Teil 49

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So verlebten sie einen idyllischen Abend. Florian vertrug das Essen überraschend gut. Selbst eine Bratwurst, welche seine Frau für ihn extra von der Pelle befreite, konnte er ohne größere Schwierigkeiten essen. Miriam notierte dies mit rotem Anstrich in seiner Kartei und war recht froh, nicht viel mehr in der Zwischenzeit zu tun zu haben. So konnte sie ihren Roman in aller Seelenruhe genießen.

Erst spät am Abend, als die Erwachsenen entschieden das Essen ausklingen zu lassen, bat Halie um eine weitere Kostprobe des Könnens ihres Vaters, auf dessen Lieblingsinstrument. Dieser war überhaupt nicht abgeneigt davon. Als er seine Harmonika schon geschultert hatte, kam ihm eine Idee.

„He-le-ne? Was – hältst – du – von – Ka-lin-ka?"

„Wie? Wir beide?" Erstaunt sah sie ihn an. „Meinst du, du schaffst das schon?"

„Ein – Ver-such – ist – es – alle-mal – wert."

„Okay. Du fängst an", sagte sie, als Florian auch schon begann, die ihm noch immer allzu bekannten Noten zu spielen. Es überraschte ihn selber, wie gut er diese noch beherrschte. Helene schloss ihre Augen, lächelte und stimmte mit ein.

Bis auf die Musik der beiden war ringsum alles mucksmäuschenstill. Als sie den Refrain anstimmten, setzte Halie mit ein. Ihre liebliche Stimme ließ Flo beinahe das Spielen vergessen. Er fasste sich aber recht schnell wieder und war selig dabei, mit seinen beiden Frauen zu musizieren. Endloser Stolz schwoll in seiner Brust. Beide hatten sie ihre Talente weitervererbt. Ciara und Mats fielen die Kinnladen runter, als sie ihre Freundin in der ihnen doch sehr fremden Sprache, singen hörten. Dass sie keine Schwierigkeiten hatte, die richtigen Töne zu treffen, wussten sie ja schon aus dem Musikunterricht und das Helene russische Wurzeln hatte, war ihnen auch bekannt, aber das Halie auch in dieser fremden Sprache singen konnte, das wussten sie bis dato noch nicht.

So verging der weitere Abend wie im Flug. Irgendwann in der Nacht, beendeten sie diesen dann auch und schickten die Jugendlichen schlafen, um gemeinsam mit Rosa noch klar Schiff zu machen. Franz und Miriam schafften zwischenzeitlich Florian wieder nach oben, bevor Franz sich dann wieder zu den Damen gesellte, um ihnen beim Aufräumen zu helfen. Rosa hatte keine Chance, sie musste es sich gefallen lassen, dass ihr einige Aufgaben abgenommen wurden. Wobei Franz sich neben den Terrassenmöbeln, hauptsächlich um die Heizstrahler kümmerte, dass diese ordnungsgemäß auskühlen konnten.

Letzten Endes gingen alle geschafft, aber glücklich schlafen. Auch Rosa zog sich in ihre Einliegerwohnung zurück, nachdem sie noch schnell die Spülmaschine angeschaltet hatte. Und Miriam ließ sich von ihrer Kollegin ablösen, die sich nach letztmaligem Überprüfen der Vitalwerte des Patienten, in ihr Zimmer im oberen Geschoss, nicht weit entfernt vom Schlafzimmer des Ehepaars, zurückzog.

Glücklich und eng umschlungen, lag das Paar sich nun in den Armen.

„Das war wunderschön heute", sagte die Blondine nur noch ganz leise. Sie war kurz davor einzuschlafen.

„Ja – das – war – es." Florian war noch viel zu aufgedreht, als das er jetzt schon schlafen konnte. Seine Frau lag mit geschlossenen Augen, ruhig atmend in seinen Armen, wobei er sie einfach nur betrachtete. Diese Frau, die ihn nie aufgegeben hatte, seine Frau, lag nun fest an ihn gekuschelt und schlief selenruhig. Er konnte sich gar nicht an ihr satt sehen. Daher dauerte es noch eine ganze Weile, eher auch er endlich in einen absolut verdienten Schlaf fiel.

Seiden fiel das Sonnenlicht ins Zimmer, des nach wie vor eng aneinander gekuschelten Paares. Durch das gekippte Fenster hörte man leise ein Käuzchen rufen. Langsam öffnete Helene ihre Augen. Sie wollte sich nicht bewegen. Die Nähe zu ihrem Mann, war alles was sie gerade brauchte und wollte. Die Nähe zu ihrem Mann war alles, was sie gerade brauchte und wollte. Nichts anderes schien in diesem Augenblick wichtig. Sie wollte ihn spüren und nie wieder loslassen müssen. Letzten Endes siegte aber ihre Blase über ihren Willen und so löste sich die Sängerin vorsichtig aus Florians Armen, um sicherzugehen, ihn dadurch nicht zu wecken und schlich in das an ihrem Zimmer angrenzende Bad.

Die Dusche, welche sie sich im Anschluss gönnte, ließ neues Leben in ihren zierlichen Körper fließen und sie sich jung und erfrischt fühlen.

Ihr Spiegelbild, zeigte ihr doch schon ein paar winzige Fältchen, welche das Make-up, aber doch recht gut wieder verschwinden ließ.

Frisch geduscht, mit noch nassem Haar, trat sie aus dem Badezimmer und stellte fest, dass ihr Liebster immer noch schlief und so ließ sie ihn auch. Denn der vergangene Tag war doch sehr anstrengend für ihn gewesen. Sie verließ das Schlafzimmer, mit dem Gedanken ein gesundes Frühstück für die Familie herzurichten. Beim Betreten der Treppe, hörte sie von unten leise Stimmen und klappernde Geräusche, die definitiv aus der Küche zu kommen schienen.

Ein lautes Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Mit einem Blick zur Haustür verstand sie auch deren Herkunft. Dort waren die Techniker damit beschäftigt, den Außenlift zu installieren. Durch die daran befestigte Plattform würde Florian ab sofort auch das Haus mit ihnen verlassen können. Ein Aufenthalt im Garten und eine kürzere Fahrt mit dem Auto, waren damit leichter umsetzbar, womit die Hausbesuche von Professor Hübner nicht mehr zwingend notwendig waren. Der Arzt musste zukünftig nicht mehr seine tragbare Ausrüstung mit sich tragen, was sicherlich auch einiges an Kraftanstrengung, für den ja nun doch schon älteren Mann, darstellte.

Helene wollte sich gerade der Küche zuwenden, als einer der Handwerker auf sie zukam und sie ansprach:

„Guten Morgen Frau ... Silbereisen." Zweifelnd sah der junge Mann zwischen seinen Unterlagen und ihrem Gesicht hin und her. Die Blondine musste grinsen. „Das ist schon alles richtig so. Mein Name ist Silbereisen."

„Aber...", weiter sprach er nicht. Die Irritation stand ihm sichtlich ins Gesicht geschrieben.

„Junger Mann, das eine ist mein tatsächlicher Name und Fischer, der Name, den Sie mit mir in Verbindung bringen, ist nur noch mein Künstlername." Kurz überlegte sie. „Sie wurden aber schon über ihre Schweigepflicht informiert, oder?"

„Ja, ja, natürlich. Das geht alles klar. Niemand erfährt irgendetwas von uns. Das ist Ehrensache", bestätigte er noch schnell. „Was ich eigentlich fragen wollte... wäre es in Ordnung, wenn wir den Lift an der Innentreppe jetzt anbringen? Oder sollen wir noch etwas warten? Die ältere Dame, die uns hereingelassen hatte, meinte wir sollen damit noch warten."

Helene lächelte. Rosa hatte es wieder zu gut mit ihnen gemeint und die pünktlich zum bestellten Termin erschienen Techniker, um Ruhe gebeten.

„Nein, das geht schon in Ordnung. Natürlich können sie ihre Arbeit im Haus fortsetzten", sagte sie, drehte sich um und ging in die Küche, wo sie von drei weiteren Augenpaaren lächelnd begrüßt, wurde.

„Ja schönen guten Morgen. Was macht ihr denn schon so zeitig hier?", fragte sie ihre Schwiegereltern, welche mit Rosa gemeinsam dabei waren, das Mittagessen vorzubereiten.

Helga schmunzelte. „Zeitig? Es ist gleich Elf. Die Kinder schlafen auch noch, aber das haben wir nicht anders erwartet, nachdem es gestern so spät wurde. Was macht Flo?"

„Er schläft auch noch. Zumindest tat er das noch, als ich gegangen bin." Helene wandte sich an Rosa. „Ist Miriam schon da?"

„Ja, sie ist gerade im Wirtschaftsraum", antwortete die Ältere mit einer hochgezogenen Augenbraue, was ihrer Chefin die Informationen gab, die sie dazu brauchte. 

Verlorene ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt