Tränen im Regen

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Ich bin mit Itachi auf dem Rückweg von einer Mission. Die Aufgabe war zu zweit nicht schwer, weshalb wir nach ein paar Stunden wieder auf dem Weg zum Hauptquartier sind. Warum ich mit Itachi unterwegs bin? Ich bin nur seit ein paar Monaten in Akatsuki und habe keinen festen Partner bekommen, da Deidara Tobi zugewiesen bekommen hat. Itachis eigentlicher Partner Kisame ist auf einer Solomission unterwegs. Also dürfen wir zusammen los.

Wir sind noch nicht weit gekommen und es beginnt zu nieseln. Neugierig schaue ich noch oben und schiebe dabei meinen Strohhut etwas nach hinten. Ein paar Tropfen landen auf meinem Gesicht, weshalb ich mich zu Itachi wende: „Wir sollten uns unterstellen, der Regen wird nämlich noch viel mehr werden. Da wir eh schnell sind, können wir uns die Pause leisten."
Itachi sagt nichts, sondern geht einfach weiter.
Seufzend versuche ich es erneut: „Wenn du mir nicht antwortest, nehme ich das als Ja und wir stellen uns unter." Ein Ultimatum soll doch immer etwas bringen.

Jetzt sieht Itachi mich an und stellt sich unter den nächstgelegenen Baum. Lächelnd setze ich mich rechts neben ihn und beobachte, wie der Regen immer mehr wird. Wir wären jetzt schon komplett durchnässt.
Mein Blick wendet sich nach rechts und ich sehe, wie der Regen Pfützen bildet. Die Luft wird angenehmer und leichter einzuatmen. Ich schaue wieder nach links, aber Itachi steht nicht mehr neben mir. Er ist auf die andere Seite der Straße in den Regen gegangen. Aber warum? Will er so dringend nass werden?

Verwirrt stehe ich auf, bleibe aber unter dem Baum stehen. Itachi steht mit dem Rücken zu mir, also kann ich sein Gesicht nicht sehen.
Wenn ich so darüber nachdenke, stellt sich Itachi öfters in den Regen. Jedes Mal, wenn ich ihn dabei zusehe, bewegt er sich auch nicht, wie jetzt. Als wäre er eine Statue oder ein Fels. Warum tut er das? Das einzige, was er davon hat, ist eine Erkältung, die er schon drei mal dadurch hatte. Ich traue mich aber auch nicht näher heranzugehen. Irgendwie habe ich das Gefühl, ihm ist diese Zeit wichtig und er will nicht gestört werden. Aber ihn dort so stellen zulassen, will ich auch nicht.

Der Regen nimmt noch einmal an Stärke zu und die Tropfen werden größer. Mittlerweile ist die Luft noch kühler und nicht mehr so angenehm wie zu Beginn. Somit sehe ich weiterhin Itachi an, den der Regen nicht stört. Aber er zuckt leicht.
Weint er etwa? Nein. Warum soll er weinen? Aus Verwirrung gehe ich nun doch langsam zu ihm. Dennoch rührt er sich nicht. Vorsichtig stelle ich mich vor ihn und sehe ihn an. Er ist komplett durchnässt, was ich nun auch werde, aber es stört mich nicht. Itachi weint nämlich wirklich. Durch den Regen ist es etwas schwer, es zu erkennen. Der Strohhut lässt nämlich mittlerweile auch das ganze Wasser durch und sein Gesicht ist somit nass. Aber ich sehe einzelne Tränen aus seinen Augen die Wangen herunter laufen.

Itachi sieht mich schockiert an. So einen Gesichtsausdruck habe ich bei ihm noch nie gesehen.
„Du weinst, wieso? Was ist los?", frage ich vorsichtig nach. Aber wie erwartet bekomme ich keine Antwort.
Meine Sachen kleben nun an meinem Körper und mein Hut wird immer schwerer auf meinem Kopf. Dennoch halte ich den Blickkontakt zu Itachi, der immer noch weint.
Ich verstehe nun, was los ist: „Du denkst, dass im Regen keiner sieht, dass du weinst... Deshalb tust du dir die Nässe und die Kälte an." Am liebsten hätte ich seine Tränen weggewischt, aber ich weiß nicht, wie er reagieren würde.
„Rikona..", setzt Itachi an. Der Regen nimmt etwas ab. „Ja, so ist es."

Seine Antwort irritiert mich. Ich weiß, dass er seine Tränen versucht zu verstecken, aber ich habe nicht erwartet, dass er es so einfach zu gibt. Das ist nicht Itachis Art. Zumindest kenne ich ihn nicht so.
„Was tut dir so weh, dass du weinst?", frage ich nun. Ich hoffe, dass er noch mehr erzählt. Vielleicht kann ich ihn so beruhigen.
„Mein Bruder." Er hebt seinen Kopf und blickt in den Himmel. Es hängen nur noch einzelne Wolken über uns, aber sie ergießen sich dennoch voll auf die Erde und somit auf uns.
Sein Bruder, also seine Vergangenheit und vielleicht die Zukunft. Was genau, will ich nicht erfragen. Kisame erzählte mir, dass Itachis Bruder ihn irgendwann töten will. Vielleicht ist es der zukünftige Kampf und das Schicksal seines Bruders, was ihn so mitnimmt. Aber kennt er das Ende denn schon?
„Was es auch deswegen sei, warum änderst du es dann nicht?" Ich kann damit Itachis Aufmerksamkeit wieder auf mich ziehen.
„Es gibt nichts zum Verändern." Er geht an mir vorbei und wandert in unsere eigentliche Richtung weiter. Langsam folge ich ihm, halte aber Abstand.

Scheinbar denkt er nach, denn seine Schritte werden nach der Zeit langsamer. Wie die Regentropfen, die langsamer auf die Erde fallen und weniger werden. Die Sonne schiebt sich leicht an den Wolken vorbei und scheint herab.
„Wenn der Regen das Dunkle und Unschöne darstellen soll, dann ist die Sonne doch der Lichtblick und die Veränderung in dieser düsteren Zeit, oder nicht?" Mein Blick wandert hoch zur Sonne und ich scheine bei Itachi etwas getroffen zu haben, denn er bleibt stehen und dreht sich zu mir um. Wieder bleibe ich vor ihm stehen: „Itachi, nichts ist festgeschrieben und soll so im Dunklen gelassen werden. Es gibt immer etwas, was verändert werden und Licht bringen kann."

Itachi sieht mich genau an. Seine Tränen versiegen langsam, aber er ist immer noch komplett nass, wie ich. „Rikona..."
Doch bevor er irgendetwas sagen kann, wische ich seine letzten Tränen von den Wangen: „Wenn es dir nichts ausmacht, finden wir gemeinsam einen Weg. Alleine lassen werde ich dich mit dem ganzen Schmerz nämlich nicht."
Er nickt. Itachi stimmt mir zu, weshalb ich nur lächeln kann. Es ist merkbar, dass er jemanden braucht, der ihm Halt gibt und mit ihm redet. Er braucht das Wissen, dass jemand für ihn da ist und er nicht allein durch alles muss. Und das die Zukunft nicht vorgeschrieben und geplant werden kann. Vielleicht erzählt er mir von seinem Ziel, vielleicht akzeptiert er mich als seinen Halt und alles was dazugehört.

Ruhig genieße ich den Augenblick. Der Himmel strahlt und in Itachi scheint sich auch etwas Hoffnung zu regen.
Der Moment wird aber gestört. Von mir, da ich niesen muss, was sogar Itachi zum Lächeln bringt: „Lass uns weitergehen. Du wirst krank." Damit machen wir uns weiter zum Quartier, als Hoffnung und Halt für den jeweils anderen.

Naruto - One Shots! (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt