Ten

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"Okay, also dein Vater heißt Ralf und ist Polizist, deine Mutter heißt Claudia und ist Anwältin. Deine Geschwister Jan und Lea studieren beide hier in Köln, ansonsten habt ihr einen Familienhund, ähm, Sunny, richtig?" Kai nickte zufrieden, dann sah er wieder auf seinen Spickzetteln, auf den wir alles geschrieben hatten, was ich auf jeden Fall wissen sollte. "Wann hab ich Geburtstag?" "Du wurdest am 11.Juni 1999 geboren, bist also vor knapp zwei Monaten 20 geworden. Geboren bist du in Aachen, aufgewachsen in Mariadorf, deine Eltern und Großeltern leben immer noch dort." "Perfekt. Namen meiner Großeltern?" Ilse und Richard sind die Eltern deiner Mutter, dein Opa väterlicherseits ist bereits gestorben, er hieß Gerhard und seine Frau heißt- verdammt, ich weiß es gleich wieder. Ähm, Lydia! Deine Oma heißt Lydia." Kai nickte und grinste mich stolz an. "Du bist richtig gut, weißt du das?" "Glaub mir, nach zwei Tagen knallhartem Training und Abfragen könntest du das auch. Also, weiter." Erneut schaute Kai auf seinen Zettel. "Wann hab ich Abi gemacht und wo war ich auf der Schule?" "Du warst nach der Grundschule zuerst in Würselen auf dem Gymnasium, bist dann in die B-Jugend von Bayer gekommen, bist zu irgendeinem Klaus nach Leverkusen gezogen und später dann in eine eigene Wohnung in Manfort. Dein Abi hast du 2017 am Landrat-Lucas-Gymansium gemacht." "Du bist echt unglaublich gut. Welche Auszeichnungen hab ich?" "Die Fritz-Walter-Medaille in Silber und in Gold. Einmal U17- und einmal U19-Junioren." "Alles klar, kommen wir zu unserer gemeinsamen Geschichte. Wann und wie haben wir uns kennengelernt?" "Bei deinem Amerika-Urlaub im vergangenen Winter. Du warst Anfang Januar eine Woche mit Julian in Las Vegas und dort haben wir uns in einer Bar kennengelernt. Es ist nichts passiert, aber wir haben Nummern ausgetauscht, weil wir uns so gut verstanden haben. Dann haben wir eine Weile geschrieben, auch während es mit deiner Beziehung mit Olivia zu Ende ging. Das war Mitte Juni, kurz nach deinem Geburtstag. Ab da haben wir noch mehr miteinander geschrieben und gemerkt, dass wir uns lieben. Also bist du nach Amerika geflogen, um endlich mit mir zusammen zu sein und während du dort warst, wurde dir klar, dass du nicht mehr warten, sondern dein Leben mit mir verbringen willst. Also hast du einen Ring gekauft, mir einen Antrag gemacht und wir haben geheiratet. Weil wir keine Fernbeziehung führen wollten, bin ich mit dir zurück nach Deutschland gekommen und suche jetzt nach einem geeigneten Studienplatz." Kai schwieg und grinste mich bloß an, dann hob er die Hand und ich schlug ein. "Wir sind einfach ein perfektes Team." "Absolut. Ach ja, du musst das Theater übrigens nur für meine Eltern spielen. Meinem Bruder hab ich schon die Wahrheit gesagt, er wusste nämlich von dem geplanten Antrag für Olivia." Ich nickte, während mir ein neuer Gedanke kam. Mit schiefgelegtem Kopf sah ich Kai an. "Du wolltest Olivia wirklich heiraten. Du wolltest tatsächlich den Rest deines Lebens mit ihr verbringen, oder?" Kai nickte schwach und zuckte dann die Schultern. "Aber das gehört jetzt der Vergangenheit an." "Bist du dir sicher? Ihr seid drei Jahre ein Paar gewesen, habt so viel gemeinsam erlebt." "Ja, wir haben zum Beispiel erlebt, wie ich sie mit einem anderen Typen im Bett erwische. Großartig." Ich seufzte. "Aber du hast sie geliebt. Hast du wirklich schon mit euch abgeschlossen? Bist du ernsthaft bereit für diese Ehe oder muss ich mir Sorgen machen, dass du zu ihr zurückrennst und ich sehen kann, wo ich bleibe?" Ernst sah Kai mich an und nahm meine Hände in seine. "Ich werde nicht zu Olivia zurückrennen. Das ist vorbei, wirklich. Olivia ist meine Vergangenheit, du bist meine Gegenwart und Zukunft. Diese Ehe ist jetzt mein Leben, sie hat Priorität. Du hast Priorität, Lilli." Ich schluckte und versuchte zu lächeln. "Pass bloß auf, das klang schon fast so, als ob du mich wirklich lieben würdest." Auch Kai musste grinsen und verzog gespielt angeekelt das Gesicht. "Ih nein, das wäre ja eklig!", rief er mit kindlicher Stimme und brachte mich damit zum Lachen. Spielerisch boxte ich ihm dabei gegen die Schulter, dann fiel mein Blick auf die Uhr. "In zwei Stunden kommt deine Familie. Ich gehe jetzt schonmal duschen und zieh mir was frisches an, dann kannst du duschen und dann bereiten wir das Gästezimmer für die beiden vor." "Bist du dir sicher, dass es okay ist, wenn wir gemeinsam in meinem Bett schlafen?", erkundigte Kai sich vorsichtig und ich seufzte leise. "Wir spielen deinen Eltern eine funktionierende Ehe vor, also müssen wir auch im selben Bett schlafen. Schlimm genug, dass wir es noch nicht geschafft haben, ein Doppelbett zu kaufen. Wenigstens ist dein momentanes Bett überbreit, sodass wir da ziemlich entspannt gemeinsam drin liegen können." "Übermorgen ist Montag, da haben die Geschäfte offen, da fahren wir ins Möbelhaus, okay?" Ich nickte lächelnd. "Okay. Aber jetzt geh ich wirklich duschen." Mit diesen Worten erhob ich mihc, drückte Kai einen Kuss auf sie Wange und lief die Treppe hoch. Wir gaben uns Mühe, auch zu zweit eine Ehe zu simulieren, damit es uns vor anderen nicht so schwer fiel und bis jetzt klappte es ganz gut. Während ich in die Dusche stieg und das lauwarme Wasser meine Haut entlanglief, ging ich in Gedanken nochmal alle möglichen Szenarien durch, die heute Abend oder morgen früh möglich sein könnten. Nach dem Duschen zog ich mir eine lange, aber sehr dünne Jeans an, die eng anlag und an der Seite einen beigen Streifen hatte. Darüber zog ich ein weißes Top und ein dunkelrot-weiß-schwarz-kariertes Hemd, das ich offen ließ. Kai hatte mir geraten, mich wie immer anzuziehen, also hatte ich mich für etwas Richtung Cowboylook entschieden, weil ich sowas früher ständig getragen hatte. Ich besaß auch einen echten Cowboyhut aus Texas, der im Schlafzimmer lag und bisher nur als Deko gedient hatte. Meine Haare föhnte ich trocken und flocht sie anschließend zu einem französischen Zopf, der mir über der Schulter lag. Einige Strähnen zog ich zurecht oder ganz heraus, um die Frisur lockerer aussehen zu lassen, dann tuschte ich meine Wimpern und trug Lippenplege mit ein wenig Farbe auf. Mehr machte ich nicht, Gott sei Dank war ich von klein auf mit sehr reiner Haut gesegnet worden. Zuletzt wanderten Sneaker-Socken an meine Füße, dann lief ich runter ins Wohnzimmer und rutschte so elegant wie möglich zu Kai, der auf dem Sofa saß und zu mir aufsah. "Du siehst super aus, Cowgirl." "Danke Schatz. Da fällt mir ein: Sollten wir uns vielleicht besondere Spitznamen füreinander ausdenken?" Kai zuckte die Schultern und nickte dann. "Ich find die Idee gut. Und Cowgirl finde ich eigentlich auch schon den perfekten Spitznamen." "Okay, dann nennst du mich Cowgirl und ich dich- hm, keine Ahnung. Da fällt mir bestimmt noch was ein. Bis dahin bleibst du mein Schatz." Ich zwinkerte dem Dunkelhaarigen zu und brachte ihn damit zum Grinsen, dann stand er auf. "Ich geh jetzt auch mal duschen. Magst du schonmal den Tisch decken und drei Flaschen Bier in den Kühlschrank stellen? Außer du möchtest auch eins, dann stell mehr in den Kühlschrank." Ich nickte und während Kai nach oben ins Bad verschwand, kam ich seinen Anordnungen nach. Kaum war ich fertig, erschien mein Mann frisch geduscht, in einer knielangen beigen Hose und einem dunkelblauen Poloshirt. Ich zog die Augenbrauen zusammen und musterte ihn. "Du hast dich aber auch nicht unbedingt so angezogen, wie du immer aussiehst", stellte ich fest und Kai nickte grinsend. "Schuldig im Sinne der Anklage. Aber immerhin werden wir ihnen heute Abend ein Ehepaar vorspielen, da möchte ich wenigstens ein bisschen erwachsener wirken, als sonst manchmal." Ich nickte verständnisvoll und schaute dann auf die Uhr. "Wir müssen uns ein bisschen beeilen mit dem Gästezimmer, deine Eltern kommen in zehn Minuten." "Und sie sind sicher pünktlich, das sind sie immer. Meine Mutter legt großen Wert auf Pünktlichkeit." Wir beeilten uns also, das Zimmer für Kais Eltern fertigzumachen und kaum hatte ich das letzte Kissen zurechtgerückt, klingelte es auch schon an der Haustür. Ich zuckte zusammen und sah auf, Kai schaute mich fragend an. "Letzte Chance wegzurennen. Bist du bereit?" Ich atmete tief durch, dann nickte ich. "Ja. Lass es uns durchziehen."





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