Das 'letzte' Mal in der Öffentlichkeit

5.9K 418 17
                                    

Photograph - Ed Sheeran

______________________________

Der nächste Tag begann früh. Um 8:00 Uhr trafen wir uns zum frühstücken im Esssaal und waren ausnahmsweise sogar alle bereits fertig geduscht und angezogen. Selbst ich war nicht in Hausschuhen beim Essen erschienen. Heute würden wir zu einem Fantreffen gehen und so einige Unterschriften und Fotos verteilen.

"Wie machen wir das am besten?"-Mitchell.

"Wir sind nicht alleine da. Die Schauspieler des neuen Actionfilms sind auch da und auch zwei Footballer. Wir werden wohl einen eigenen Tisch bekommen, an dem wir sitzen werden, aber wir werden nicht im Mittelpunkt sein"-Charlie.

"Ein Glück"-Jus.

"Wird aber trotzdem stressig"-Dylan.

"Dy, wann erfährt die Presse von dem zwischen dir und El?"-Kyle.

"Keine Ahnung. Heute werden sie es bestimmt merken"-er und zuckte mit den Schultern. El sah mich genervt an und aß schweigend ihr Brot.

"Ihr zwei wart echt ein Traumpaar"-Charlie seufzend.

"Musst du gerade sagen!"-fuhr El ihn an.

"Sei still"-er.

"Charlie! Was fällt dir ein?!"-ich wütend und laut.

"Yana!"-Dylan bestimmt und trat mir gegen's Schienbein. Ich funkelte ihn böse an.

"Wir sind in der Öffentlichkeit Fräulein!"-er mit zusammengebissenen Zähnen.

"Du kannst mich mal"-ich und stand vom Tisch auf. El folgte mir. Mit dem Fahrstuhl ging es zu unserem Zimmer. Wir schminkten uns schnell nochmal über und leinten die Hunde an. Zum Eventgelände wären es nur 10 Minuten Fußmarsch. Das war angenehmer als mit den Jungs in einem Auto. Wir gingen nebeneinander her und genossen die Sonne. Die Hunde liefen vor uns.

"Die Jungs können so dermaßen nerven"-sie

"Dasselbe denken sie über uns"-ich

"Wie soll das bloß enden, wenn wir jetzt schon streiten?"-sie.

"Es wird Tote geben"-ich heiser lachend.

Wir waren am Hintereingang angekommen und zeigten unsere Ausweise vor. Die Frau gab uns VIP-Bändchen und wir konnten endlich die großen Hallen betreten. Unteranderem waren Filmkollegen von Dad da und Leute die ich vom sehen her kannte. Wir waren die jüngsten 'Künstler' auf diesem VIP-Treff. Vor dem Gebäude hatten sich bereits riesige Fanmassen gebildet, die nur noch rein wollten. Eine Frau erklärte uns wie der Ablauf aussah und welcher Personenschutz an unseren Platz bringen würde. Wir hörten brav zu und das ganze stellte sich als äußert spaßig heraus. Die Leute, mit denen wir es zu tun hatten, waren die nettesten Menschen die man sich nur vorstellen konnte. Die beiden Männer, die uns von A nach B bringen sollten, scherzten die ganze Zeit nur rum und hatten Spaß mit Dexter und Bentley. Ich war sehr verwundert darüber, wie liebevoll die beiden Hunde von den Veranstaltern und Beschäftigten angenommen wurden. Ich hatte damit gerechnet, das alle sagen würden, ich solle die Hunde in einen ruhigen Raum sperren. Doch die Frau meinte, da Bentley noch so jung wäre und Dexter zu den Monkeys gehöre, sollen beide mit zur Autogrammstunde. El und ich waren begeistert und lachten viel. In der Zwischenzeit kamen auch die Jungs endlich an, die sehr unentspannt waren. Dylan sah mich immer wieder sauer an, Charlie war mit seinen Gedanken abwesend, Kyle machte wie immer ordentlich Stimmung mit Louis und Jus und Mitchell waren einfach nur genervt.

"So, jetzt geht's gleich los. Ihr habt die Autogrammkarten auf den Tischen bereits liegen und ihr werdet in der ersten Runde knapp eineinhalb Stunden sitzen, dann kurze Pause und dann noch einmal zwei Stunden"-eine Frau. Wir nickten und machten uns auf den Weg zu unseren Tischen. Ich hatte einen Platz zwischen Dylan und Louis zugeteilt bekommen, doch da El nicht neben Dylan sitzen wollte, tauschte ich mit meinem älteren Bruder die Plätze. Dexter und Bentley legte ich hinter uns allen ab, sodass sie alles sehen konnten, aber nicht störten. Die erste Fans kamen an und sofort begann der Rhythmus für die nächsten Stunden. Autogrammkarte schreiben, in die Handykamera lächeln, ein zweit nette Worte wechseln und alles von vorne. Kyle machte mit Louis quatsch, trotzdem Charlie, Mitchell, Jus, El, ich und Dylan zwischen ihm und Lou saßen. Das er das immer schafft ist echt ein Phänomen. Eineinhalb Stunde vergingen schnell und wir wurden wieder Backstage gebracht. Die Jungs rauchten eine und ich machte gegen Louis ein Wettrennen auf Skateboards durch die Gänge des Backstagebereichs. So einige Filmstars brachten sich in Lebensgefahr, wenn sie ihre Garderobe verlasse wollten. Und auch als wir vorbei waren, sollten sie lieber noch einen Moment abwarten, sonst würde ihnen Bentley genau ins Knie laufen. Auf dem abgesperrten Parkplatz ging das typische Fußball spielen wieder los. Und auch die 10 Jahre alten schmerzenden Knochen von Dexter, hielten den Rüden nicht auf mit zu spielen, auch wenn er deutlich langsamer war als früher und dem Ball nur noch hinter her humpeln konnte. Dexter war am Start, so wie immer bei diesem Spiel. Die Frau die alles managen musste, holte uns schließlich wieder in das Gebäude, da unsere zweite Autogrammstunde begann. Wieder die selbe Aufstellung, wieder der selbe Rhythmus. Bentley und Dexter schliefen, nach ihren sportlichen Aktivitäten in der Pause, unter dem Tisch. Da der Andrang von Fans nicht aufhörte, saßen wir statt zwei Stunden, ganze drei Stunden. Dementsprechend gingen wir mehr als müde am späten Nachmittag nach Hause. Den restlichen Tag verbrachten die Jungs auf dem Zimmer von Kyle und Charlie und El und ich im Haus eigenen Schwimmbad. Am späten Abend trafen wir dann alle wieder zum Abendessen in der Pizzeria gegenüber vom Hotel zusammen. Es wurde wenig geredet und wenn, dann nur über die Autogrammstunden. Verhältnismäßig früh verließen El und ich die Jungs dann auch wieder und machten es uns im Doppelbett gemütlich. Wir schauten uns eine Reportage über Autos an, da nichts besseres im Fernsehen lief. Gegen 21:00 Uhr schleppten wir dann die beiden Hunde noch einmal in den Park, damit sie ihre Geschäfte erledigten. El hatte Bentley an der Leine, ich Dexter. Der alte Rüde schnüffelte an jedem Grashalm und wir kamen einfach nicht vorwärts. Morgen würde es weiter gehen nach New Orleans, sechseinhalb Stunden reine Fahrzeit.

Als El und ich endlich wieder im Hotelzimmer waren, suchten wir die Klamotten für den nächsten Tag raus und packten die Koffer soweit zusammen. Wir stapelten alles in einer Ecke. Bentley stand auf und schnüffelte an den Koffern, dann ging er wieder in seinen Korb und gab eine Art Seufzen von sich. Dexter ebenfalls. Scheinbar hatten beide Hunde weniger Lust weiter zu fahren. El und ich legten uns wieder ins Bett und schauten weiter die Doku an. Dexter richtete sich mühsam auf und ging zum Trinknapf. Er trank ein wenig und legte sich dann auf seine Decke. Bentley wurde plötzlich nervös und ging aufgeregt auf und ab. Dexter begann stark zu hecheln und zu zittern, wir öffneten das Fenster, doch es wurde nicht besser. Immer und immer wieder zitterte er. Das Hecheln wurde immer stärker. El sah mich verzweifelt an, ich sah sich ruhig an.

"Hol die Jungs, sie sollen Abschied nehmen"-ich. Eö gehorchte und lief aus dem Zimmer. Kurz darauf kamen Dylan reingeplatzt, hinter ihm Charlie. Beide sahen auf Dexter, der unruhig hoch sah.

"Setzt euch aufs Bett"-El zu den anderen Jungs die reinkamen. Sie gehorchten. El setzte sich auf den Sessel neben Bentley's Korb und sah verzweifelt auf Dexter. In meinem Hals bildete sich ein Kloß.

"Ruft einer mal den Tierarzt?"-Dylan.

"Jo"-Mitchell und griff zu seinem Handy. Dexter legte seinen Kopf zwischen seine Vorderpfoten und hechelte immer noch. Er schloss seine Augen und es schien, als würde er dösen. Dann öffnete er seine Augen wieder und sah uns alle an - sein Rudel. Seine Beine zuckten kurz, dann seine Rute.

"Ich brauche eine Decke"-ich. Kyle warf mir die zweite Decke von Dexter zu. Ich legte sie über seinen Körper, sodass wir nur noch seinen Kopf sahen. Er zitterte immer stärker. Dann hörte er auf zu zittern und sah uns ruhig an. Meine Augen waren wässrig, genau wie die der anderen. Dexter sah mich lange intensiv an. Dann schloss er seine Augen und sein Atem wurde er flacher. Er schlief ein, das letzte mal in seinem Leben. Um 21:57 Uhr starb Dexter an den Folgen seiner altersbedingten Beschwerden. Die Tierärzte holten nur noch seinen regungslosen Körper ab und äscherten ihn ein. Die Van-Tour wäre zu anstrengend für ihn gewesen. Alles was von dem starken Rüden blieb waren acht trauernde und verwirrte Monkeys und ein Haufen Erinnerungen an den Rüden, der mir Halt und Geborgenheit gab.

Together, we are strongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt