Mirjam
1.49 UhrIm letzten Moment beuge ich mich nach hinten und weiche somit dem ausgestreckten Arm meines Gegners aus. Hastig weiche ich zurück, immer weiter, ihn nicht aus den Augen lassend, bis ich den Stamm eines Baumes im Rücken spüre und abrupt stehen bleiben muss. Mist!, fluche ich innerlich und sehe im nächsten Moment, wie mein Gegenüber hämisch grinst. Wütend funkle ich zurück und gehe sofort in Abwehrhaltung. Soll er doch kommen. Noch hat er mich nicht kleingekriegt!
Als hätte er meine stumme Herausforderung gehört, macht der Werwolfjunge noch einen Schritt auf mich zu und will grade wieder seinen Arm nach mir ausstrecken, da sehe ich aus den Augenwinkeln einen Schatten vorbeihuschen. Max springt dazwischen, stürzt sich auf den Jungen und versucht, ihn zurückzudrängen. Schnell nutze ich die Ablenkung und weiche ins nächste Gebüsch zurück, von wo aus ich alles im Blick habe.
Die drei Jungs, die wie aus dem Nichts aufgetaucht sind, erweisen sich als harte Gegner. Auch, wenn es am Anfang noch schien, als hätten Max, Rafael und ich die Oberhand – nicht zuletzt deswegen, weil Max bereits einen von ihnen überwältigt hatte – so sieht es mittlerweile doch danach aus, als wären wir diejenigen, die zurückgedrängt werden. Ich runzle die Stirn. Abgesehen davon, dass wir bei einem kleinen Kampf zuvor zwei aus unserer Gruppe verloren haben, lief es bis jetzt gut. Aber ob wir auch diesmal Glück haben, erscheint mir mit jeder Sekunde fraglicher.
Kurz lasse ich meine Augen durch die Dunkelheit huschen, in der nur das Gewirr zweier verschiedenfarbiger Armbänder zu sehen ist, um herauszufinden, wo Rafael ist. Mit einem Schaudern entdecke ich ihn, wie er mit dem zweiten Jungen, kämpft, der noch übrig ist – und ich bekomme grade noch mit, wie der ihm den rechten Arm auf den Rücken drückt und ihn dann mit einem triumphierenden Ausdruck im Gesicht loslässt. Rafael ist raus.
Panisch springt mein Blick zurück zu Max und ich will schon aufspringen und ihm helfen, doch Rafael, der mich in meinem Versteck entdeckt hat, wirft mir einen eindringlichen Blick zu, der mir bedeutet, mich gefälligst nicht zu rühren. Zuerst will ich protestieren, doch dann begreife ich, warum ich in Deckung bleiben soll – Max wird es nicht schaffen. Und Rafael will, dass wenigstens ich überlebe.
Sogleich eilt der Werwolf, der ihn getötet hat, seinem Kumpel zu Hilfe und es ist nur eine Frage von Sekunden, bis auch Max sein Armband herunterreißt. Kurz verberge ich das Gesicht in den Händen und ziehe schnell den Ärmel über mein rotes Armband, damit die Werwölfe mich nicht doch noch bemerken. Als ich wieder aufblicke, nicken Rafael und Max mir ein letztes Mal unauffällig zu, dann machen sie sich vom Acker. Nun bin ich allein.
Die beiden anderen Jungs scheinen derweil nach mir zu suchen, doch sie entdecken mich zu meiner Erleichterung nicht und endlich ziehen auch sie ab. Für eine Weile bleibe ich noch sitzen und versuche, meinen Puls zu beruhigen und meine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Resigniert schließe ich die Augen. Scheint, als wäre ich nun wieder auf mich gestellt. Leise seufze ich und sehe mich um. Als ich niemanden in meiner Umgebung entdecke, wage ich es, mich aus dem dichten Gestrüpp zu befreien.
Grade will ich mich zu einer Reihe von dichten Sträuchern aufmachen, da knackt es hinter mir. Oh Scheiße! Ruckartig drehe ich mich um – und erstarre. Vor mir steht Michelle, mit zerzausten Haaren und unruhigem Blick.
Als sie mein rotes Armband entdeckt, flackert Triumph in ihren Augen auf, doch auch, wenn sie wie ein normaler Werwolf aussieht, weiß ich, dass der Schein trügt. Allein ihre fahrigen Bewegungen und das unheilvolle Glitzern in ihren Augen zeugen davon, dass sie von irgendetwas beeinflusst ist, was ich nicht sehe und allein das jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Ihr Anblick lässt mich mit einem Mal nicht mehr daran zweifeln, dass sie Vivian umgebracht hat – und wenn ich jetzt nichts tue, wird das früher oder später uns allen zum Verhängnis.
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WOLVES - the lies we use to tell || BAND 1
HorrorBAND 1 der "WOLVES"-Trilogie _________________________________________ Vier Schulklassen. Eine Abschlussfahrt. Ein prunkvolles Schloss im Schwarzwald. Und ein Spiel, das schon bald tödlicher Ernst wird... Ein bekanntes Partyspiel im Großformat - mi...