Five

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Meine rotbraunen Haare hatte ich zu einem lockeren Fischgrätenzopf geflochten, der auf meiner Schulter lag, das letzte bisschen meiner Wimperntusche hatte ich zusammen mit einem schwachen Lippenstift in mein Gesicht geschmiert und über meiner Schulter hing ein Rucksack, der gefühlte Tonnen wog. Suchend schaute ich mich im Getümmel am Flughafen um, wissend, dass ich wie eine Reisende aussah, obwohl ich mir immer noch nicht ganz sicher war, ob ich fliegen würde. Dann entdeckte ich Kai. Er stand mitten zwischen den unzähligen Menschen und warf einen ungeduldigen Blick auf die Anzeigetafel. Seine Haare waren genauso verwuschelt, wie an dem Abend, als ich ihn das erste Mal getroffen hatte, auf dem Rücken trug er einen Rucksack und neben ihm stand eine großer schwarzer Koffer. Weiße Kopfhörer schmiegten sich um seinen Hals und standen im Kontrast zu seiner gebräunten Haut und dem schwarzen T-Shirt, das er trug. Ich atmete tief durch und packte den Griff meiner Sporttasche fester, dann steuerte ich zielstrebig auf ihn zu. Als ich nur noch wenige Meter entfernt war, drehte er sich in meine Richtung und entdeckte mich. Ein erleichtertes Lächeln erschien auf seinen Lippen und ich blieb etwa einen Meter vor ihm stehen. Ich sah ihn an und in diesem Moment wusste ich, dass ich den Flughafen Richtung Deutschland verlassen würde. Es war die Art, wie er mich anlächelte, die mir Hoffnung gab. Hoffnung auf einen Neuanfang. "Ich schnarche, wenn ich krank bin. Nicht laut, aber dann schnarche ich. Ich mag keine Nüsse, wenn sie nicht in Nutella verarbeitet wurden. Ich esse nur Zartbitter- oder weiße Schokolade, Vollmilch schmeckt mir nicht. Ich hasse es, Wäsche zu sortieren, deswegen schmeiße ich immer diese Tücher mit rein, die verhindern sollen, dass die Wäsche sich verfärbt. Ich liebe Pizza Hawaii und Pizza ist das einzige, was ich vor dem Fernseher esse. Für alles andere muss ich unbedingt an einem Tisch sitzen. Ich bin süchtig nach Büchern, vor allem nach Krimis und Psychothrillern. Vielleicht bin ich deshalb so lebensmüde und fliege mit dir nach Deutschland, obwohl du ein Serienkiller sein könntest und ich dich kaum kenne. Aber mir ist bewusst geworden, dass mich hier nichts hält. Ich kenne kaum jemanden, habe nirgendwo echte Freunde gefunden und du bist seit Monaten der Erste, mit dem ich irgendwie auf einer Wellenlänge zu sein scheine. Deshalb möchte ich gerne versuchen, mit dir eine Ehe zu führen. Wenn du mich nach diesem dämlichen Monolog überhaupt noch mitnehmen willst." Ich verstummte und schob mir verlegen eine Haarsträhne hinters Ohr, dann sah ich Kai an, der ein wenig erschlagen schien von meiner Rede. Doch er berappelte sich ziemlich schnell wieder und grinste mich an. "Und wie ich dich immer noch mitnehmen will. Jetzt hast du mich nämlich neugierig gemacht. Das mit dem Essen musst du mir nochmal genauer erklären. Aber wir haben einen ziemlich langen Flug vor uns, da werden wir bestimmt Gelegenheit zum Reden finden." Er streckte mir seine Hand entgegen und ich machte zwei Schritte in seine Richtung, um sie zu greifen und unsere Finger miteinander zu verschränken. Lächelnd zog Kai mich in seine Arme und für eine kleine Ewigkeit standen wir einfach ineinander verschlungen da und ich atmete tief durch. Ich hatte es getan. Ich hatte mich für Kai und für Deutschland entschieden. Las Vegas war jetzt Geschichte, stattdessen standen mir neue Türen offen. Und die erste würde die Flugzeugtür sein.

"Willkommen in Köln." Müde sah ich mich am Flughafen um, in dem für die momentane Uhrzeit ganz schön viel los war. "Viele Geschäftsreisen beginnen um diese Uhrzeit", erklärte Kai, als ob er meine Gedanken gelesen hätte. Ich sah mich weiter um und nickte dann in Richtung des Exit-Schildes. "Da kommen wir raus." "Jap. Mein Kumpel Julian holt uns ab, ich hab dir vorhin von ihm erzählt." "Das ist der Zwieback-Junge, richtig?", hakte ich nach und Kai nickte lachend. "Genau. Sag ihm das aber bitte nicht ins Gesicht. Er hört ziemlich oft, dass er wie der Typ von der Zwieback-Verpackung aussieht." "Stimmt ja auch", entgegnete ich und zuckt mit den Schultern, dann liefen wir Richtung Ausgang. "Was erzählen wir deinen Freunden eigentlich? Die offizielle Variante, dass wir schon länger zusammen sind oder die Wahrheit?" "Das wird von Freund zu Freund variieren. Einige sind nur sehr gute Bekannte, denen können wir erzählen, dass Olivia und ich schon länger nicht mehr zusammen sind und wir beide uns schon eine Weile kennen, aber meinen engeren Freunden müssen wir die Wahrheit sagen, denn einige davon wissen auch, dass ich mit dem Gedanken gespielt habe, ihr einen Antrag zu machen." Unwillkürlich fiel mein Blick auf meine Hand, an der der Ring glitzerte, mit dem Kai eigentlich seiner Exfreundin den Antrag hatte machen wollen. Mir graute davor, sie irgendwann persönlich zu treffen und zu wissen, dass Kai mit dieser Frau eigentlich sein restliches Leben hatte verbringen wollen. Ich beschloss, diesen Gedanken erstmal in die hinterste Ecke meines Gehirns zu schieben und trottete neben Kai her aus dem Flughafen. Zu meiner Überraschung hörte ich ein vielfaches Klicken, als wir durch die Tür traten und entdeckte zu meiner Linken einige Menschen mit Kameras, die Fotos von uns machten. Instinktiv griff ich nach Kais Hand und als ich wusste, dass er mich festhielt und nicht loslassen würde, beruhigte ich mich und schaffte es zu lächeln. Wir erreichten einen schwarzen BMW, an dem ein blonder Mann lehnte. Ich erkannte den Zwieback-Jungen sofort und verkniff mir ein Grinsen. Als wir ihn fast erreicht hatten, stieß er sich von seinem Auto ab und lief uns entgegen. Wie ein wahrer Gentleman nahm er mir meine Reisetasche ab und zog dann erst mich und anschließend Kai in eine Umarmung. "Schön, dass ihr da seid", er nickte leicht in Richtung der Journalisten, "lasst uns hier wegkommen, damit ihr in Ruhe euren Jetlag ausschlafen könnt." Gemeinsqm mit Kai verstaute Julian unser Gepäck in seinem Kofferraum, dann ließ Kai sich auf den Beifahrersitz fallen und ich stieg hinten ein. Kaum hatte Julian seine Tür geschlossen, sah er uns an. "So, und jetzt möchte ich die Erklärung für dieses ganze Wirrwarr, das Kai mir bereits kläglich versucht hat zu erklären. Wieso genau sollte ich statt nur dir zwei Personen abholen und so tun, als ob ich sie schon länger kennen würde?" "Das ist eine lange Geschichte", murmelte Kai. Julian startete den Motor. "In der Innenstadt kommt man nur im Schritttempo voran. Wir haben Zeit."

Let's get married!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt