Fourty-Two

4.6K 163 10
                                    

Ich platzte beinahe vor Stolz, während ich Kai dabei beobachtete, wie er mit seinem Einlaufend an der Hand auf den Platz lief. Um mich herum jubelten tausende deutsche Fans und ich ließ mich gerne mitreißen von der ausgelassenen Stimmung und der freudigen Erwartung auf das heutige Spiel. Ich stand zwischen Lena und Sina, die vor etwa einer Stunde erst angekommen war, aber natürlich auch nicht fehlen wollte, wenn Jonathan eventuell für die Nationalmannschaft auflaufen würde. Noch saß er auf der Bank, aber ich drückte ihm natürlich die Daumen, dass er bald eingewechselt werden würde. Arm in Arm sangen wir alle bei der deutschen Hymne mit, dann begann das Spiel und ich wusste ab der dritten Minute, dass es ein gutes Spiel für Kai werden würde. Er wirkte frisch, spritzig und voller Elan und gab von Anfang an alles, wodurch er bereits nach knapp zehn Minuten die erste große Chance auf das 1:0 hatte. Es fiel schließlich in der 24. Minute und war ein von Toni Kroos' verwandelter Freistoß, aber bereits zwei Minuten später schoss Kai das 2:0 und mich hielt nichts mehr auf meinem Platz. Jubelnd sprang ich auf und applaudierte und rief seinen Namen, genauso wie die unzähligen Menschen um mich herum. Die Euphorie, die die deutschen Fans ausstrahlten war wirklich unglaublich und als der Schiedsrichter zur Halbzeit pfiff, war ich ganz außer Atem vom vielen Jubeln und Schreien. Lena reichte mir grinsend eine Flasche Wasser, die ich gierig bis zur Hälfte austrank. "Mach langsam, sonst verschluckst du dich noch", warnte sie mich schmunzelnd und ich schenkte ihr ein freches Grinsen. "Ja Mami." Ich sah, wie sie ein wenig errötete und riss überrascht die Augen auf. "Oh mein Gott, du bist-" Jetzt musste sie grinsen und hatte sich damit endgültig verraten. "Ja, aber sag es keinem. Ich hab's erst vorhin rausgefunden." Jetzt dämmerte es mir. "Als du vorhin in der Drogerie warst, hast du da etwa einen Test gekauft?" Sie nickte und ich begann zu strahlen. "Wow, ich freu mich so für euch. Wann willst du es Julian sagen?" Unschlüssig zuckte Lena die Schultern. "Keine Ahnung, so bald wie möglich denke ich." "Was hältst du davon, wenn ich so tue, als ob ich ein Foto von euch machen würde und in Wirklichkeit mache ich ein Video und statt Cheese sage ich, dass du schwanger bist? Dann hast du seine Reaktion auf Video", flüsterte ich aufgeregt, damit es um uns herum niemand mitbekam und Lena schien sofort angetan von meiner Idee. "Das klingt toll, würdest du das wirklich für uns machen?" "Na klar, das ist das Mindeste, nachdem ihr seit Monaten für Kai und mich lügt und mich eine Ewigkeit bei euch habt wohnen lassen." Sofort winkte sie ab. "Ach was, das waren nichtmal ganz zwei Wochen, oder? Wir sind Freunde, da macht man sowas. Und ich freue mich total, dass ihr euch wieder vertragen habt und so glücklich miteinander seid." Ihre Worte brachten mich zum Lächeln, was ihr nicht verborgen blieb. "Ihr seid ein wirklich schönes Paar, Lilli, und ich glaube, dass ihr beide schon längst nicht mehr nur so tut, als ob ihr euch lieben würdet." Ich seufzte leise und biss mir auf die Lippe. "Kai hat definitiv keine Gefühle für mich. Ja, wir sind Freunde und verstehen uns gut und der Sex ist wirklich der Wahnsinn, aber- na ja, er hat nie irgendwelche Andeutungen gemacht, dass da mehr sein könnte." "Hast du denn irgendwelche Andeutungen gemacht?" "Muss ich das überhaupt noch? Wenn man Julian und dich so hört, könnte man meinen, ich würde ihn 24/7 mit Herzchen in den Augen ansehen. Das muss ihm doch auch aufgefallen sein." "Das denke ich nicht. Kai bemerkt sowas nicht, das war schon immer so." "Hm, na ja. Vielleicht sollte es genau so bleiben, wie es gerade ist. Wir sind glücklich und haben Spaß, wenn wir da jetzt mit Gefühlen anfangen, wird es nur kompliziert und wenn es kompliziert wird, gibt es Streit und wenn es Streit gibt, werden Menschen verletzt." Lena wollte etwas antworten, aber in diesem Moment kamen die Spieler aus der Kabine zurück und ich konzentrierte mich auf das Geschehen auf dem Platz.

"Verdammt!", entfuhr es mir verzweifelt, als Kai zu Boden ging und ich hätte schwören können, dass ich sogar seinen Schmerzensschrei gehört hatte. Der Gegenspieler, der ihn übel gefoult hatte, lief sofort zu ihm und auch der Schiedsrichter kam dazu. Ich sah, wie er die rote Karte zeigte und dann in Richtung der Bank anzeigte, dass Kai einen Arzt brauchte. Besorgt beobachtete ich das Geschehen und stieß erleichtert die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte, als der Dunkelhaarige schließlich mit Hilfe der beiden Sanitäter den Platz verließ. Er humpelte ein wenig, hielt sich den Kopf und ich konnte Blut auf seinem Trikot sehen. Offensichtlich hatte er den Ellenbogen seines Gegners mit voller Wucht ins Gesicht bekommen, als sie beide hochgesprungen waren, um den weit geschossenen Ball von Manuel Neuer anzunehmen. Sina, der meine Unruhe nicht entgangen war, legte mir beruhigend die Hand auf den Arm. "Hey, mach dir nicht zu viele Sorgen, bevor du genaueres weißt. Er ist selbstständig vom Platz gelaufen und musste nicht auf der Trage weggebracht werden, das ist schonmal was Gutes." Ich nickte halbherzig, während Julian Draxler auf den Platz lief, um Kai zu ersetzen. Während des restlichen Spiels konnte ich mich kaum konzentrieren und war heilfroh, als die Partie knappe zehn Minuten später zu Ende war. Fragend sah ich Lena und Sina an. "Was soll ich jetzt machen? Wo ist Kai?" "Vermutlich wird er behandelt oder ist schon duschen. Am besten kommst du mit uns runter zu den Jungs und wir warten dort auf ihn, okay?" Ich nickte und war unendlich froh, dass die zwei bei mir waren, weil ich sonst vermutlich bereits durchgedreht wäre. Gemeinsam liefen wir runter aufs Spielfeld, wo Julian sich gerade dehnte und dabei mit Jonathan redete. Als wir die beiden erreichten, begrüßten Lena und Sina ihre Freunde sofort, während ich unschlüssig danebenstand. "Na los, lasst uns in die Kabine gehen und nach Kai sehen", sagte Julian schließlich zu meiner grenzenlosen Erleichterung und wir steuerten gemeinsam auf den Tunnel zu. Wir waren erst wenige Schritte hineingegangen, als neben uns eine Tür aufging und Kai hinaustrat. "Kai!", rief ich sofort und lief voller Sorge zu ihm. Müde lächelte der Dunkelhaarige mich an. "Hey, nicht so laut bitte. Ich hab ne leichte Gehirnerschütterung und mir die Nase verstaucht." "Shit. Ist sonst alles gut?", fragte Julian und Kai nickte. "Der Vollidiot ist mir bei der Landung auf den Fuß gesprungen, aber das gibt nur einen blauen Fleck." Erleichtert strich ich Kai übers Haar und sah ihn noch immer besorgt an. Das klang zwar nicht lebensgefährlich, aber er war trotzdem verletzt und das war nie gut. Mit einem leisen Seufzen rieb ich mir die Schläfe, woraufhin Kai mich sanft und beruhigend ansah. "Hey, es ist alles in Ordnung. Mir geht's gut, ich brauch nur ein paar Tage Ruhe, dann bin ich wieder ganz der Alte." "Okay. Dann geh jetzt mal duschen und wir sehen uns anschließend im Hotel, ja?" Lächelnd nickte Kai. "Mach ich. Bis später." Er beugte sich vor, um mir einen kurzen, federleichten Kuss zu geben, den ich liebend gern verlängert hätte, dann lief er mit Julian und Jonathan zur Kabine und Sina ging kurz mit, weil sie noch etwas mit ihrem Freund besprechen wollte. Lena und ich blieben allein zurück und ich stellte fest, dass sie mich schmunzelnd musterte. "Wieso guckst du so?" "Man Lilli, ihr zwei seid so offensichtlich ineinander verliebt, dass es mich wundert, wieso ihr noch nicht richtig geheiratet habt. Ganz ehrlich, warum zögerst du eigentlich noch es Kai zu sagen, damit ihr beiden endlich zusammen kommt?"

Let's get married!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt