Ich wachte durch ein Quietschen auf und als erstes sah ich die Deckenlampe, die dieses Mal aber an war.
Verwundert stellte ich fest, dass ich trotz dem, dass ich immernoch an den Tisch gefesselt war, relativ gut schlafen konnte. Es musste wegen Sandors Präsenz gewesen sein. In einer absurden Weise fühlte ich mich sicher bei ihm.
Als ich schwere Schritte hörte, neigte ich meinen Kopf nach links und erblickte einen fremden Mann. Ich sog erschrocken die Luft ein und verschluckte mich sogleich, als ich bemerkte, dass mir dieser Mann garnicht fremd war. Es war Sandor, er war jedoch so entstellt, dass ich ihn garnicht erkannt hatte.
Sein Gesicht war blau, rot und gelb von etlichen Blutergüssen. Auch sein linkes Auge war geschwollen und als er näher an mich heran trat, konnte ich direkt über seiner Augenbraue ein blutige Kruste erkennen.
Wer hatte ihn so zugerichtet? Ich wusste es bereits. ER. Aber wer verdammt war „Er"?
Du hast etwas übersehen.Ich war so entsetzt, dass ich keinen Ton herausbrachte. Sandor löste ebenfalls wortlos meine Fesseln. Ich wehrte mich nicht.
Nicht, nachdem Ich erkannt hatte, dass er auf meiner Seite war. Dann reichte er mir unauffällig ein Glas Wasser, welches er mir mitgebracht hatte. Ich bemerkte, wie sein Kopf kurz nervös nach oben schnellte und ich folgte seinem Blick. Er fiel auf eine der Kameras, welche wieder warnend blinkte. Er und ich seufzten im selben Moment schwermütig auf. Wäre die Lage nicht so ernst, hätte ich nun wohlmöglich angefangen zu lachen. Stattdessen schluckte ich die Flüssigkeit in einem Zug herunter. Ich nahm an, dass Sandor mir wieder Schmerzmittel hinein gemischt hatte. Dankbar wollte ich ihm zunicken.»Steh auf.«, forderte er mich jedoch sogleich emotionslos auf, nachdem er mir wieder das Glas abnahm. Er war offensichtlich wieder zurück in seiner Rolle und verdammt, er spielte sie so gut, dass ich langsam wieder anfing, an der Richtigkeit seiner gestrigen Geschichte zu zweifeln.
Mein Blick suchte hektisch seinen, er schien jedoch wie nur durch mich hindurch zu blicken. Es bereitete mir eine Gänsehaut.
Gleichzeitig überschwämmte mich eine Woge Verständnis. Er hat dir doch gestern erzählt, warum er so zu dir ist. Wieso sollte er lügen? Reiß dich zusammen.Ich wehrte mich auch nicht, als er mich wieder an den Ketten festmachte, an denen ich von Beginn an hing. Diese von-der-Decke-hängen Position war leider nicht mal halb so gemütlich wie das Liegen auf dem Tisch. Dieser Tisch war für mein Gehirn anscheinend ein Stichwort. Zum Ersten Mal verwendete ich wieder einen Gedanken daran, was denn überhaupt am Vortag passiert war. Ich wurde das Opfer eines verdammten Redrooms. Schlimmer konnte es echt fast garnicht mehr werden.
Sandors grüne Augen schienen mir das Gegenteil sagen zu wollen, als ich den Blick hob. Seine Stirn war gerunzelt, die Augen dunkler als sonst und es schien, als wolle er mir sagen: »Schlimmer geht immer.«
Keine Minute später bewies er mir genau das.
Er drehte sich zu den Folterutensilien, welche wegen gestern um den Tisch herum auf dem Boden lagen um, bückte sich nach einer Zange und kam mit dieser langsam auf mich zu.Kennt ihr diesen Moment, wenn es so wirkt, als würdet ihr euren Körper von außen betrachten, obwohl ihr klar bei Bewusstsein seid?
Ich sah mich weinen. Aber nicht wegen dem Schmerz, den fühlte ich schließlich nicht, da mir Sandor wieder das Wasser gegeben hatte.
Nein, ich weinte aus Angst. Aus Verzweiflung. Aus Heimweh.Ich wollte endlich, dass das hier aufhörte.
Ich wollte wieder zu May. Wollte wissen, wie es Theo ging. Wollte wieder zu dem heißen Professor an meiner Uni und zu meiner netten Chefin im Café, Mrs. Hill. Wollte zu meiner Mom. Ich weinte, weil ich fühlte, was sie wegen mir fühlen mussten. Vielleicht nahmen sie sogar bereits an, dass ich Tod sei.
Selbst der Tod wäre schöner, als hier zu sein. Dann wäre ich bei meinem Vater.
Wobei, ich war mir ziemlich sicher, dass ich wegen meinen Darknet-Geschäften in die Hölle kommen würde. Kein aufmunternder Gedanke.
Ich sah mich noch heftiger weinen, während Sandor immer weiter meinen Körper verunstaltete. Irgendwann ließ er von mir ab und ich bekam das Gefühl, wieder richtig zu mir zu kommen.Ich blinzelte Sandor vor mir an, der gerade einige Schritte von mir weg stolperte, als sei er aus einem bösen Traum aufgewacht.
Er sah betroffen zu Boden. Er wirkte aufeinmal wie ein kleiner Junge, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte.
Schlechtes Gewissen. Er hatte ganz klar ein Schlechtes Gewissen. Sei nicht sauer auf ihn Rachel, er wollte das hier nicht.
Ich schüttelte meinen Stolz ab, aber gerade, als ich anfangen wollte zu reden, fiel mir auf, dass Sandor schon wieder durch die Stahltür verschwand. Ihm fiel das hier anscheinend sehr schwer, obwohl er es relativ gut kaschieren konnte.Erschöpft seufzte ich auf.
Dasselbe tat ich am nächsten Tag.
Und am Übernächsten.
Und an wieder dem Nächsten.
Ich spürte meine Kräfte langsam schwinden und verlor mit jedem Tag mehr an Hoffnung, dass mich Sandor tatsächlich hier rausholen würde.
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This Person Does Not Exist
Mystery / ThrillerMeine Mom bläute mir früher immer ein, wie wichtig es wäre, zwar auch mal Fehler zu machen, da man durch diese am meisten lernen würde... ... Man in manchen Situationen aber einfach keine Fehler machen sollte. Sie werden dich sonst für den Rest dein...