1. Nacht
Die Werwölfe
1. Stock, linker Korridor, Zimmer 8; 0.00 UhrUndurchdringlich und lautlos, wie ein Leichentuch, legt sich die Dunkelheit über das Schloss. Alles ist ruhig. Nichts rührt sich auf den Gängen, lediglich in der Empfangshalle flackern ein paar Kerzen vor sich hin. Draußen huscht der Schatten einer Katze über den Innenhof und nicht der kleinste Windhauch bewegt die Blätter an den Bäumen – doch die friedvolle Stille trügt. Nicht mehr lange, und sie wird von leisen Schritten durchbrochen werden, denn es gibt einige unter den Bewohnern dieses Schlosses, die Geheimnisse mit sich herumtragen.
Um kurz nach Mitternacht schließlich, beginnt sich in einem der Zimmer im ersten Stock etwas zu regen.
Als das Handy in seiner Hand leise vibriert, schreckt Justus aus seinem unruhigen Dämmerschlaf. Endlich! Seit einer gefühlten Ewigkeit wartet er darauf, dass das Ding brummt. Nun ist es so weit: Eine Dreiviertelstunde lang hat er ab jetzt Zeit, sich mit den anderen Werwölfen zu beraten.
Bevor er sich jedoch in seinem Bett aufsetzt, linst er vorsichtig durch das Zimmer. Kontrolle ist besser, als blindlings darauf zu vertrauen, dass er unentdeckt bleiben wird. Nach ein paar Sekunden bemerkt er, dass sich auch in einem anderen Bett etwas regt: direkt neben Justus blinzelt ihn sein bester Freund Frederik verschlafen an, ansonsten ist alles ruhig. Scheint, als seien wir zu zweit, denkt Justus zufrieden, grinst Frederik zu und bedeutet ihm, kein Wort zu sagen, bis sie draußen sind. Leise und vorsichtig schälen die zwei sich aus ihren Decken. Justus ist als erster auf den Beinen und wirft einen kurzen Blick auf die anderen beiden Jungs, die mit ihnen das Zimmer teilen. Vincent und Linus schlafen tief und fest und scheinen nicht im Entferntesten zu bemerken, was um sie herum passiert. Schnell huscht Justus an ihnen vorbei und hofft, dass dieser Zustand anhält, bis er und Frederik wieder zurück sind. Er nickt seinem Kumpel zu, öffnet leise die Tür und wenige Sekunden später stehen sie beide auf dem dunklen Gang.
Kaum, dass sie allein sind, boxt Frederik ihn in die Seite.
„Hätte nicht erwartet, dass wir beide in einem Team sind, Mann.", meint er gedämpft.
„Ich auch nicht", gibt Justus zu und grinst.
Als die zwei sich grade auf den Weg zur Treppe machen wollen, senkt sich wie von Geisterhand die Klinke der Zimmertür schräg gegenüber und einen Augenblick später schlüpfen drei weitere Schatten auf den Flur. Es ist stockfinster – kein einziges Licht brennt in dem breiten Korridor, nicht die kleinste Kerze. Dennoch erkennt Justus die Gestalten von Samuel, Theo und Fabian.
„Hey", flüstert Theo, als er die anderen erkennt. „Cool, dass ihr auch dabei seid. Wo habt ihr Vincent und Linus gelassen?"
„Die schlafen tief und fest", antwortet Frederik mit einem vielsagenden Grinsen, woraufhin Theo wissend eine Augenbraue hochzieht.
„Und was ist mit euch? Seid ihr die Einzigen aus eurem Zimmer?"
Samuel nickt. „Ja. Die anderen drei sahen zumindest so aus, als würden sie schlafen."
Fabian verdreht die Augen. „Und Tom erst. So, wie der geschnarcht hat, hätte ich mir gar nicht erst 'nen Wecker stellen müssen."
Samuel muss ein Lachen unterdrücken. „Stimmt."
Zu fünft flüstern sie noch eine Weile, bis sich aus den Zimmern 6 und 9 noch insgesamt sieben Jungs zur Gruppe dazugesellen. Als er feststellt, dass aus ihrem Gang niemand mehr dazu stößt, lässt Justus leise verlauten, dass sie langsam mal nach unten gehen sollten, ehe sie doch noch bemerkt werden. Und so machen sie sich auf den Weg. An der Treppe kommen ihnen einige aus dem gegenüberliegenden Korridor entgehen und Justus registriert erfreut, dass Leo, Jan, Mateo und Erik dabei sind. Von den fünfzehn Jungs der 10a, scheint somit die Mehrheit Werwölfe zu sein.
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WOLVES - the lies we use to tell || BAND 1
HorrorBAND 1 der "WOLVES"-Trilogie _________________________________________ Vier Schulklassen. Eine Abschlussfahrt. Ein prunkvolles Schloss im Schwarzwald. Und ein Spiel, das schon bald tödlicher Ernst wird... Ein bekanntes Partyspiel im Großformat - mi...