Fifteen

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Das Klingeln des Weckers riss mich aus dem Schlaf. Müde blinzelte ich und griff halbblind nach meinem Handy, um den Wecker auszuschalten. Als Shawn Mendes schließlich verstummt war, drehte ich mich in Kais Richtung, der noch immer schlief. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. "Typisch", murmelte ich, dann strich ich mit der Hand sanft über Kais Wange. "Guten Morgen Schatz. Es ist Zeit aufzustehen." "Will nich. Lass mich schlafen", nuschelte mein Mann in sein Kopfkissen, aber ich kannte keine Gnade. Grinsend robbte ich zu ihm, drehte ihn ruckartig um und legte meine Lippen auf seine. Automatisch erwiderte er den Kuss und erst als uns beiden die Luft ausging, lösten wir uns voneinander. "Wofür war der?", erkundigte Kai sich mit mittlerweile offenen Augen und ich tippte mit dem Zeigefinger auf seine Nasenspitze. "Für den größten Langschläfer der Welt. Und jetzt hopp, aufstehen. Du hast in eineinhalb Stunden den Termin beim Verein und ich treffe mich heute mit Gabi und Simone." "Ah stimmt. Den Termin hätte ich fast vergessen. Wie gut, dass ich eine Ehefrau habe, die sich meine Termine merkt." Diese Aussage brachte uns beide zum Schmunzeln, dann schlug ich Kai spielerisch gegen den Arm. "Jetzt steh endlich auf." "Kann ich nicht, wenn du auf mir liegst." "Noch so ein Spruch und du kannst Dreck fressen", drohte ich gespielt beleidigt, woraufhin mir Kai ein schelmisches Grinsen schenkte. "Ach so, bist du heute dran mit Kochen?" Diese Anspielung auf meine mangelnden Kochkünste war leider gerechtfertigt, denn ich konnte im Gegensatz zu Kai absolut nicht kochen. Deshalb steckte ich diesen Spruch einfach ein und begann statt einer Antwort, Kai zu kitzeln, damit er das Bett verließ. Es klappte wie jedes Mal sehr gut, denn der Dunkelhaarige war unglaublich kitzelig. Während er ins Bad lief und ich schließlich das regelmäßige Rauschen der Dusche wahrnahm, schnappte ich mir mein Handy und googelte nach Unis in der Umgebung. Ich hatte beschlossen, mein Studium fortzusetzen, denn um zu arbeiten, musste man fast überall ein Führungszeugnis vorweisen und ich war schonmal im Gefängnis gewesen, was meine Chancen auf einen guten Job sehr schmälerte. Seufzend scrollte ich durch einige Uni-Profile und suchte die wenigen heraus, bei denen die Bewerbungsfrist für diesen Herbst noch nicht abgelaufen war. Ich musste mich noch heute um die Bewerbungen kümmern, sonst konnte ich es gleich abhaken. Als Kai aus dem Badezimmer zurückkam, sperrte ich schnell mein Handy und beobachtete, wie er das Handtuch, das er sich um die Hüfte geschlungen hatte, fallen ließ und völlig nackt vor dem Schrank stand, um sich Klamotten für heute herauszusuchen. Da ich befürchtete, dem Anblick nicht lange widerstehen zu können, richtete ich meinen Blick auf die Zimmertür bis ich mir sicher war, dass Kai zumindest Boxershorts und ein Oberteil trug. Dann schlug ich die Bettdecke zurück, schlüpfte lediglich in meine Sneakersocken, die ich gestern wie jeden Abend einfach neben meinem Bett hatte liegen lassen, und lief runter in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Unter der Woche aßen wir lediglich Müsli und tranken jeder einen Kaffee, weshalb ich auch nur das vorbereiten musste. Kaum war ich fertig, kam Kai mit frisch gestylten Haaren nach unten und wir frühstückten, dann verließ er das Haus und ich beschloss, dass ich noch genug Zeit hatte, um ein paar Runden im Pool zu schwimmen. Also holte ich mir von oben ein Handtuch, entledigte mich all meiner Klamotten und wickelte mich ins Handtuch. So lief ich dann die Treppe nach unten und raus in den Garten, wo ich einfach das Handtuch fallen ließ und nackt in den Pool sprang. Gemächlich schwamm ich ein paar Runden und genoss die Erfrischung, obwohl es um diese Uhrzeit noch nichtmal 30 Grad hatte. Aber wenn man dem Wetterbericht glauben konnte, würde das Thermometer auch heute wieder bis auf 35 Grad steigen, genauso wie in den vergangenen zwei Tagen. Diese Temperaturen waren im Vergleich zu Las Vegas beinahe lächerlich, aber ich war schon immer eher wärmeempfindlich gewesen, weshalb mir diese Hitze sehr zu schaffen machte. Nach einer Viertelstunde verließ ich den Pool wieder und lief hoch ins Bad, wo ich duschte und mir anschließend eine Hotpants und ein Top anzog. Meine noch nassen Haare flocht ich zu einem Zopf, den ich anschließend aufwickelte, sodass es ein Dutt war. Dann schnappte ich mir Kais Laptop, den er bereits vorgestern offiziell zu unserem Laptop erklärt hatte, und begann erneut, mich um eine Uni zu kümmern. Glücklicherweise besaß ich noch eine Mappe mit all meinen wichtigen Dokumenten, wo auch mein Abiturzeugnis drin war, mit dem ich mich aufgrund des NCs bewerben musste. Als das alles erledigt war, schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass Simone mich in 20 Minuten abholen würde. Also öffnete ich den Dutt, sodass ich nur noch einen geflochtenen Zopf hatte, der auf meiner Schulter lag, dann aß ich noch schnell einen Apfel und schlüpfte anschließend in meine Schuhe. Eine kleine Tasche mit den wichtigsten Sachen war auch schnell gepackt, dann klingelte es bereits an der Haustür. Ich öffnete sie und entdeckte eine hübsche Blondine, die ich von den Fotos wiedererkannte, die Kai mir gezeigt hatte. Sofort begann ich zu lächeln. "Hi, schön dich kennenzulernen." Mein Gegenüber erwiderte das Lächeln. "Mich freuts auch und Gabi ist schon total aufgeregt dich nachher zu treffen. Können wir los?" Ich nickte, schloss die Haustür hinter mir und folgte Simone zu ihrem Auto, mit dem sie uns in Kölns Shopping-Gegend brachte. Während der Fahrt unterhielten wir uns nett, wobei ich aber auch feststellte, dass Kai Recht gehabt hatte, als er Simone als eher ruhig beschrieb. Sie stellte mir einige Fragen, die ernsthaft interessiert schienen und ich log ihr wie gedruckt das vor, was Kai und ich einstudiert hatten. Irgendwann parkte Simone das Auto, wir stiegen aus und liefen ein paar Straßen entlang, dann entdeckte ich eine winkende Frau, die dem Aussehen nach Gabi sein musste. Kaum hatten wir sie erreicht, strahlte sie uns an und zog erst Simone und dann mich in eine Umarmung. "Hi, ich bin Gabi. Es ist toll, dass wir uns endlich kennenlernen, nachdem Kai dich so lange geheimgehalten hat." Ich lachte kurz. "So lange war es gar nicht, wir sind erst seit etwa zwei Monaten so richtig zusammen." "Oh, also eine spontane Hochzeit? Wie romantisch! Hast du Fotos davon?" Und schon war ich voll integriert und wurde während des Shoppens von Gabi mit Fragen gelöchert. Als Simone mich einige Stunden später vor der Haustür absetzte, war ich fix und alle, was ihr glaub ich nicht entging. Sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. "Du siehst aus, als könntest du jetzt erstmal ein wenig Ruhe und Entspannung gebrauchen. Shoppen bei den Temperaturen ist ganz schön anstrengend." Ich nickte zustimmend, verschwieg ihr aber, dass mich vor allem die vielen Fragen ins Schwitzen gebracht hatten, denn ich durfte nichts falsches sagen, um das ganze Projekt "Vereiratet" nicht in Gefahr zu bringen. Lächelnd verabschiedete ich mich von Simone, dann stieg ich aus und betrat das Haus. Ein köstlicher Geruch lag in der Luft und ich lief, sobald ich meine Schuhe ausgezogen und ordentlich hingestellt hatte, in die Küche, wo sich mir der leckere Anblick meines oberkörperfreien Mannes bot, der irgendwas kochte. Lächelnd schlich ich mich von hinten an ihn ran und rief dann laut: "Buh!", was ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Mit einer Hand auf der Brust, um mir zu zeigen, wie sehr er sich erschreckt hatte, drehte Kai sich zu mir um und schüttelte gespielt empört den Kopf. "Also wirklich! Man erschreckt doch nicht den eigenen Ehemann, der gerade für einen kocht." "Ach ja, tut man das nicht?", hakte ich schmunzelnd nach und Kai schüttelte grinsend den Kopf. "Nein, das tut man nicht. Als Entschädigung musst du mir jetzt einen Kuss geben." Obwohl wir uns nicht liebten und uns eigentlich nicht küssen mussten, wenn niemand dabei war, taten wir es öfter, damit wir nicht so viel schauspielern mussten, wenn wir dann eben doch mal nicht alleine waren. Also streckte ich mich ein wenig und legte meine Lippen sanft auf die von Kai. Er erwiderte den Kuss und legte seine Hände auf meinen unteren Rücken, um mich noch näher an sich zu ziehen. Erst als uns die Luft ausging, lösten wir uns voneinander und Kai begann mich über den Nachmittag auszufragen. Ich erzählte ihm alles, während ich den Tisch deckte, dann aßen wir zusammen, sahen uns später auf dem Sofa gemeinsam eine Komödie an und gingen irgendwann ins Bett. Während ich mich müde in mein Kissen kuschelte und dem Rascheln von Kais Klamotten lauschte, denen er sich gerade entledigte, stellte ich fest, dass wir heute tatsächlich ein Bilderbuchehepaar gewesen waren und so grotesk mir dieser Gedanke auch erschien, ich mochte es. Ich quatschte gerne mit Kai über den Tag, ließ mich von ihm bekochen und schaute anschließend mit ihm einen Film. Leise seufzte ich, dann schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Es machte den Anschein, als ob wir dabei waren, sehr gute Freunde zu werden.

Let's get married!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt