Die Dragonfly-Chroniken

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𝐶𝑎𝑟𝑟𝑖𝑒

Die Dragonfly hatte einen ordentlichen Vorsprung und so verließ Lilys Schiff nicht einmal den Hafen um uns zu verfolgen, es wäre sinnlos gewesen. Ryan stand wie immer am Steuer, doch sein Blick war fast ein wenig wehmütig, und das obwohl er sein Schiff wieder hatte! Mit einem mulmigen Gefühl im Magen setzten Fran und ich uns zu Jake und Finn, die gerade neugierig eine abgewetzte Karte musterten.

"Die hattet ihr vorher noch nicht, oder?" fragte ich und versuchte mein schlechtes Gewissen wegen des Fluchtversuchs zu verbergen.

"Die hab' ich aus Lilys Büro mitgehen lassen!" antwortete Jake und grinste stolz.

"Wir fahren als erstes zu unserem Hauptquartier, dort füllen wir den Proviant auf." erklärte uns Finn was nun anstand.

"Und euer Hauptquartier ist auf einer gewöhnlichen Karte eingezeichnet?" fragte Fran stirnrunzelnd, woraufhin Jake nur noch breiter grinste.

"Auf gewisse Weise ja!" kam es von Finn, der nun auch stolz lächelte. "Wir haben da etwas entwickelt."

Vorsichtig riss er einen Streifen auf der linken Seite der Karte ab, der Riss ging genau durch eine kleine Inselgruppe. Dann faltete er die ganze Karte einmal in der Hälfte...

"Ihr müsst euch umdrehen, das dürft ihr nicht sehen!" kommandierte Jake, genervt drehten wir uns weg.

"Du musst das dahin legen!" flüsterte Finn und wir hörten das Rascheln der Karte, dann noch mehr Reißen des Pergaments. "Ok, fertig!" rief Finn und trug die umgestaltete Karte weg.

"Es gibt ein bestimmtes Verfahren das mit jeder Karte funktioniert, so finden wir unsere Insel immer wieder!" erklärte Jake. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Diese Typen verwirrten mich. Meistens benahmen sie sich wie die größten Idioten, doch dann entwickelten sie wieder so eine geniale Karte!

Ich konnte jedoch nicht lange darüber nachdenken: Mittlerweile waren wir schon eine Weile auf See und die Küste schon weit entfernt, da verließ Ryan seinen Posten und kam zu uns, Finn war auch wieder da.

"Ich glaube, wir müssen mal was bereden." meinte Ryan ernst und setzte sich auf einen umgedrehten Eimer. Augenblicklich verschloss sich Frans Gesichtsausdruck, sie zupfte auf ihrem Ärmel herum und auch ich verschränkte die Arme.

"Was gibt's?" fragte Finn und sein Gesichtsausdruck war genau so ratlos wie der von Jake.

"Die beiden wollten von Lilys Schiff abhauen, ich hab es genau gesehen." Ryans Stimme war ruhig, aber bestimmt. "Wir haben euch doch gesagt, dass so etwas Konsequenzen hat!"

Fran und ich schwiegen, was sollte man auf sowas auch antworten? Wir hatten mächtig versagt und mussten nun die Konsequenzen tragen. Erwartungsvoll sah ich zu Jake- war er sehr wütend? Würden sie uns nun wirklich mehr wie ihre Geißeln behandeln und wir mussten wieder an den Mast?

"Glaubst du wirklich, dass das nötig ist?" fragte Jake zweifelnd.

"Sie wollten flüchten?!" kam es von Ryan, der seine beiden Freunde verständnislos anstarrte.

"Flüchten ist das Natürlichste der Welt, das ist ein Instinkt. Wir können nicht von ihnen verlangen still sitzen zu bleiben, wenn die Tür offen steht." wandte Finn ein, überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. Scheinbar hatten wir zwei Fürsprecher.

"Ich wäre dafür diesen Vorfall einfach zu vergessen, immerhin sind sie ja noch da und es ist auch niemand zu Schaden gekommen." meinte Jake und zuckte mit den Achseln.

"Meinetwegen, ich bin eh überstimmt!" rief Ryan, sah jedoch nicht besonders gekränkt aus. Wahrscheinlich war es ihm hauptsächlich darum gegangen, sein Wort zu halten. Fran warf mir einen undefinierbaren Blick zu, doch sie war definitiv erleichtert.

"Danke!" murmelte sie leise, worauf Finn mit "Nichts zu danken!" antwortete.

Die Sterne funkelten am Nachthimmel über uns als Ryan Kurs auf eine kleine Insel aufnahm. Tagsüber hätten sie uns vielleicht unter Deck geschickt, aus Angst wir könnten uns den Weg merken, doch da es ohnehin dunkel war, blieben wir alle oben. Das erste was wir hörten, als wir mit dem Beiboot am Strand anlegten, war ein lautes Bellen. Sofort sprangen die drei Piraten ins Wasser und stürzten sich glücklich auf einen wuscheligen, braun-weißen Hund.

"Haaallo Tiger!" rief Jake begeistert.

"Das hier ist Tiger!" stellte Finn uns grinsend den Hund vor, nur um Jake hinterherzurennen. Lachend liefen wir ihnen bis zu einer kleinen, bruchreifen Hütte nach. Aufgeregt sprang der Hund nun auch Fran und mir entgegen, sofort begannen wir Tiger zu streicheln.

"Ryan, er hat schon wieder deine Decke gefressen!" verkündete Finn aus der Hütte, nur um dann mit einem Feueranzünder herauszukommen. Währenddessen hatte Jake Feuerholz geholt und Ryan eine Klappe im Boden geöffnet, wahrscheinlich um etwas zu Essen zu holen. Wir kuschelten inzwischen mit Tiger und warteten, bis das Feuer brannte und Ryan uns Schiffszwieback in die Hand drückte.

"Habt ihr der Insel eigentlich auch einen Namen gegeben?" fragte ich und schleuderte kleine Zweige in die Flammen.

"Nein, es ist die einzige Insel ohne Namen, weil sie nicht auf der Karte zu finden ist. So ist sie für jeden außer uns unsichtbar!" antwortete Jake und streichelte Tigers Bauch.

"Und wie viele Schiffe kommen hier so vorbei?" erkundigte sich nun auch Fran, woraufhin Finn lachte.

"Eigentlich keine, oder was sagst du, Tiger? Du bist länger hier als wir!" Der Hund wuffte bloß leise, woraufhin wir alle grinsen mussten.