Thirteen

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Ein letztes Mal musterte ich mein geblümtes Sommerkleid, die Jeans-Jacke, die Sneaker und meine gelockten Haare, dann schnappte ich mir meine Tasche, die neben mir auf dem Boden lag und lief ins Wohnzimmer, wo Kai auf dem Sofa saß. "Bist du soweit?", erkundigte ich mich, woraufhin sich der Dunkelhaarige zu mir umdrehte und nickte. "Jap. Du auch?" Ich nickte ebenfalls, dann verließen wir gemeinsam das Haus und fuhren zu dem Eiscafé, in dem wir uns mit Kevin, Katja, Jonathan und Sina verabredet hatten. Sie waren die ersten Spielerfrauen, die ich kennenlernen würde, morgen traf ich mich dann direkt wieder mit zwei Spielerfrauen und ich sah beiden Treffen angespannt entgegen. Als Kai einen geeigneten Parkplatz gefunden hatte, stiegen wir aus und liefen zum Café. Natürlich waren dabei unsere Hände miteinander verschränkt und wir liefen dicht nebeneinander. Wie ein Gentleman hielt Kai mir die Tür des Cafés auf und ich entdeckte unsere Zielpersonen sofort. Offensichtlich waren wir die letzten, die eintrafen, wofür ich mich beinahe ein wenig schämte. Kaum hatten wir den Tisch erreicht, wurden wir von Jonathan und Kevin mit Umarmungen begrüßt und dann wurde ich von Kai vorgestellt. "Katja, Sina, das ist Lilli. Lilli, Katja, Sina. Und natürlich die kleine Kira", fügte Kai hinzu, als er den Maxicosi neben Katja bemerkte, in dem augenscheinlich ihr Kind lag. Sina kam grinsend auf mich zu und umarmte mich direkt. "Hi, ich bin Sina. Schön dich kennenzulernen." "Lilli, freut mich." Sie ließ mich wieder los und setzte sich neben Jonathan. An ihrer Stelle zog Katja mich nun kurz und zaghaft in ihre Arme. "Ich bin Katja." "Lilli." Wir setzten uns alle hin und bestellten etwas, dann fiel mein Blick auf das Baby und ich schaute Katja fragend an. "Und das ist eure Tochter?" "Ja, Kira." Ich lächelte. "Sie ist obersüß. Wie alt ist sie denn?" "Ein Dreivierteljahr." Wir verfielen in ein lockeres Gespräch über unsere Beziehungen, die Karrieren der Jungs und Gott und die Welt. Nach knapp drei Stunden verabschiedeten sich Katja und Kevin, weil die Kleine quengelig wurde und sie niemanden stören wollten und so blieben Kai, Jonathan, Sina und ich zurück. Die Jungs fanden sich schnell in einem Gespräch über irgendwas Fußballerisches wieder, während ich mich Sina zuwandte, die mich angrinste. Verwirrt erwiderte ich ihren Blick. "Was ist los?", erkundigte ich mich unsicher, aber Sina schüttelte den Kopf. "Gar nichts. Du schaust Kai nur so an." "Wie denn?" "Na, so verliebt. Wie ein frischverheiratetes Paar halt. Als könntest du dein Glück kaum fassen, ihn geheiratet zu haben." Ich war von ihren Worten überrascht. War ich wirklich so eine gute Schauspielerin? Sicher gab es an Kai einiges, was man lieben konnte. Er war ein wahnsinnig guter Zuhörer, sah super aus, war sehr gut im Bett, konnte einen jederzeit zum Lachen bringen und war dabei niemals zu aufdringlich. Aber er hatte auch so seine negativen Eigenschaften, die ich Stück für Stück entdeckte. Er blieb zum Beispiel immer ruhig, was zwar manchmal gut war, aber wenn ich aufbrausend wurde, wollte ich streiten und mit Kai konnte man nach meinen bisherigen Erfahrungen nicht wirklich streiten. Außerdem war er nicht sonderlich meinungsstabil. Er ließ sich von seinem Berater sein Leben diktieren, was man an unserer Scheinehe ja wohl am besten sah. Ich versuchte all diese Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben und bemühte mich, in meiner Rolle zu bleiben. "Ich bin halt verliebt", entgegnete ich also schmunzelnd und Sina sah mich interessiert an. "Wie war eigentlich der Antrag? Wie hat er dich gefragt?" Ich musste leicht grinsen und beschloss, in diesem Zusammenhang möglichst nah an der Wahrheit zu bleiben. "Wir waren in einem Club feiern und plötzlich hatte er den Ring in der Hand und meinte, er wolle keine Zeit mehr verschwenden. Es sei ihm nicht wichtig, ob man schon lange zusammen ist. Mit mir fühle es sich an, als würden wir uns schon ewig kennen und lieben und na ja, wir waren in Vegas, also haben wir direkt geheiratet. Und bis jetzt war das die beste Entscheidung meines Lebens." Ich lächelte und Sina quietschte leise. "Das ist so süß. Jona und ich haben schon vor einer Weile mal übers Heiraten geredet und beschlossen, dass das eher nichts für uns ist, trotzdem freue ich mich für jede meiner verheirateten Freundinnen, als hätte ich selbst geheiratet." "Wieso ist das nichts für dich?", erkundigte ich mich interessiert. Sina zuckte die Schultern. "Wirklich erklären können wir's beide nicht. Wir wissen, dass wir uns lieben und für immer zusammen sein wollen. Das ganze Trara um Hochzeit, Ringe, Torte und so weiter, das halten wir für überbewertet. Wieso soll ich Unmengen an Geld für ein Kleid ausgeben, das ich nur ein einziges Mal im Leben tragen werde?" Ich nickte zustimmend. "Da hast du Recht. Aber aus Erfahrung kann ich sagen: Heiraten ist ein wahnsinniges Gefühl. Alles fährt Achterbahn, du rast von Euphorie zu Melancholie und zurück. Unsere Hochzeit war eine Emotionsexplosion und es war wunderschön." "Da werde sogar ich schon fast neidisch, wenn ich dir so zuhöre. Aber jetzt mal was anderes: Hast du morgen schon was vor? Wir könnten uns nochmal ohne die Jungs treffen, wenn du Lust hast." "Sehr gerne, aber morgen bin ich schon mit Gabi und Simone verabredet." "Triffst du sie zum ersten Mal?" Ich nickte. "Du wirst die zwei lieben, sie sind solche Sonnenscheine. Für meinen Geschmack ein wenig zu ruhig, aber super lieb." Ich nickte lächelnd, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Zum Glück sprach Sina sehr gerne und wechselte direkt in einem Atemzug das Thema. Fast eine Stunde lang quatschten wir über alles mögliche und ich war mir sicher, dass wir sehr gute Freundinnen werden würden. Irgendwann legte Kai mir seine Hand auf die Schulter und lächelte mich an. "Wollen wir mal langsam los, Cowgirl?" Ich nickte. "Gerne." Wir verabschiedeten uns von Sina und Jonathan, aber natürlich erst, nachdem Sina und ich Nummern ausgetauscht hatten. Während der Rückfahrt erkundigte Kai sich, wie mir der Nachmittag gefallen hatte und ich erzählte ihm zufrieden von den interessanten Gesprächen und wie gut ich mich schon mit Sina verstand. Wir wurden vom Klingeln von Kais Handy unterbrochen und er schaltete die Freisprechanlage ein. "Havertz?" "Kai, hier ist Peter." "Ah, hi Peter. Wir sitzen gerade im Auto, was gibt's denn?" "Ich hab dir ein paar Links geschickt von Artikeln über euch. Die Presse liebt das American Girl und findet die schnelle Hochzeit zwar naiv, aber größtenteils romantisch. Es läuft also alles wie geplant, wenn nicht noch besser." "Das ist super", antwortete Kai, während ich nicht wirklich wusste, wie ich reagieren sollte. Klar war es unser Ziel, dass Kais guter Ruf erhalten blieb, aber Peter gab mir manchmal das Gefühl, nur Mittel zum Zweck zu sein. Er war eben gerade kein bisschen darauf eingegangen, dass ich auch im Auto war und hatte sich nichtmal erkundigt, ob ich mich gut einlebte oder sonstiges. Irgendwie verursachte das ein unangenehmes Zwicken in meiner Brust, welches ich zu ignorieren versuchte. Eigentlich hatte er Recht. Ich war ein Mittel zum Zweck, damit Kais guter Ruf erhalten blieb und ich tat es, weil ich Kai mochte und mit Schuld an dieser ganzen Situation hatte. Ich verkniff mir ein Seufzen, während Peter und Kai noch irgendwas wegen des Vereins besprachen, dann legte Peter auf und Kai folgte seiner Anweisung und ließ mich ihm die Artikel vorlesen. Sie waren allesamt positiv und tatsächlich schien ich sehr beliebt zu sein, aber diese Erkenntnis stimmte mich gegen meinen Willen eher traurig, als zufrieden. Wollte ich wirklich nur das sein? Nur das hübsche Gesicht, das American Girl, die Ehefrau? Hatte ich nicht irgendwann einmal Träume für meine Zukunft gehabt? War jetzt nicht die Zeit, diesen Träumen wieder hinterherzujagen? Amerika war gescheitert, ich hatte dort nichts erreicht. Aber jetzt war ich wieder in Deutschland, meiner Heimat und ich hatte einen Mann an meiner Seite, dessen Unterstützung ich mir ziemlich sicher war. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich würde es ab jetzt anders machen und wieder meine eigenen Ziele verfolgen!

Let's get married!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt