Gemächlich schlenderte ich durch das oberste Stockwerk des Hauses. Die vier leeren Zimmer regten meine Fanatasie an und ich überlegte, was man hier wohl alles machen konnte. Von unten erklang das Geräusch der Haustür, dann hörte ich Kais Stimme. "Lilli?" "Ich bin oben!", rief ich zurück, woraufhin ich Gepolter auf der Treppe und anschließende Schritte im Stockwerk unter mir wahrnehmen konnte. Schließlich rief Kai erneut meinen Namen und ich musste grinsen. "Ganz oben!", rief ich und kurze Zeit später wurden die Schritte meines Mannes lauter bis er neben mir stand. "Was machst du denn hier oben?" "Ich überlege, was man hier machen könnte." "Und, schon eine Idee?" Ich nickte und betrat eines der Zimmer. "Hier kommt immer viel natürliches Licht rein. Das wäre super für ein Musikzimmer." Kai lachte leise und ich sah ihn fragend an. "Ähm, ein Musikzimmer ist eine tolle Idee. Aber ich spiele gar kein Instrument." "Oh", entfuhr es mir, dann musste ich ebenfalls lachen. "Kannst du irgendwas spielen?", erkundigte Kai sich und ich nickte. "Klavier, Geige und Gitarre." Überrascht sah der Dunkelhaarige mich an. "Wow, krass. Und wieso diese drei?" "Zu Klavier und Geige hat meine Mutter mich gezwungen. Mit beidem musste ich schon in der Grundschule anfangen und hatte einmal die Woche Unterricht. Die Geige hab ich aufgegeben, sobald meine Mutter sich nicht mehr darum gekümmert hat, was ich mache. Die Klavierstunden hab ich eine Weile selbst bezahlt, dann reichte das Geld nicht mehr und ich hab mir nur noch selbst irgendwelche Lieder beigebracht." "Und Gitarre?" "Das hat mir mein erster Freund beigebracht. Und mit meinem musikalischen Gehör ist es mir leichtgefallen, neue Lieder zu spielen, wenn ich sie nur gehört habe." "Wow. Du steckst wirklich voller Überraschungen", murmelte Kai und lächelte mich sanft an. Ich zuckte die Schultern. "Wir kennen uns einfach noch nicht richtig, das ist alles. Aber das mit dem Musikzimmer sollten wir wohl vergessen, wenn du gar kein Instrument spielst." Verwirrt sah Kai mich an. "Aber du könntest spielen." Ich schüttelte leicht den Kopf. "Keiner von uns weiß, wie lange ich überhaupt hier wohnen werde. Du würdest Geld aus dem Fenster werfen, wenn du Instrumente für jemanden kaufst, der nicht für immer hier sein wird." Meinen Worten folgte Stille und ich überlegte, ob das vielleicht zu hart gewesen war. Aber andererseits war es nichts anderen als die Wahrheit. Ich würde nicht für immer hier wohnen, irgendwann würde Kai hier mit der Frau wohnen, die er liebte und was aus mir werden würde, wusste niemand. Es war unsinnig jetzt in Instrumente zu investieren, die Kai nie wieder brauchen würde. Und für die Instrumente wäre es schade, wenn sie irgendwann hier verstauben würden, weil sie niemand spielte. Ich seufzte leise und versuchte zu lächeln. "Dann überlege ich mir halt was anderes. Irgendwann wirst du einen oder zwei der Räume vielleicht für Kinder brauchen. Das solltest du auch bedenken." "Dafür bräuchte ich erstmal eine Frau, mit der ich Kinder kriegen kann", murmelte Kai und gegen meinen Willen versetzten mir diese Worte einen Stich. Eigentlich konnten mir solche Aussagen egal sein, denn wir liebten uns nicht und das hier war nur eine Zwecksgemeinschaft. Aber irgendwie tat es doch weh zu wissen, dass wir keine gemeinsame Zukunft in diesem Haus haben würden. Um die bedrückende Stille zu brechen, räusperte ich mich und versuchte zu lächeln. "Wie lief das Training?" "Gut", antwortete Kai sofort, offensichtlich erleichtert über den Themenwechsel, "Alle sind heiß aufs erste Spiel." "Das klingt echt gut. Was zieht man eigentlich ins Stadion an?" "Da fragst du wahrscheinlich am besten eins der Mädels. Ich glaube, auf den Rängen kann es ganz schön heiß werden, weil da ja echt viele Leute eng beieinander sind." "Okay, dann frag ich mal Angi oder so. Magst du uns jetzt was leckeres kochen? Ich sterbe vor Hunger." Kai nickte. "Klar, auf was hätte die Dame denn Lust?" "Hm. Überrasch mich!" "Okay. Einmal Menü Surprise kommt sofort." Ich musste kichern und Kai drückte mir einen Kuss auf die Wange, bevor er nach unten verschwand. Ich drehte mich um und schaute nochmal in den Raum, den ich als Musikzimmer auserkoren hatte. Er war wirklich perfekt, aber der rationale Teil in mir wusste, dass es keinen Sinn hatte, Geld in Instrumente zu investieren, die niemand spielen würde. Seufzend lehnte ich mich gegen den Türrahmen. Das hier war alles auf Zeit. Und zum ersten Mal wurde mir bewusst, welche Last es war, nicht zu wissen, wann das hier alles vorbei sein würde. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Vielleicht würden wir uns nöchste Woche so heftig streiten, dass wir die Zusammenarbeit beendeten, vielleicht würde es aber auch so gut funktionieren, dass wir die Lüge ein ganzes Jahr lang aufrechterhalten konnten. Weder Kai noch ich wussten irgendwas. Und zum ersten Mal machte mir das wirklich Angst. Solche Angst, dass ich meine Arme um mich schlang und mich beeilte, nach unten in die Küche zu gehen, wo Kai am Herd stand, damit ich nicht allein war. Während er in mehreren Töpfen rührte und ich ihn dabei beobachtete, wurde ich ruhiger und ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Kai war mir in den letzten Tagen unglaublich wichtig geworden und ich war erleichtert und glücklich, dass wir uns anfreundeten. Die Ehe-Lüge zu leben wäre um ein vielfaches schwerer geworden, wenn wir uns nicht so gut verstehen würden. Vielleicht war doch nicht alles so schlimm, wie es mir vorhin noch vorgekommen war, aber in manchen Momenten schlichen sich diese Gedanken einfach ein und ich konnte nichts dagegen tun. Es überraschte mich, wie viel schon passiert war, obwohl ich erst seit eineinhalb Wochen hier wohnte. Es fühlte sich tatsächlich schon ein wenig wie mein Zuhause an und eigentlich gab es viele Gründe daran zu glauben, dass Kai und ich es schaffen würden, der Welt eine Weile unsere Ehe vorzulügen. Innerlich seufzend versuchte ich mich nicht mehr auf meine wirren Gedanken zu konzentrieren, sondern auf Kai, der mir gerade irgendwas erzählte. Dass ich ihm nicht zugehört hatte, fiel ihm auf, als er in meine Richtung sah und zu schmunzeln begann. "Erde an Lilli? Hörst du mir überhaupt zu?" Verlegen rieb ich mir die Stirn und schüttelte den Kopf. "Sorry, nein. Kannst du's nochmal wiederholen?" "Übermorgen findet die große Feier zur Saisoneröffnung statt. Das ist deine Gelgenheit, um wirklich alle kennenzulernen. Peter meinte, dass es sehr wichtig wäre, dass du mitkommst." Ich atmete tief durch und sah Kai etwas ängstlich an. "Da kann so viel schief gehen. Jeder wird mich mit Fragen löchern und ich muss jedem diesselbe Antwort geben." Kai nickte. "Das wird die ultimative Feuerprobe. Wenn wir das schaffen, ohne dass jemand stutzig wird, dann steht unser Lügen-Gerüst absolut fest." "Okay, ich hab ja wohl kaum eine Wahl. Aber vorher müssen wir noch ein paar Sachen besprechen, die ich schon gefragt wurde und die ich einfach übergangen habe, weil ich keine Antwort wusste." "Okay, hau raus." "Willst du Kinder?" Überrascht starrte Kai mich an und öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder und ein wissender Ausdruck machte sich auf seinem gesicht breit. "Sina." Ich nickte zustimmend. "Jap. Also, Kinder?" "Ja, auf jeden Fall. Aber noch nicht jetzt." "Okay, wie sieht's aus mit gemeinsamen Haustieren? Also könntest du dir vorstellen, dass wir uns erstmal ein Haustier holen, bevor wir Kinder haben?" "Ein Hund wäre ganz cool, aber ich hab mir darüber eigentlich noch nie wirklich Gedanken gemacht." "Alles klar. Nächste Frage."
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Let's get married!
FanfictionKai wurde gerade von seiner Freundin betrogen. Lilli wollte in Amerika von vorne anfangen und ist gescheitert. Eine Bar, zwei frustrierte Menschen und eine Schnapsidee. Lass uns heiraten! *wird momentan überarbeitet*