Fourty-Six

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Kaum hatten wir Olivias Zimmer verlassen und den Fahrstuhl betreten, sah ich Kai wütend an. "Sag mal, willst du mich verarschen? Ich muss die Nacht in einer verdammten Zelle bei der Polizei verbringen und dir fällt nichts besseres ein, als in der Zwischenzeit deine Exfreundin zu besuchen?" "Die Exfreundin, die wegen dir im Krankenhaus ist, Lilli. Ich wollte verhindern, dass sie irgendwas davon an die Presse rausgibt, das wäre nämlich wirklich beschissen. Glaubst du wirklich, ich hab sie gerne besucht?" Ich zuckte die Schultern. "Bevor ich reingekommen bin, hab ich euch lachen gehört und das klang nach einem echten Lachen, also sag du es mir." Genervt stöhnte Kai auf. "Ich hab ihr erzählt, an was für einen komischen Typen Lea bei ihrem letzten Blinddate geraten ist. Olivia hat sich immer gut mit meiner Schwester verstanden und sie hat nach Lea gefragt. Das ist alles, Lilli. Du machst aus einer Mücke 'nen Elefanten!" "Seit wann motzt du mich eigentlich so an? Bis vor kurzem hast du den Mund nicht aufgekriegt, wenn wir uns gestritten haben und jetzt bist du plötzlich so vorwurfsvoll", stellte ich misstrauisch fest, woraufhin Kai ironisch auflachte. "Hast du damit ein Problem, oder was? Erst wirfst du mir vor, dass man mit mir nicht streiten kann, weil ich kein Kontra gebe und jetzt passt es dir nicht, wenn ich dir vorwerfe, was du falsch gemacht hast? Kannst du dich mal entscheiden?" Fassungslos starrte ich ihn an. "Was soll das denn bitte heißen? Ich hab nichts falsch gemacht! Oder glaubst du Olivia, dass ich sie absichtlich angefahren habe?" Kai antwortete nicht und sah mich einfach nur an, woraufhin meine Wut von einer Sekunde auf die andere verflog und ich stattdessen einen stechenden Schmerz in meiner Brust spürte. "Kai?", fragte ich vorsichtig, während er mich noch immer wortlos ansah, "Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich sie absichtlich angefahren habe, oder? Bitte sag mir, dass du mir sowas nicht zutrauen würdest", flehte ich beinahe weinerlich und Kai seufzte leise, bevor er schwach den Kopf schüttelte. "Ich weiß nicht, was ich noch glauben soll. Olivia hat gesagt, sie sei mitten auf der Straße gewesen, als du um die Ecke gekommen bist, also musst du sie eigentlich gesehen haben." Ich konnte nicht fassen, was ich da hörte. "Du denkst wirklich, ich hätte das absichtlich gemacht. Du traust mir zu, so ein Mensch zu sein. Einer, der grundlos irgendwelche Leute verletzen möchte", stellte ich fest und Kai schüttelte den Kopf. "Grundlos irgendwelche Menschen? Nein. Aber hier geht es um Olivia, meine Exfreundin, die dich vor nicht allzu langer Zeit vor der BayArena bedroht hat. Und ich weiß nicht, was es mit dir macht, wenn man dir so droht, wie sie es getan hat." In diesem Moment machte es bei mir Klick und ich verstand endlich, was das eigentlich Problem war. "Es geht ums Gefängnis. Natürlich geht es ums Gefängnis. Du hast mir verziehen, dass ich dich deswegen angelogen habe, aber du siehst mich jetzt trotzdem mit anderen Augen und du denkst, dass alles, was du über mich zu wissen geglaubt hast, falsch ist. Du- du vertraust mir nicht mehr." Kai schwieg und gab mir damit die Bestätigung, dass ich Recht hatte. In die Stille hinein, ertönte ein leises Pling und die Türen des Fahrstuhls öffneten sich. "Wir sollten uns zusammenreißen bis wir zu Hause sind", murmelte ich und griff nach Kais Hand, um unsere Finger miteinander zu verschränken, dann verließen wir schweigend das Krankenhaus und fuhren nach Hause.

Zwei Stunden später, klopfte es an der Tür zu meinem Büro, in dem ich gerade an der Nachbereitung einer Vorlesung saß. Ich schaute hoch und entdeckte Kai im Türrahmen, der mich unsicher ansah. "Ich- ich hab uns was gekocht. Kommst du runter?" "Traust du dich denn, mit einer Schwerverbrecherin an einem Tisch zu sitzen?", erkundigte ich mich kühl und mit einem leicht sarkastischen Unterton, woraufhin Kai leise seufzte. "Es tut mir Leid, okay? Es ist nur- es ist nicht so einfach, wie du denkst. Ich kenne Olivia seit Jahren, wir haben so viel gemeinsam erlebt, ich hätte ihr mein Leben anvertraut, hab sie geliebt. Verdammt Lilli, ich wollte sie heiraten! Sie war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und die Erinnerungen, die ich mit ihr habe, die sind nicht alle nur schlecht. Ein Teil von mir vertraut ihr immer noch, obwohl sie mich betrogen und mir das Herz gebrochen hat. Ich kenne Olivia und sie ist kein schlechter Mensch. Sie trifft nur manchmal schlechte Entscheidungen. Aber dich kenne ich kaum und dass ich monatelang nicht wusste, dass du mal im Gefängnis warst, hilft nicht gerade dabei, mein Vertrauen zu dir zu stärken. Aber ich möchte dir gerne vertrauen, wirklich. Ich möchte, dass wir das mit dieser Ehe hinkriegen. Und mit unserer Freundschaft. Ich weiß nur noch nicht wie." Verletzt sah ich ihn an, wohlwissend, dass ich Tränen in den Augen hatte. "Was soll das heißen, Kai? Dass du einfach nur Zeit brauchst? Dass du wieder mit Olivia zusammen sein möchtest? Oder dass ich dir irgendwie beweisen soll, dass ich vertrauenswürdig bin?" "Ich weiß es nicht." Die Tatsache, dass er nichtmal sicher sagen konnte, dass er nicht zu Olivia zurückgehen würde, tat fast mehr weh, als dass er mir nicht mehr vertraute. Für einen kurzen Moment herrschte eine allumfassende Stille im Raum, dann verdrängte ich die Tränen und den Schmerz und sah Kai mit erstarrter Miene an. "Du kannst alleine essen. Mir ist der Appetit vergangen."


Findet ihr, dass Kai zu sehr zu Olivia hält oder könnt ihr verstehen, dass sie ihm immer noch irgendwie wichtig ist?

P.S.: Ihr findet mich jetzt übrigens unter dem Namen @mixed_ffs auf Instagram :)

Let's get married!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt