Teil 58

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Die Zeit lief so dahin. Woche um Woche klappte es besser, was auch immer sich der Entertainer vornahm, es trug Früchte. So wie der Professor es ihm schon Monate zuvor, bei einer Tasse Tee auf ihrer Terrasse, schilderte, versuchte er es dann doch noch mit etwas mehr Geduld.

Seit nunmehr zwei Monaten war Miriam nicht mehr bei ihnen. Zu Beginn war es schon eine größere Herausforderung für das Paar gewesen.

Florian wollte so viel wie möglich allein machen, aber Helene war sich sicher, dass er sich noch mehr schonen sollte. Sein Rückfall vor fünf Monaten lag ihr nach wie vor in den Knochen. Sie fürchtete jeden Morgen, wenn er am Abend zuvor total fertig in sein Bett gefallen war, dass er vielleicht wieder nicht aufwachen würde. Doch war ihre Angst unbegründet. Er wusste mittlerweile ganz genau wo seine Grenzen lagen und auch, dass er diese besser nicht überschreiten sollte.

Halie war am Tag zuvor, für vier Tage zur Klassenfahrt aufgebrochen und Rosa hatte heute ihren freien Tag. Diesen wollte sie, so sagte sie, bei ihrem Bruder verbringen und war schon in den frühen Morgenstunden aufgebrochen.

Das Paar war nun seit Monaten, das erste Mal wirklich allein in ihrem Haus.

Helene war gerade dabei den Frühstückstisch für Florian und sich zu decken, als sich zwei ihr wohlbekannte Arme von hinten um sie legten.

Seine Hand suchte ihre, verschlang sich mit ihren Fingern, eine Berührung so vorsichtig, so sanft, als sei es das erste Mal. Eine Spannung, die beinahe greifbar war, die seine Nähe für sie fast unerträglich machte.

Allein ihr Geruch, ihre warme Haut unter seinen Fingern, jagte ihm einen Schauer über den Rücken, der ihn zwang für einen Moment die Luft anzuhalten.

Florian ertastete ihr Handgelenk und mit einem Ruck, drehte er sie um und zog sie an sich, seine Lippen prallten auf ihre. Helene erschrak über die Heftigkeit dieses Kusses. Seine Präsenz trieb Gefühle in ihr an, die sie über Jahre vergraben hatte.

Nichts von all dem, was sie früher erlebt hatten, war vergleichbar mit dem, was sie gerade fühlte.

Florian löste sie aus seinem Griff, schaffte dennoch keine Distanz zwischen ihnen. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände, umschloss es und sah ihr tief in die Augen.

Helenes Atmung steigerte sich von Sekunde zu Sekunde.

Sie spürte warme Luft, die von der Terrasse kam, an ihrer Haut und schloss einen kurzen Moment die Augen. Sie weigerte sich nicht. Stattdessen begann sie, dieses aufsteigende Gefühl von Lust in sich, zu genießen. Seine Lippen streiften sanft ihre und zogen sich wieder zurück. Helene hielt die Augen geschlossen und spürte seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht. Fühlt, dass er ihre Reaktion abwartete. Sie öffnete die Augen und sah ihn wartend, fragend an. Langsam streckte er eine Hand nach ihr aus und schob eine blonde, lange Strähne hinter ihr Ohr, ließ seine Finger sanft über ihre Lippen gleiten.

„Helene...", brabbelte er leise und seine Hand packte sie an den Trägern ihres Kleides, um daran zu spielen und sie schließlich mit sich nach unten auf den Boden ziehen.

Helene spürte die kalten Fliesen an ihren Beinen, spürte wie sie darauf kniete, wie er sie ansah und seine Hände über ihr Gesicht gleiten ließ. Sie ließ es geschehen, konnte und wollte sich nicht gegen seine Berührungen wehren. Die kleine Stimme der Vernunft murmelte auf ihren Kopf, auf ihren Verstand ein, dass es zu früh war, Irrsinn, dass sie all das hier noch nicht zulassen sollte.

Doch der Ausdruck ihrer Augen veränderte sich. Das gab Florian die Bestätigung, dass es richtig war, dass er ihre Erlaubnis hatte, ihr seine ganze Liebe zu geben.

Ihre Lippen trennten nur noch ein paar Millimeter und er warf ihr einen letzten Blick zu. Sie spürte seinen heißen Atem, der über ihr Gesicht huschte, spürte, wie sich der letzte Funken Widerstand in einen Abgrund stürzte und verschwand, den letzten Rest ihres Verstandes, ihrer Vernunft auslöschte. Gierig lege er seine Lippen auf ihre und fühlte, wie sie hastig ihre Arme um seinen Hals schlang, sich voller Leidenschaft gegen ihn presste. Sie ließ die Gefühle, die Einsamkeit und Verzweiflung der letzten Jahre frei, klammerte sich an ihn, als gäbe es nur ihn auf dieser Welt.

Verlorene ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt