Kapitel 18

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Auf dem Weg nach unten ins Foyer kann ich mein Vorhaben, mich mit Alex zu treffen, auch sogleich in die Tat umsetzen - besser gesagt muss ich mich noch nicht einmal selbst darum bemühen. Als ich die Treppe nach unten haste, rennen wir beide fast ineinander, doch bevor ich etwas sagen kann, packt Alex auch schon meinen Arm und zieht mich mit sich in eine dunkle Ecke im Gang. Als wir allein sind und er sich zu mir umdreht, durchbohren mich seine dunkelblauen Augen beinahe, aber gleichzeitig ist da auch noch ein eigentümlicher Glanz, den ich nicht recht deuten kann. Dennoch wird mir sofort ohne ein Wort klar, warum er mich hierhin gezerrt hat - auch er will reden. Und die Fassungslosigkeit in seinem Gesicht lässt auch keinerlei Zweifel daran, worüber.

„Ich glaub' das einfach nicht", presst er hervor und meine Gedanken springen augenblicklich zum gestrigen Morgen zurück, an dem Vivian gestorben ist und Louisa genau den gleichen Satz gesagt hat.

„Ich weiß, keiner tut das", erwidere ich seufzend und schaue dabei kurz zu ihm hoch. Da ist immer noch dieser eigenartige Ausdruck in seinen Augen, doch bevor ich etwas dazu sagen kann, erstickt er jede meiner Fragen im Keim.

„Du hast es auch gewusst, stimmt's? Du hast von all dem gewusst, seit Vivian tot war und hast nichts gesagt."

Sprachlos blinzle ich. Das war keine Frage, eher eine Feststellung, doch grade das und vor allem die Nüchternheit in seiner Stimme lassen die Schuldgefühle wieder in mir aufflammen. Ich öffne den Mund, um es zu erklären, mich zu entschuldigen, doch mein Hirn ist wie leergefegt.

„Ich..."

„Schon gut", unterbricht er mich da auch schon. „Du musst nichts erklären. Ich versteh schon."

Augenblicklich breitet sich Kälte in seinen Augen aus und mit einem Mal bin ich mir sicher, dass er glaubt, ich habe wegen dem geschwiegen, was zwischen uns passiert ist - obwohl das doch überhaupt nicht stimmt! Aber ein erneuter Blick zu ihm verrät mir, dass jegliche Erklärungsversuche keinen Sinn haben. Und als wolle er das unterstreichen, wechselt er auch sogleich das Thema.

„Habt ihr eine Ahnung, warum das alles passiert?"

Verärgert gebe ich es auf. Soll er doch von mir denken, was er will. Ich zucke mit den Schultern.

„Nein. Der Zettel war einfach am ersten Abend da - keiner weiß, wo er herkommt."

„Hm", macht Alex und fährt sich durch die Haare. „Na ja, an Beweisen, dass das alles stimmt, mangelt es ja nicht." Er stöhnt. „Oh Mann. Ich komm' einfach immer noch nicht drauf klar, was da heute Morgen abgegangen ist."

Betreten nicke ich. „Ich finde es auch krass..."

„Vor allem, wenn ich an Ida denke.", fährt er fort. „Muss echt schrecklich sein, die beste Freundin tot aufzufinden..."

Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch. „Beste Freundin? Auf mich wirkte es eher, als hätten Maja und Ida ziemlichen Stress miteinander gehabt. Gestern habe ich mitbekommen, wie sie sich mitten im Gang gestritten haben."

„Gestritten?" Alex mustert mich verwirrt. „Davon hab ich nichts bemerkt. Ich weiß jedenfalls, dass die zwei sich noch von der Grundschule kennen. Hast du denn gehört, worum es ging bei dem Streit?"

„Nur bruchstückhaft", erkläre ich und bemühe mich, die Erinnerung daran wieder wachzurufen. Nach all den Ereignissen, die darauf gefolgt sind, erscheint mir diese kleine Auseinandersetzung beinahe unbedeutend.

„Es ging auf jeden Fall um das Spiel. Maja meinte etwas in die Richtung, dass Ida etwas getan hat, was sie nie von ihr gedacht hätte. Aber keine Ahnung, was sie damit gemeint hat."

Alex runzelt die Stirn und denkt eine Weile nach. Dann leuchtet plötzlich etwas auf in seinem Gesicht.

„Könnte es sein, dass es was mit Lutz zu tun hat?", überlegt er laut und im ersten Moment weiß ich nicht, von wem er redet.

WOLVES - the lies we use to tell || BAND 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt