Thirty-Five (Part 1)

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"Hallo Kai, ich bin's wieder, Lilli. Das ist jetzt das vierte Mal diese Woche, dass ich bei deiner Mailbox lande, aber ich will mich nicht beschweren, immerhin drückst du mich nicht mehr weg. Ich wollte nur nochmal fragen, ob wir uns vielleicht treffen könnten, um über alles zu reden. Ich- ich möchte dir wirklich alles erklären und dir alle Fragen beantworten, die du bestimmt hast. Keine Lügen mehr, versprochen. Nur bitte- Bitte rede endlich mit mir, Kai. Es wird bald auffallen, dass wir nirgendwo mehr zusammen zu sehen sind und es auch immer seltener Pärchenfotos auf unseren Social Media Kanälen gibt. Natürlich ist das nicht der Hauptgrund, warum ich mich mit dir vertragen will, sondern weil ich dich als einen Freund betrachtete und ich dich nicht verlieren möchte. Also bitte, ruf mich zurück." Sobald ich aufgelegt hatte, seufzte ich tief und wollte gerade mein Handy sperren, als es zu klingeln begann. Aufgeregt sah ich aufs Display, doch zu meiner Enttäuschung stand da nicht Kais Name, sondern der seines Beraters. Ich atmete tief durch, dann hob ich ab. "Hallo Peter." "Hallo Lilli, wir haben lange nichts mehr voneinander gehört." "Hat Kai nicht mit dir über mich gesprochen?" "Oh doch, das hat er. Dabei ist das böse S-Wort gefallen: Scheidung. Ich hab gesagt, dass er das mit dir klären und ihr das wieder hinkriegen sollt, aber wie ich gestern bei meinem Besuch in eurem Haus feststellen musste, bist du sogar ausgezogen." Ich verkniff mir, ihm zu sagen, dass ich bereits vor einer ganzen Weile ausgezogen war. "Ja, ich bin ausgezogen. Kai und ich hatten einen bösen Streit und jetzt hasst er mich." "Das mag sein, aber seine Karriere hasst er nicht. Und seine Karriere hängt neben seiner sportlichen Leistung auch von seinem Image ab und dieses Image wird einen heftigen Dämpfer bekommen, wenn publik wird, dass ihr euch getrennt habt oder euch sogar scheiden lasst. Also sage ich es dir jetzt auch nochmal: Bekommt das endlich auf die Reihe, ihr beiden." "Dich interessiert überhaupt nicht, was Kai gerade durchmacht, oder? Seine Gefühle interessieren dich gar nicht", stellte ich fassungslos fest. Peter seufzte genervt. "Für seine Gefühle bin ich nicht verantwortlich, sondern für seine Karriere." "Wow, das war deutlich. Hast du das Kai auch schonmal so gesagt?" "Das weiß er. Ich bin ein Geschäftsmann." "Und ich bin Kais Privatsache. Also ist dieser Anruf unnötig." "Ich sehe schon, du verstehst, wie der Hase läuft. Auf Wiederhören." "Hoffentlich nicht so bald!", feuerte ich noch in den Hörer, dann legte ich wütend auf. Was für ein Arschloch!

Wenige Stunden später war ich gerade dabei, meine Hausarbeit für die Uni Korrektur zu lesen, als mein Display aufleuchtete. Neugierig schaute ich drauf und glaubte, mein Herz würde aussetzen, als ich sah, dass Kai mir geschrieben hatte. Er war bereit sich mit mir zu treffen, heute noch. Schnell antwortete ich, dass ich in einer Stunde bei ihm sein würde, dann stand ich auf und sah mich hektisch um. Ich musste gut aussehen. Also eigentlich war es nicht wichtig, wie ich aussah, aber ich wollte gut aussehen. Für Kai. Schnell lief ich zu der Kommode mit meinen Klamotten und suchte eine dunkelblaue Jeans und ein schwarz-rot-weiß-karriertes Flanellhemd heraus, dann unterzog ich mich im Bad einer schnellen Dusche, flocht meine Haare und trug ein wenig Wimperntusche auf. Als ich schließlich fertig angezogen vor dem Spiegel stand und auf die Uhr sah, stellte ich fest, dass ich hervorragend in der Zeit war. Zumindest solange ich mir Julians Auto ausleihen konnte. Eilig lief ich ins Wohnzimmer, wo der Blonde sah und auf seinem Handy herumtippte. Als ich reinkam, schaute er hoch und sah mich fragend an. "Hey, hast du was vor?" "Kai ist bereit, sich mit mir auszusprechen und hat mich zu sich eingeladen und ich brauche dein Auto, um zu ihm zu fahren. Bitte." Unsicher lächelte ich Julian an, der zu meiner grenzenlosen Erleichterung sofort nickte. "Klar. Der Schlüssel liegt auf dem Schränkchen im Flur." "Danke, danke, danke, du bist meine Rettung!" "Immer wieder gerne. Und Lilli?" "Ja?" "Ich drück dir die Daumen." Lächelnd nickte ich Julian zu. "Danke."

Je näher ich Kais Haus, wie ich es seit meinem Auszug in Gedanken wieder nannte, weil es jetzt ja irgendwie nicht mehr unser Haus war, kam, umso aufgeregter und panischer wurde ich. Vielleicht wollte er sich gar nicht aussprechen, sondern mir nur sagen, dass ich aus seinem Leben verschwinden sollte? Nervös parkte ich schließlich in einer Nebenstraße und lief zum Haus, wobei ich mir die größte Mühe gab, mir meine Anspannung nicht anmerken zu lassen, falls irgendwo Journalisten lauern sollten. Dann stand ich endlich vor der Haustür und klingelte und schon nach kurzer Zeit öffnete Kai die Tür und lächelte sogar ein wenig. "Hey, komm rein." Ich folgte seiner Aufforderung und schluckte hart, als ich sah, dass er sobald die Tür geschlossen war, sein Lächeln ablegte und mich einfach nur emotionslos ansah. "Ich dachte, wir setzen uns ins Wohnzimmer." Ich nickte. "Klingt gut." "Magst du was trinken?" "Nein, danke." Ohne weitere Worte liefen wir uns Wohnzimmer, wo Kai sich aufs Sofa fallen ließ und ich mich mit ein klein wenig Entfernung neben ihn setzte und meinen Körper so drehte, dass ich ihn ansehen konnte. "Also, du hast gesagt du möchtest mir alles erklären." "Ja, das möchte ich. Aber vorher wollte ich dir nochmal sagen, wie Leid es mir tut, dass ich dir nicht schon früher erzählt habe, dass ich im Gefängnis war. Es war nicht meine Absicht, dein Vertrauen zu missbrauchen. Ich hatte einfach Angst. Angst vor deiner Reaktion und Angst dich zu verlieren. Du bist seit langer Zeit der erste Mensch, dem ich wirklich vertraut habe und das wollte ich nicht kaputt machen. Dass ich es ausgerechnet durch meine Angst kaputt gemacht habe, nennt man wohl Ironie des Schicksals", murmelte ich bitter, aber Kai schienen meine Worte nicht wirklich zu interessieren. "Du bist hergekommen, um mir alles zu erklären und nicht, um dich wieder zu entschuldigen. Das hast ziemlich oft auf meiner Mailbox getan, falls du es vergessen haben solltest." "Nein, das hab ich nicht vergessen. Ich wollte es dir nur unbedingt nochmal persönlich sagen, um dir zu zeigen, dass ich es wirklich ernst meine." "Okay. Also, wieso warst du im Gefängnis?"

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