hab dich lieb Kleine."-Dylan.

Ich holte tief Luft und wischte meine Tränen weg. Müde stand ich auf und stellte meine Tasse auf die Spüle. Im Flur zog ich mir meine Schuhe über und griff zu meiner Jacke.

"Komm Großer"-ich zu meinem Rüden. Mit einem Ruck stand der alte Hund auf. Es dämmerte bereits als ich von der Auffahrt runter fuhr und in den Straßenverkehr eintauchte. Als ich dann endlich auf dem Grundstück unserer Organisation stand, die inzwischen einen Namen bekommen hatte, war es stockfinster. Neben den Parkplätzen stand ein Schild auf dem 'Kalte Schnauzen, warme Herzen' stand. So hatten El und ich unsere Organisation getauft. Mit Dexter zusammen betrat ich den Eingangsbereich. Gelbliches Licht erleuchtete den Empfangstresen und die Ecke mit den Sofas. An den Sofas blieb mein Blick kurz hängen. Ein Mann saß dort und stütze sich mit seinen Ellenbogen auf seinen Knien ab. Neben dem Mann lag eine schwarze Lederjacke. Er trug ein Tanktop und seine Arme waren mit Tattoos übersät. Auf dem trug er eine Snapback falsch herum. Generell sah er durchtrainiert aus, doch er schien nicht der typische Macho zu sein. Er wirkte in sich gekehrt und hatte den Blick starr zum Fußboden gerichtet. Ich ließ Dexter bei dem Mann und betrat das Büro. Dort saß Dylan auf dem Drehstuhl und sah mich kurz an, als ich die Tür öffnete. Dann tippte er nachdenklich mit dem Kugelschreiber auf der Tischplatte rum und sah auf den Bildschirm des Computers.

Together, we are strongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt