Kapitel 21

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Zwei Jahre zuvor

Ziemlich genau eine Woche war seit meinem Treffen mit Alex vergangen. Die letzten Tage waren nicht spektakulärer verlaufen, als sonst irgendein Schultag. Das Einzige, was ein wenig für Aufregung gesorgt hatte, war Rebekkas Geburtstagsfeier. Normalerweise hätte mich das nicht besonders beeindruckt, ich hatte mit den Leuten aus den Parallelklassen abgesehen von Alex nicht sehr viel zu tun und mich daher ursprünglich auf ein ruhiges Wochenende gefreut. Wobei die Betonung wirklich auf ursprünglich lag, denn Jolina hatte natürlich bereits andere Pläne geschmiedet und Louisas und meine Proteste erfolgreich in den Wind geschlagen.

Also waren wir nun zu dritt auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier, auf die ich eigentlich keine Lust hatte – ganz zu schweigen davon, dass ich mit der Gastgeberin noch nie ein Wort gewechselt hatte – und fragte mich, ob es tatsächlich die Mühe wert gewesen war, mich im Vorhinein eine ganze Stunde lang herauszuputzen. Zweifelnd fuhr ich mir mit den Fingern durch meine dunkelbraunen Haare, die mir in dichten Wellen bis zur Taille fielen, während ich gleichzeitig im Spiegelbild meines Handydisplays den goldenen Lidschatten um meine Augen inspizierte.

Die Antwort lautete: hoffentlich. Denn ein kleiner verräterischer Teil von mir hatte natürlich darauf spekuliert, auf dieser Party eine ganz bestimmte Person anzutreffen. Was dann auch zu dem einzigen Grund führte, warum ich mich nicht viel vehementer gegen Jolinas Überredungskünste gewehrt hatte. Augenverdrehend steckte ich das Handy weg und fragte mich – wahrscheinlich nun zum hundertsten Mal – ob Alex wohl an diesem Abend ebenfalls auftauchen würde. Obwohl es eigentlich blödsinnig war, sich das zu fragen, sofern man den Gerüchten Glauben schenken wollte, wen Rebekka alles eingeladen hatte.

Jolina hatte natürlich ganz genau gewusst, dass ich schlussendlich nicht nein sagen konnte, obwohl ich der totale Partymuffel war. Genau wie Louisa. Dabei hatte ich eigentlich über die vergangenen Ereignisse größtenteils geschwiegen wie ein Grab – aus gutem Grund.

Was sich jedoch leider nicht verbergen ließ, war das, was tagtäglich in den Pausen geschah, wenn sich Alex – nun wieder deutlich regelmäßiger, als die Wochen davor – zu unserer Runde gesellte. Dass ich mich in diesen Minuten neuerdings teilweise recht eigentümlich verhielt, ließ sich nicht leugnen. Dieses kribbelige Gefühl, das sich in mir ausbreitete, kaum dass Alex in meiner Nähe auftauchte, war da zumindest noch weniger auffällig, ganz im Gegensatz zu der Tatsache, dass ich in diesen Momenten das Grinsen kaum mehr aus dem Gesicht bekam.

Leise seufzte ich. Meine Mädels kannten mich einfach zu gut.

Die warme Abendluft wehte uns um die Nase, während wir zu Fuß zu Rebekkas Haus gingen – sie wohnte nicht weit von Jolina entfernt und somit brauchten wir nur wenige Minuten, bis wir bei ihr eintrafen.

Jolinas Freundin öffnete uns die Tür und bat uns freudestrahlend herein. „Hey, schön, dass ihr da seid!"

Sie umarmte Jolina zur Begrüßung und nickte Lou und mir lächelnd zu, während sie ihre langen rotbraunen Haare lässig zurückwarf. Ich hatte nie wirklich gewusst, was ich von ihr halten sollte; ich kannte sie lediglich vom Sehen. Sie war kleiner als ich, ungefähr so groß wie Louisa. Sie war echt hübsch, stellte ich wie jedes Mal fest, auch wenn die stechenden hellgrünen Augen, mit denen sie jeden auf Herz und Nieren zu prüfen schien, mich zugegebenermaßen ein wenig nervös machten.

Während sich Rebekka schon um die nächste Gruppe von Gästen kümmerte, legten Lina, Lou und ich unsere Sachen bei der Garderobe ab und gingen nach drinnen. Im Wohnzimmer saßen bereits einige Leute auf den Sofas und bedienten sich an dem Knabberzeugs, das hier überall rumstand.

Louisa und ich hielten uns dicht an Jolina, die sich hier eindeutig besser auskannte und uns nach längerem Suchen zu einer Gruppe Mädchen aus unserer Klasse führte. Während Jolina sich mit allen sofort glänzend verstand, hielten Louisa und ich uns eher abseits und ich ließ den Blick durch die Menge an Gästen schweifen, deren Anzahl mit jeder Minute weiter anstieg. Mittlerweile erkannte ich Leute aus allen vier Klassen unserer Stufe plus ein paar fremde Gesichter– vermutlich aus den Stufen über uns. Eine gute Stunde lang vertrieb ich mir die Zeit damit, die Leute um mich herum zu beobachten – wobei ich Alex zu meiner Enttäuschung nirgendwo entdeckte. Plötzlich wurde laute Musik aufgedreht und mit einem Mal war das Haus voll mit Leuten, die sich in ihrem Takt mitbewegten und feierten. Irgendwann schaltete auch jemand das Licht aus und nun wurde alles nur noch von bunten Lämpchen beleuchtet, die überall herumhingen. Ich hatte mir vorgenommen, wenigstens zu versuchen, mich einigermaßen der Musik hinzugeben, auch wenn das vielleicht nicht ganz funktionieren würde.

WOLVES - the lies we use to tell || BAND 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt