Teil 57

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In diesem Augenblick schlug der Professor links und rechts auf seine Stuhllehne und sagte: „Also gut Frau Silbereisen, Herr Silbereisen. Ich möchte auch nicht weiter ihre Gastfreundlichkeit überstrapazieren und verabschiede mich jetzt mal. Zu Hause wartet auch meine Hündin auf mich. Die freut sich schon auf einen Spaziergang mit mir." Ohne großes Federlesen stand er auf, gab beiden noch die Hand und verließ das Anwesen. Die beiden Turteltauben sahen sich im Anschluss die Show noch bis zu Ende an.

„Wie schön. Ich – habe – keine – Ahnung – ob es – nur ein – Traum – war – oder – real. Deine – Stimme, deine – wunder-vollen – Lieder, ich hab – sie – immer – wieder – gehört. Immer – wieder – die ganze – Zeit über. Das ist – komisch. Eigent-lich – hab ich – kein – Zeitgefühl, was die – letzten – Jahre – angeht. Aber – daran – kann – ich mich – erinnern."

Helene, die, seit Hübner gegangen war, auf seinem Schoß saß, nickte nur leicht.

„Das kann durchaus sein. Ich habe bei dir meine Lieder einstudiert. Ich weiß, das ist etwas, was ich sonst nie gemacht habe. Du warst oft sogar der Letzte, der vor meinen Fans die Songs zu hören bekam. Aber in den letzten Jahren, warst du immer der Erste, dem ich sie vorsang. Und dann war da noch Halie." Helene schüttelte leicht den Kopf. „Auf diesem Laptop, sind all deine Shows gespeichert. Ich hatte ihn die ganze Zeit über im Schlafzimmer. Halie durfte ihn auch nie mit ins Zimmer nehmen, wenn sie sich mal wieder ihren Vater in Aktion ansehen wollte. Ich weiß, dass das albern ist, aber das war die einzige Möglichkeit, deine Stimme noch mal zu hören. Ich wollte das einfach nicht verlieren. Das klingt wahrscheinlich total doof für dich."

Florian konnte sich ein Grinsen einfach nicht verkneifen.

„Ich – glaub – jetzt – hast du – dem Prof. – Konku-renz – gemacht – und nein – ich find – das – überhaupt – nicht – doof. Im – Gegen-teil. Ich – hätte – das – wahrschein-lich – nicht – anders – gemacht."

Gerührt von seinen Worten, schlang sie ihm ihre Arme um den Hals und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss.

„Oh – man, wenn – ich – jetzt – könnte – wie – ich – wollte." Verliebt legte er seine Stirn gegen ihre.

„Wenn du könntest, wie du wolltest, dann? Was würdest du tun?", fragte die Blondine leise.

„Dann – würde – ich – dich – jetzt – auf – meine – Arme – nehmen – und – hoch-tragen."

Leise kicherte sie.

„Und dann?"

„Du – weißt – genau, was – und – dann – wäre", flüsterte er ihr ins Ohr.

Gespielt empört sah sie ihn an.

„Als Herr Silbereisen!" Sie konnte nicht anders, sie musste einfach lachen. „Vier Tage wach und schon solche Gedanken? Tztztz..."

„Was – kann – ich – denn – dafür? Ich – bin – auch – nur – ein – Mann. Aller-dings – ein – sehr – glück-licher – Mann. Einer – der – eine – verdammt – sexy – Frau – auf – seinem – Schoß – sitzen – hat."

„Ich glaub' du brauchst 'ne kalte Dusche, oder?"

„Ja, ich – glaub – auch. Aber - irgend-wann – dann – werde – ich – genau – das – tun."

„Und bis dahin, lassen wir vielleicht besser solche Themen ruhen", sagte sie und sah auf seine Körpermitte hinunter. Florian zuckte nur mit den Schultern, hob seine Brauen und sah sie entschuldigend an.

„Ich – sag – ja, ich bin – eben – doch nur – ein – Mann."

„Richtig, und zwar mein Mann." Sie wusste es war jetzt sicherlich nicht gerade förderlich, aber sie musste sich einfach an ihn drücken und ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben.

„Lass uns schlafen gehen", nuschelte sie in diese hinein.

Mittlerweile waren zwölf weitere Wochen vergangen. Mutter und Tochter hatten zwischenzeitlich ein ernsthaftes Gespräch über den Missbrauch von Alkohol, die Art und Weise, wie man mit Problemen umgeht, geführt. Helene machte Halie klar, dass sie über diesen ersten Ausrutscher hinwegsehen wird, ein weiterer aber Konsequenzen haben würde. Außerdem fragte sie das Mädchen, ob diese ihr nicht vertraue. Denn ihr war aufgefallen, dass Halie mit ihren Problemen immer zu ihren Freunden ging, sie als ihre Mutter aber außen vor ließ. Die Schülerin versprach an sich zu arbeiten und erklärte ihr, dass sie sich das irgendwann angewöhnte, weil sie ihr nicht noch mehr Problemen bereiten wollte. Das war dann der Zeitpunkt gewesen, als Helene nicht mehr an sich halten konnte, ihre Tochter fest an sich drückte und ihr versicherte, immer und zu jeder Zeit, für sie da zu sein.

Florian hatte heute den letzten Tag seiner Sonden Entwöhnung. Nun war es endlich so weit, das blöde Ding würde ihm gezogen werden und bis auf ein kleines Loch am Oberbauch, wäre nichts mehr zu sehen. Allerdings musste er danach einige Wochen mit dem Krafttraining aussetzen. Immerhin musste die Wunde, welche die Sonde hinterließ, erst wieder verheilen.

Aber das war ihm gleich. Zum Laufen benötigte er nur noch einen Stock, weil das linke Bein noch nicht so wollte wie er. Seine Ungeduld machte das alles auch nicht wirklich besser. Wenn Stefanie mittags gegangen war, schlich er sofort wieder in den Geräteraum und trainierte weiter. Spätestens bis Helene nach Hause kam und ihn ausbremste. Natürlich gefiel ihr auch was sie sah. Er war nicht mehr so dürr, wie vor etwa drei Monaten noch. Seine Brustmuskulatur begann sich mittlerweile auch wieder richtig auszuprägen. Ihr Leben normalisierte sich pö a pö wieder.

Miriam brauchten sie nun gar nicht mehr. Nur wegen der noch bevorstehenden Gerichtsverhandlung gegen deren Ex-Freund hatten sie noch Kontakt. Dieser, so stellte sich heraus, hatte nach dem ersten Schreiben von Helenes Anwalt, Miriam aufgelauert und sie zusammengeschlagen. Was dann auch der Grund dafür war, warum sie sich krankgemeldet hatte. Mit blau unterlaufenen Augen und zahlreichen Hämatomen kam sie zwei Tage später wieder zur Arbeit. Helene informierte daraufhin sofort ihren Anwalt, welcher direkt eine einstweilige Verfügung gegen Tobias vom Gericht aussprechen ließ, sodass die junge Frau wieder sicherer war. Bis zur Beendigung des Pflegevertags übernahm sie dann auch die Nachtschichten, um vor dem Schläger in Sicherheit zu sein.

Verlorene ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt