Seventeen

5K 151 10
                                    

Nervös zog ich meine karrierte Bluse nochmal zurecht und ging sicher, dass die Hotpants, die ich trug nicht zu kurz war und wirklich meinen kompletten Hintern bedeckte. Meine Füße steckten in weinroten Chucks, deren Farbe sich auch in meiner Flanellbluse wiederfand. Meine Haare hatte ich zu einem lockeren französischen Zopf geflochten, der über meiner Schulter lag und außer Wimperntusche und Lippenstift hatte ich mich nicht geschminkt. Zufrieden mit meinem Aussehen verließ ich das Badezimmer und lief nach unten ins Wohnzimmer, wo Kai auf dem Sofa saß und auf seinem Handy herumtippte. Er trug eine knielange Jeans und ein weißes Hemd, dessen obere Knöpfe er offengelassen hatte. Im dadurch entstandenen Ausschnitt hing seine schwarze Ray-Ban-Sonnenbrille, während ich mir meine geliebte Pilotensonnenbrille in die Haare gesteckt hatte. "Wir können", informierte ich ihn und sofort sah er auf. Ein Grinsen erschien auf seinen Lippen und er stand auf. "Dann mal los, Cowgirl." Ich griff nach der kleinen, braunen Lederumhängetasche, die ich für diesen Abend rausgesucht hatte, dann folgte ich meinem Mann aus dem Haus. Wir fuhren mit seinem Cabrio und der Fahrtwind spielte angenehm mit den losen Strähnen meiner Frisur, während die Abendsonne auf uns schien. Die Fahrt zur BayArena dauerte nicht so lange, wie ich erwartet hatte und so kam es, dass ich kaum Zeit hatte, mich nochmal mental auf das Bevorstehende vorzubereiten. Wir stiegen aus und sofort eilte Kai an meine Seite und verschränkte unsere Finger miteinander. "Wir schaffen das, Lilli. Du hast in den letzten zwei Tagen so viel gelernt, erkennst jeden Spieler und seine Frau, jeden aus dem Team, das wird schon." Ich nickte leicht, aber meine Nervosität blieb. Wir waren kurz davor, das Gebäude zu betreten, als hinter uns ein Auto hupte. Erschrocken fuhr ich herum und sah in Julians breites Grinsen. Augenblicklich begann ich ebenfalls zu lächeln und wir warteten, bis der Blonde geparkt und uns joggend eingeholt hatte. Kurz umarmte er uns, dann sah er mich prüfend an. "Nervös?" Ich nickte. "Merkt man das so sehr?" "Na ja, schon irgendwie. Tiefenentpannt wirkst du jedenfalls nicht. Aber keine Sorge, du machst das schon." Ich biss mir auf die Lippe und atmete tief durch, dann nickte ich. "Also gut, ab in die Höhle des Löwen."

Ich hatte irgendwie erwartet, dass die Feier irgendwo in den Katakomben des Stadions stattfinden würde, aber Kai und Julian liefen auf direktem Weg zum Spielfeld und tatsächlich konnte ich fröhliche Musik hören, noch bevor ich die ersten Leute sah. Schließlich traten wir ins Freie und fast sofort kam Sina auf mich zu und umarmte mich. "Lilli, wie schön dich zu sehen! Komm, ich stell dir ein paar der Mädels vor." Mit aufmunterndem Blick ließ Kai meine Hand los und ich folgte Sina zu einer Gruppe Frauen. Eigentlich war es nicht nötig, dass sie sie mir vorstellte, denn ich hätte ihr die Namen und die dazugehörigen Partner auch so nennen können, aber das verschwieg ich und tat so, als ob ich niemanden kennen würde. Nach der Vorstellungsrunde wurde ich direkt von den ersten Frauen mit Fragen gelöchert und es war wirklich anstrengend, sich an alles zu erinnern, was ich sagen musste. Als ich gerade eine Sekunde zum Durchatmen hatte, ließ ich den Blick schweifen und begegnete dem von Julian. Hilfesuchend sah ich ihn an und er verstand sofort. Augenblicklich beendete er sein Gespräch und steuerte auf mich zu, während mir bereits die nächste Frage gestellt wurde. Noch bevor ich antworten konnte, hatte der Blonde uns erreicht. "Hallo die Damen. Darf ich euch Lilli mal entführen? Der Trainer will gleich was sagen und ich hab gehört, dass er auch was zu Kai und Lilli sagen will, da sollte sie wohl besser bei ihrem Mann stehen, was?" Er grinste verschmitzt und Sarah und Katrin grinsten ebenfalls. "Wenn du so lieb fragst, Julian, dann natürlich. Wir werden uns ja in Zukunft noch öfter sehen, Lilli." Die beiden drehten sich um und ich sah Julian fragend an. "War das ein Versprechen oder eine Drohung von den beiden?" "Das war Vorfreude darauf, dich wiederzusehen. Du wirst langsam paranoid, Lilli", murmelte Julian besorgt und sah mich mit schiefgelegtem Kopf an. Ich seufzte. "Sorry. Aber danke für die Rettung und die Notlüge." "Ähm, das war keine Lüge. Ich hab tatsächlich gehört, dass Peter gleich auf euch anstoßen lassen will." Verzweifelt sah ich den Blonden an. "Das ist ein Scherz, oder? Dann werden danach bloß noch mehr Leute zu mir kommen und mich verhören." "Du packst das. Du hast den Abend doch bis jetzt ganz gut gemeistert." "Ich ertrinke bald in Angstschweiß und bekomme einen Krampfanfall, weil ich mein Zittern unterdrücke", zischte ich, dann schaute ich mich suchend um. "Wo ist Kai? Weiß der auch schon von unserem Glück?" "Ich bin hier und ja, ich weiß es schon." Erschrocken fuhr ich herum und schaute direkt in Kais schmunzelndes Gesicht. "Du hast mich zu Tode erschreckt!", entfuhr es mir und Kais Blick wurde sanft. "Hey, ganz ruhig Schatz. Du schlägst dich super bisher." Ich seufzte. "Drei verdammte Kreuze. Ich mach drei Kreuze im Kalender, wenn dieser Abend durch ist." "Du kannst von mir aus fünf Kreuze machen. Aber jetzt sollten wir uns vielleicht näher zu Peter stellen, weil er gleich seine Rede halten will." Er griff nach meiner Hand und mit Julian im Schlepptau machten wir uns auf den Weg zu besseren Plätzen. Irgendwann schien Kai zufrieden zu sein und gerade als ich fragen wollte, von wo aus der Trainer seine Rede eigentlich halten wollte, quietschte ein Mikrophon. Etwa zwei Meter von uns entfernt stand Peter Bosz mit besagtem Gegenstand in der Hand und lächelt in die Runde. "Hallo alle miteinander", begrüßte er uns mit einem leichten Akzent, der ihn mir noch sympathischer machte, "Ich freue mich, dass ihr heute alle hier seid. Übermorgen geht die neue Saison los und ich bin davon überzeugt, dass wir Großes erreichen können! Ihr habt hart trainiert, wir haben Fehler aus der letzten Saison korrigiert und sond bereit anzugreifen. Aber all das erst ab übermorgen. Heute freue ich mich einfach nur, dass wir gemeinsam feiern können und Feiern ist mein Stichwort, denn wir haben im Nachhinein noch etwas Überraschendes, aber sehr Erfreuliches zu feiern. Kai hat letzte Woche geheiratet und dazu möchte ich ihm und seiner Frau Lilli herzlich gratulieren. Natürlich hab ich auch noch eine Kleinigkeit für euch." Er legte das Mikrophon beiseite und jemand, der neben ihm stand, reichte ihm einen Blumenstrauß, eine Flasche Champagner und noch irgendetwas anderes. Mit den Sachen kam er zu uns und umarmte uns beide kurz, dann reichte er Kai den Champagner, mir den Blumenstrauß und präsentierte dann, was ich bisher nicht hatte erkennen können. Es war ein Trikot von Kai, offensichtlich in meiner Größe, und ich begann zu strahlen. "Vielen, vielen Dank Peter." "Gerne, meine Liebe. Und lass Kai den Champgner nicht alleine trinken." Er zwinkerte mir zu und ich lachte kurz, dann lief der Trainer wieder zum Mikrophon. "Jetzt hab ich nur noch eine letzte Sache zu sagen: Das Buffett ist eröffnet!" Alle klatschten Beifall, dann begann das Gedränge, weil wir relativ nah an der Essensausgabe standen. Also entfernte ich mich ein wenig und Kai folgte mir. "Das war doch gar nicht so schlimm, oder?" "Nein, war es nicht. Gibst du mir den Autoschlüssel? Dann bringe ich die Sachen schonmal in den Kofferraum." "Klar. Hier." "Danke Schatz." Ich streckte mich ein wenig und gab Kai einen Kuss, dann schob ich mich zwischen den Menschen hindurch und verließ die Arena. Auf dem Parkplatz musste ich mich erstmal orientieren, dann steuerte ich auf das Cabrio zu und klickte auf dem Autoschlüssel herum. Der Kofferraum wurde automatisch geöffnet und ich legte den Blumenstrauß, den Champagner und das Trikot hinein, dann schloss ich ihn und sperrte das Auto ab. Ich wollte mich gerade umdrehen und wieder in die Arena gehen, als mich eine Stimme hinter mir zusammenzucken ließ. "Na, wen haben wir denn da?"

Let's get married!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt