Verlegen

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Stegi verspürte wieder dieses altbekannte kribbeln in seinem Bauch. Als ob tausend kleine Schmetterlinge darin herumfliegen würden. Er hätte in diesem Moment nicht glücklicher sein können. Das es das erste Mal war, dass Tim das zu ihm sagte und er es wirklich ernst meinte, fiel ihm in diesem Moment gar nicht auf. „ Ich dich auch.", erwiderte Stegi leise flüsternd. Das dieses ich liebe dich für beide eine unterschiedliche Bedeutung hatte, war Stegi klar. Nichts zu erwidern, oder gar ein ich mag dich über die Lippen zu bringen, wäre in diesem Moment einfach unangebracht gewesen. Dieses freundschaftliche, auf dem Weg zur Liebe ich liebe dich meinte er aber so ernst, wie Tim sein ich liebe dich. Irgendwann, da war Stegi sich sicher, würde dieses ich liebe dich für sie beide die selbe Bedeutung haben. Das musste es einfach. Tim war alles für ihn im Moment. Ohne ihn würde er alles verlieren. Nur seine Freundschaft zu Tobi und Rafi und deren Unterstützung würde ihm bleiben. „ Habt ihr euch schon mal vorgestellt, wie es wäre frei zu sein? Ohne Rudel und die ganzen Regeln und Vorschriften. Einfach für den Moment leben und sich keine Gedanken um morgen zu machen.", fragte Tobi in die Stille. Tatsächlich ja, musste der blonde gestehen. Aber nicht aus den selben Gründen wie sein Freund. Stegi hatte oft überlegt einfach ab zu hauen. Gerade in letzter Zeit. Wenn er ehrlich mit sich war, hätte er als ungebundener Omega keine vier vier Wochen auf der Straße überlebt. Klein und zierlich wie er war, wäre er anderen schutzlos ausgeliefert. Vor allem wenn sich Alpha an ihm vergreifen hätten wollen. Der Gedanke das Rudel zu verlassen und sich im Wald oder in der Menschenwelt durch zu schlagen, klang zwar nach einer größeren Chance zu überleben, aber nicht weniger schwer oder kompliziert. Wäre er immer noch ungebunden würde er diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Doch jetzt hatte er Tim an seiner Seite, der ihm die Straße ersparte. Abhauen war also keine Möglichkeit mehr. Auch wenn er gerade noch ein paar Probleme und unangenehme Situationen vor sich hatte, vor denen er am liebsten weglaufen würde, war das alles nicht so schlimm. Gerade hatte er etwas, voran er sich festhalten konnte, was ihm Hoffnung gab. „ Es hat seine Reize. Ich bin als Kind wirklich mal abgehauen und bin ne Woche allein durch den Wald gestreift. Es war echt schön, aber auch nicht gerade einfach. Leider hat man mich gefunden und zurück gebracht. Ich hab so mega anschiss deswegen bekommen, aber das war es mir definitiv wert. Ehrlich ich würde es wieder machen, vorausgesetzt, ein gewisser blondschopf würde mitkommen." Stegi wurde, wie so oft schon in dieser Woche rot um die Nase und ihm wurde unsagbar heiß. Eins musste er Tim lassen, er wusste wie man mit Worten umging und man sein Herz zum schmelzen brachte. Veni gab ein langgezogenes aww von sich, während Tobi ein bae von sich gab. „ Das ist extrem süß.", gab Stegi gerührt von sich und griff unter der Decke nach Tims Hand und strich ihm über den Handrücken. Er lehnte sich näher zu Tim und schloss seine Augen. „ Du bist auch süß. Vor allem wenn du rot wirst.", säuselte Tim ihm zu, woraufhin der Omega peinlich berührt sein Gesicht in Tims Halsbeuge vergrub. Mit solchen Kommentaren konnte er noch nie umgehen. „ Hör auf Tim.", flüsterte Stegi verlegen und so leise, dass Tim Mühe hatte ihn zu verstehen. Stegi war unglaublich süß, wenn er verlegen war. Er wurde dann immer so anhänglich. Das hatte er schon immer an dem blonden gemocht. Das warten hatte sich definitiv gelohnt. Stegi war es ihm halt wert und auf ihn würde er auch noch mal doppelt so lange warten. Nach der Fahrt sollte er Veni mal ordentlich dafür danken, dass er ihm Mut gemacht hatte und die Hoffnung auf eine erneute Freundschaft aufrecht gehalten hatte. „ Ich finde es aber süß, wenn du verlegen bist.", hauchte der braunäugige ihm ins Ohr. „ Tiiim.", jammerte der blonde, weshalb Tobi und Veni zu kichern begannen. Tim legte seinen Kopf auf Stegis ab. Er hauchte einen ganz zarten Kuss auf Stegis Schopf. „ Ach Stegilein. Wenn du davon schon so rot wirst, wie wird dass den mal sein, wenn wir zum Beispiel miteinander schlafen?" Das rot um Stegis Nase weitete sich auch auf seine Wangen aus, wurde ein paar Spuren dunkler. „ Ich hasse dich Tim. Hör bitte auf. Das ist peinlich.", nuschelte Stegi immer noch peinlich berührt. Innerlich flüsterte Tim ein du bist niedlich. Stegi hatte es schon zu Genüge gehört und würde nur noch verlegener werden. Allein schon wie rot er wieder war, extrem niedlich. Er schlang seine Arme fester um den kleineren, zog ihn noch ein Stück zu sich, um ihn zu wärmen. Auch wenn Tim wusste, dass Stegi ihn für die Aktion kreuzigen und ihn heute Nacht auf dem Boden schlafen lassen würde, oder er wahlweise ausflippen würde, legte er eine Hand auf dessen Oberschenkel. Stegi zuckte erst ein wenig zurück, ließ es aber geschehen. Langsam ließ er die Hand immer höher wandern, berührte Stegi aber nicht dort. Trotzdem konnte man sehen, wie der blonde schwer schluckte. „ Wenn wir zwei jetzt alleine wären, könnten wir wohl so einiges machen, mh.", raunte Tim verführerisch in sein Ohr. Es war reine Provokation des brünetten. Auf das aus, was der blonde wahrscheinlich dachte, war er nicht. Tim wollte Stegi nur ein bisschen ärgern. Tim ließ seine Hand noch ein Stück nach oben wandern, fuhr leicht mit dem Daumen über den Jeansstoff. Stegis Kehle entwich ein leises, abgehacktes Stöhnen, weshalb Tim seine Hand sofort zurück zog. Sein Blick wanderte nach drüben, um zu sehen, ob Tobi und Veni etwas gemerkt hatten, was nicht der Fall zu sein schien. Sie waren in einen wilden Zungenkuss verwickelt, wobei Tobi auf Rafis Schoß saß. „ Tim, was sollte das?", murmelte Stegi mit rasendem Herzen. Seine Stimme klang wütend, aber seine Augen verrieten die Wahrheit. Sie strahlten Sehnsucht und verlangen aus. Verlangen nach Tims Berührungen. „ Was soll es den seiner Meinung nach werden?", raunte der ältere. Er begann wieder küsse in Stegis Nacken zu platzieren und beobachtete mit Freude, wie sich eine Gänsehaut dort ausbreitete. „ Ein eventuell kleines Problem.", flüsterte der blonde. Tim hinter ihm schüttelte nur den Kopf. Das definitiv nicht kleiner. Das hatte er ihm hoch und heilig versprochen und daran würde er sich halten, bis Stegi etwas anderes von ihm verlangte. „ Ein wenig Provokation. Sex will ich schon nicht.", hauchte Tim gegen seine Haut. Das sollte er lieber gleich klarstellen, nicht dass es wieder in einem Desaster endete. „ Ich hätte gerade nichts dagegen." Tim stutzte. Er hatte sich gerade verhört oder? „ Kannst du das noch mal wiederholen?", stotterte der brünette ungläubig. Das passte so gar nicht zu Stegi. Er war zunehmend verwirrt von Stegi und seinen Handlungen. Nichts davon passte recht zusammen. Aber er war froh, dass Stegi sich zunehmend auf ihn einließ. Das bewies, dass er ihm wirklich wieder vertraute. Er glaubte aber auch, dass Stegi sich selbst nicht so sicher war, was er wollte. In ihm musste einfach alles durcheinander sein, weshalb er seine Meinung immer mal wieder änderte. Weil er eben versuchte den perfekten Mittelweg zu finden. „ Ich hätte nichts dagegen.", grinste der grünäugige. Was Tim konnte, konnte er schon lange. Wobei ein bisschen was wahres war an der Aussage trotzdem dran. Sex wollte er jetzt nicht unbedingt, da er noch leichte Schmerzen hatte. Aber gegen das ein oder andere in der Richtung hatte er gerade nichts. Woher der plötzliche Sinneswandel kam, wusste Stegi selbst nicht so genau. Er konnte auch das nur als Nachwirkung seiner Läufigkeit erklären. Sein Verstand hatte sich nämlich schon vor ein paar Minuten verabschiedet. Irgendwo in der hintersten Ecke seines Verstandes war ihm aber doch bewusst, dass er dies auch gesagt hätte, wenn er nicht vorher läufig gewesen wäre. Er würde gerade wirklich freiwillig mit Tim solche Sachen machen. Er freute sich riesig darüber, dass er es auch mal geschafft hatte, Tim zu verunsichern und ihm die Worte in Mund zu verdrehen. Doch Tim wäre einfach nicht Tim, wenn er diese kurze Unsicherheit nicht gegen Stegi verwenden würde. Den seine Hand war nun wirklich zu Stegis Schritt gewandert und hatte ein Mal darüber gestrichen. Stegi stöhnte erschrocken auf, hatte so die Aufmerksamkeit von Tobi und Veni auf sich gelenkt. „ Alles ok bei euch?", fragte Tobi belustigt mit hochgezogener Augenbraue. Stegi nickte schnell, hängte ein:„ Mein armer Fuß.", heran. Es klang am wahrscheinlichsten glaubwürdig, wenn er eine eh schon verwundete Stelle nannte, an der er sich angeblich gestoßen hatte. Hoffentlich würde Rafi es glauben. Tobi würde dies sicher nicht tun. Er kannte ja die Wahrheit und da brauchte er nichts zu verstecken. „ Das klang aber eher lustvoll als schmerzerfüllt.", merkte Rafi zweifelnd an. War ja so klar, dass er es nicht glauben würde, dachte Stegi leicht wütend. Es war aber auch ne leicht bescheidene Ausrede, die er sich selbst kaum abkaufte. Konnte Tim nicht auch mal was dazu sagen? Schließlich hatte er ihn auch erst in diese Situation gebracht. Doch dieser hielt die Klappe, lächelte wahrscheinlich in sich hinein. Idiot. Wie sollte er den da wieder rauskommen?

Teil 1 Bis zum letzten Atemzug// Auf der StraßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt