Grün gelbe Augen

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Er wollte sich gar nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn er abgelehnt hätte. Stegi hätte er vermutlich schon kennengelernt, aber ob das alles so geendet wäre, konnte keiner sagen. Jedenfalls waren sie zuerst da gewesen und hatten auf die beiden gewartet. Tobi hatte sie beide sofort freundlich begrüßt. Rafael hierbei mit einer Umarmung und Tim nur mit einem kurzen Händedruck. Und hinter ihm hatte sich dann ganz klein und zierlich der blonde hervorgetraut. Normal wäre Stegi nicht so schüchtern gewesen, wenn er nicht einen Alpha getroffen hätte, den Tobi mochte und das privat. Er hatte sich damals nur ein schüchternes Hey abringen können und war dann erstmal in schweigen verfallen. Ihm war die Situation deutlich nicht geheuer gewesen. An wem es dann gelegen hatte, konnte Tim bis heute nicht sagen. Tim war das sofort aufgefallen, allein daran, wie der blonde sich verhalten hatte. Den Blick dauerhaft gesenkt, die leicht geduckte Haltung und seine Hände, die er hinter dem Rücken nervös geknetet hatte. Tim hatte beschlossen ihn erstmal in Ruhe zu lassen, bis er ein wenig aufgetaut war und von sich aus sprach. Sie hatten sich dann erstmal ein Eis bestellt und dann in den Schatten gesetzt. Tobi und Rafi waren sofort in ein Gespräch gefallen. Von der anfänglichen Nervosität war nichts mehr übrig. Und dann war da halt noch der kleine blonde Junge gewesen, der bis jetzt noch nichts gesagt hatte. Ohne Tim wäre er wirklich das fünfte Rad am Wangen gewesen. Tim fand ihn damals schon, obwohl er ihn das erste mal bewusst wahrnahm mit seiner schüchternen Art und seiner allgemeinen Ausstrahlung ziemlich süß. Zu dem Zeitpunkt schon hatte er sich ein klein wenig in Stegi verliebt, auch wenn nicht mal sicher war, ob Tim nun ein Alpha wurde und sie eine Beziehung eingehen könnten. Irgendwann hatte er den kleineren dann einfach angesprochen, nach dem dieser nur verängstigt neben Tobi gesessen und den Boden zu seinen Füßen gemustert hatte. „ Hey du brauchst keine Angst haben, ich beiß schon nicht. Magst du mir sagen, wie du heißt?" Es war der erste Satz, den er mit dem blonden je gewechselt hatte. Der kleinere hatte erschrocken zu ihm hoch gesehen und Tim sah das erste mal diese wunderschönen grüngelben Augen mit dem dunkeln Sprenkel an der linken Seite, die es ihm sofort angetan hatten. Es waren die schönsten Augen gewesen, die er je gesehen hatte. Dieser mix aus grün und gelb hatte so viel Angst und Nervosität in diesem Moment ausgestrahlt. Tim hätte ihm gerne beruhigend über den Rücken gestrichen, doch damit hätte er den jüngeren wahrscheinlich komplett verschreckt. Ein leises piepsiges Stegi war schließlich seinen Lippen entkommen. „ Schöner Name. Hab ich so jetzt noch nicht gehört, aber passt zu dir. Ich bin Tim." Danach herrschte wieder minutenlanges schweigen zwischen den beiden. Stegi hatte sich nicht getraut, etwas zu sagen und Tim wollte kein Gespräch erzwingen. Er brach schließlich dann doch das schweigen. „ Bist du eigentlich generell so schüchtern?" Zwar kannte er Stegi kein Stück, aber er meinte den blonden schon öfter mal gesehen zu haben, wie er Ärger mit anderen Alphas gehabt hatte. Und das hatte er nicht alles schweigend über sich ergehen lassen. „ Nein, ich fühl mich nur bei Alphas nicht so wohl.", hatte er dann gestanden. Es war der erste vollständige Satz, den Tim von dem blonden gehört hatte. Tim fand, dass diese liebliche Stimme perfekt zu Stegi passte. Sie war ziemlich hoch gewesen, was Tim, wie er später als sie sich besser kannten herausfand, der Nervosität zuzuschreiben war. Aber auch so mochte er seine Stimme. Sie war ruhig und melodisch gewesen, was sie jetzt im übrigen für Tim immer noch war. Sowohl früher als auch heute könnte er stundenlang Stegi Stimme lauschen, auch wenn er den größten scheiß laberte. Ihm wurde durch diese Aussage aber bewusst, dass es hauptsächlich an Rafael liegen musste, schließlich war Tim noch neutral. Stegi musste es aber schon geahnt haben, dass Tim demnächst seine erste brunft durchmachen würde. „ Keine Sorge, ich bin keiner dieser Alpha, die nur sex wollen. Oder seh ich so aus, als würde ich versuchen dich ins Bett zu kriegen?" Er wollte Stegi durch seine offene Art ein wenig die Unsicherheit nehme und ein bisschen Spaß machen. Noch war er ja kein Alpha und konnte gesagtes umsetzen. „ Vielleicht ist das deine Masche." Tim fiel auf, dass dieser Stegi ziemlich viel mit seinem jetzigen selbst gemeinsam hatte. Früher war ihm dieser Hass Stegis gegenüber Alphas gar nicht so arg aufgefallen, doch wenn er jetzt so zurück dachte, merkte er, dass Stegi eigentlich schon immer so gewesen war. „ Das wäre echt perfide. Ich bin auch kein Fan von solchen Alphas. Ein Omega ist doch nicht weniger Wert, als ein Alpha oder Beta. Und als Omega sollte man auch ein vertrautes und zärtliches Verhältnis zu seinem Alpha haben und nicht in Unterdrückung und Angst leben müssen." Was Tim sagte klang schön, aber Stegi hatte ihm nicht geglaubt. Solche Alpha gab es in seiner Welt nicht. Bis dann Rafi immer mehr auch Teil seines Lebens wurde. „ Find erstmal jemanden, der mit seinem Omega so umgeht.", hatte Stegi erwidert und höhnisch gelacht. Als ob es das je geben würde. Es war schon immer so und daran konnte er leider auch nichts ändern. „ Du es gibt auch solche Alpha. Schau dir doch Rafi an. Glaubst du, er würde Tobi sowas antun?" Er wusste, dass Rafi nicht in dieses Bild von Alpha rein passte. Schon immer war er anders gewesen, weswegen Tobi wahrscheinlich auch so schnell vertrauen gefasst hatte. „ Also doch deine Masche.", hatte der blonde grinsend von sich gegeben und sie hatten beide angefangen zu lachen. Dieses süße Delfin Kichern hatte Stegi auch schon damals gehabt, was ihm schnell seinen ersten Spitznamen beschert hatte. Von Delfin war er dann in ihrer Beziehung zu kleiner gewechselt. „ Nein, meine Masche ist es süße kleine Omegas davor zu retten, ihrem Freund dabei zu zusehen, wie er mit einem Alpha flirtet." Er hatte es damals nur als Spaß gemeint, trotzdem war der kleinste bis zu den Ohrspitzen errötet und hatte ein lächerlich gemurmelt. Sie hatten sich im laufe des Nachmittags immer besser verstanden und Stegi war auch wesentlich zutraulicher ihm gegenüber geworden. Und jetzt war dieser Omega erwachsen und lag gebunden in seinen Armen. Damals hätte er das wirklich nicht erwartet. Tim schwelgte noch weiter in Erinnerungen an die Zeit mit Stegi. So dauerte es auch nicht lange, bis seine Erinnerungen zu ihrem Streit schweiften. Schnell verdrängte er diesen Gedanken und wandte sich wieder dem kleineren zu. Tim könnte sich immer noch selbst Ohrfeigen, wenn er daran dachte, was er getan hatte. Er schien noch zu schlafen, doch er wand sich wieder unruhig hin und her. Ein Blick auf sein Handy verriet ihn, dass gut eineinhalb Stunden schon hier saß. Die anderen sollten also gleich wieder zurück sein. Eigentlich wollte er den anderen schlafen lassen, doch Stegi wurde immer unruhiger.

Teil 1 Bis zum letzten Atemzug// Auf der StraßeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt