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𝐹𝑟𝑎𝑛𝑐𝑒𝑠

Wie in Trance ließ ich mich auf die Knie fallen und hob die Arme. Ich bekam nicht einmal richtig mit, wie mich einer von Dads Männern grob wieder auf die Beine zog und mich mit der Mannschaft auf das Schiff brachte. Nur noch einen letzten Blick konnte ich zurück auf die Dragonfly und Allens Leiche erhaschen, dann wurden wir weggebracht.

Ich fing erst wieder an klar denken zu können, als mich einer der Männer plötzlich in eine andere Richtung als die Crew schubste.

"Hey!", beschwerte ich mich und wollte mich von dem festen Griff des Mannes lösen.

"Fran!", rief Finn und wollte zu mir rennen, wurde jedoch von den anderen zurückgehalten.

"Sie gehört zu uns!", versuchte es Carrie verzweifelt weiter. Unsere Angreifer wechselten kurz Blicke, dann nickte der, der Carrie am nächsten stand und brachte sie zu mir.

"Nein!", protestierte Jake, konnte aber nichts dagegen tun.

Hilflos ließen wir uns zur Kajüte des Captains führen. Dort angekommen schubsten uns Männer hinein. Am Schreibtisch saß mein Vater- keine Ahnung wie er so schnell dort hingekommen war- und grinste uns dreckig an. Meine Augen verschmälerten sich und ich fühlte Wut in mir aufkommen. Wut, von der ich wusste, dass ich sie nicht unterdrücken konnte, wenn sie ausbrach.

"Meine liebste Frances.", sagte er, sein hässliches Lächeln immer noch auf den Lippen.

"Dad.", presste ich hervor. Carrie stand neben mir, nicht weniger wütend.

"Es freut mich, dich gefunden zu haben."

"Was habt Ihr jetzt vor?", unterbrach ihn Carrie. Mein Vater hob belustigt die Augenbrauen und wechselte einen Blick mit den Wachmännern hinter uns. Ich hatte die böse Vorahnung, dass mir seine Antwort ganz und gar nicht gefallen würde. Er lehnte sich locker nach hinten und begann zu sprechen:

"Ich weiß, dass ihr diesen dummen Fehler nur begangen habt, weil ihr mit euren hübschen Frauenköpfen nicht richtig denken könnt." Ich ballte meine Hände zu Fäusten und auch Carrie spannte sich neben mir an. "Deshalb werde ich euch nicht aufhängen lassen, wie den Rest eurer dreckigen Leute."

"Sondern?", fragte ich kühl, obwohl mich das Ganze alles andere als kalt ließ. Ich konnte nur an Finn und die Crew denken.

"Ich werde euch verheiraten! Ich habe zwei tolle Admirale gefunden, die mir einen Haufen Geld geboten haben, um euch heiraten zu können."

"Nein!", schrie ich und spürte sofort eine Hand von einem seiner Männer, die mich am Arm packte und festhielt. Offenbar hatte Dad Angst, dass eine von uns auf ihn losstürmen würde. "Du Arschloch!", rief ich weiter, was meinen Vater nur noch mehr Genugtuung verschaffte.

"Bringt sie in ihre Kajüte, bewacht sie Tag und Nachts.", wandte er sich zufrieden an den Wachmann. Wütend funkelten Carrie und ich ihn an, wehrten uns aber nicht. Er fände es nur noch unterhaltsamer. Wir gingen hinauf aufs Deck, nur um danach in eine andere kleine Kajüte geworfen zu werden.

"Scheiße.", murmelte ich und ließ mich an der Wand hinunter gleiten. Ich wollte meine Augen schließen, doch dann sagte Carrie, die aus dem kleinen Fenster mit den Gittern davor hinaus aufs Deck schaute:

"Schau, da ist die Crew!"

Inzwischen hatten die Männer des Gouveneurs scheinbar auch Lily gefunden, ich konnte ihre roten Haare neben Ryan erkennen. Doch entgegen aller Erwartung sah sie nicht besonders glücklich aus.

"Warum muss denn Lily immer noch bei den anderen stehen?", fragte ich Carrie, "Das macht doch keinen Sinn!"

Mit beunruhigter Miene nickte sie zustimmend, doch noch bevor sie etwas sagen konnte, begannen sich die Stimmen an Bord wieder zu erheben.

"Ich habe euch doch gesagt, dass ich keine Piratin bin! Die haben mich entführt, übergebt mich einfach wieder an mein Schiff!", rief Lily verzweifelt, doch die Männer lachten bloß.

"Glaubst du wirklich, wir lassen uns so austricksen? Du warst nicht einmal gefesselt! Hast wohl gedacht wir merken nicht, dass du dich unter Deck versteckt hast!", antwortete ihr einer von ihnen abwertend.

"Aber ich bin doch bloß...!" Klatsch! Ein Schlag schallte über das Schiff, der Mann hatte Lily eine verpasst. Wütend vergrub ich meine Finger im Stoff meines Kleides, sie war doch wirklich keine von uns!

"Sir, sie ist keine Piratin!", verteidigte Ryan Lily wütend, die geschockt zurückgewichen war. Als Antwort entsicherte der Gouveneur seine Waffe und schoss nur knapp an unserem Captain vorbei. Carrie zuckte neben mir zusammen.

"Lasst das Mädchen über die Planke gehen! Sie war frech und ich will nicht das Risiko eingehen, dass sie wirklich jemand ist auf den man hört! Was auf diesem Schiff passiert, wird es nicht verlassen und den scheußlichen Piraten glaubt ohnehin keiner!", kommandierte der Gouveneur, woraufhin Ryan trotz der Anweisung auf dem Boden zu bleiben aufsprang.

"Sie hat nichts Unrechtes getan! Lily hat das nicht verdient!", rief er verzweifelt, auch in Jakes und Finns Augen sah ich, dass sie es so nicht enden sehen wollten.

"Verdammt sie dürfen nicht...!", zischte Carrie neben mir und ich nickte sprachlos.

"Setz! Dich! Hin!", brüllte mein Vater unseren Captain an, während Lily von 2 Männern zur Planke gezerrt wurde. Sie versuchte sich loszureißen, doch der Schock über den Schlag stand ihr immer noch ins Gesicht geschrieben. "Na los Mädchen, es gibt nur eine Richtung für dich!" meinte der Gouveneur kalt zu Lily, die mittlerweile auf der Holzplanke stand.

"Wir müssen irgendetwas tun!", rief ich panisch, rannte zur verschlossenen Tür und suchte nach etwas, um sie damit aufzubekommen. Carrie war währenddessen am Fenster stehengeblieben und zuckte plötzlich zusammen, das war der Moment als ich wusste, dass Lily von Bord gegangen war. Es lief mir eiskalt über den Rücken als ich wieder neben meine Freundin trat. Die Männer dort draußen lachten! Sie lachten einfach!

"Lilyyyyy!", brüllte Ryan und ich konnte an seiner Stimme hören wie sehr ihn diese Ungerechtigkeit mitnahm. Doch als er sich plötzlich losriss und mit einem Satz über Bord sprang, überraschte es mich doch sehr. Auch Finn, Jake, Jim und Sam waren aufgesprungen, Ryans Aktion hatte die Crew kurz abgelenkt.

"Nimm den Köter auch mit!", rief mein Vater jedoch nur unbeeindruckt und beförderte Tiger, der qualvoll jaulte, mit einem Tritt vom Schiff. Wütend schlug Carrie gegen die Holzwand des Schiffes, dann wandte sie sich zu mir:

"Ich glaube es wird Zeit deinen Vater in die Hölle zu schicken!" Ich nickte grimmig.

Die Dragonfly-ChronikenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt