Die Nacht war unruhig und regnerisch. Da sich auf den Straßen jedoch kein anderer Mensch außer mir befand und ich Regen liebte, entspannte ich mich allmählich.
Die Dunkelheit empfand ich vor dem Vorfall immer als meinen besten Freund. Und nun wurde mir wieder klar, wieso.Meine Laune hob sich etwas und ich begann verschiedene, aufmunternde Lieder gegen die Stille und meine Trauer um Theo zu summen. Schade, dass ich meine Kopfhörer zuhause vergessen hatte. Aber mein Singsang erfüllte trotzdem seinen Zweck, denn ich spürte, wie ich mich immer zuversichtlicher fühlte.
Ich hatte so lange vor mich hergesummt, dass ich garnicht bemerkt hatte, dass ich nurnoch circa fünfzehn Meter zu meinem Haus laufen musste. Das ging schnell.
Noch motivierter legte ich einen Zahn zu.
Zumindest wollte ich das, denn mich hielt etwas auf. Ein Knirschen, als ich meinen nächsten Schritt tat. Ich musste auf etwas getreten sein. Mein Blick wanderte nach unten, und tatsächlich. Da lag etwas auf dem Asphalt. Es sah aus wie ein Bild, ein Polaroid, welches jemandem aus der Tasche gefallen sein könnte.
Ich wusste nicht, wieso mich das so neugierig machte, aber ich musste mich einfach bücken und es aufheben. Ich führte es langsam zu meinem Gesicht und als ich es schließlich genau betrachten konnte, wurde mir mal wieder heiß und kalt. Braune lange Haare, dunkle Augen, Sommerprossen. Das war ein Bild von mir. Zwar nicht das, welches ich versehentlich von mir auf meiner Seite thispersondoesnotexist.onion hochgeladen hatte, jedoch war es unverkennbar eines von mir. Ob das jetzt besser oder schlechter war? Meine Sicht verschwamm und ich drohte ohnmächtig zu werden. Hektisch drehte ich das Bild hin und her. Auf der Rückseite stand etwas. Die Schrift war jedoch durch den Regen etwas verwischt und durch meine nun von Panik verschwomme Sicht unleserlich geworden.Ich zuckte zusammen, als ich hinter mir aufeinmal schnelle Schritte hörte und fuhr herum. Es war ein Mann, welcher sein Gesicht fast komplett unter einer Kaputze vergraben hatte. Ich wich zurück, als ich ihn sagen hörte, »Was macht denn ein so hübsches Mädchen wie du alleine um diese Uhrzeit?«. Alle meine Nackenhärchen stellten sich auf, als ich durch seine ekelhafte Stimme Gänsehaut bekam.
Alles was ich denken konnte war: Das ist er. Das muss er sein. Einer aus dem Darknet. Donotcry666.
Er durchbroch meinen Gedankengang in dem er schrie, »Antworte mir!« und näher kam.
Das wars. Das wars. Das wars.
Ich stand dort wie versteinert. Konnte nicht weglaufen, nicht reden. Die Angst paralysierte mich. Er hatte mich nun erreicht und stand so nah vor mir, dass ich seinen stinkigen Atmen riechen konnte. Igitt.
Aufeinmal packte er meinen Arm und drehte ihn mir auf den Rücken. Nun machte sich meine Sprechmuskulatur doch bemerkbar.
Ich schrie auf und rief nun endlich nach Hilfe, während ich versuchte, mich aus seinem Griff zu reißen.
»Bitte, Bitte HILFE!«
Promt erntete ich einen Seitenhieb von dem Mann, welcher mich aufkeuchen lies.
»Schau mal an, sie kann ja doch reden.
Ich präferiere nun aber tatsächlich eher, dass du dein Maul hälst«, fauchte er und legte mir eine Hand auf dem Mund, ehe er mir noch dreckig ins Ohr flüsterte, »Wir werden ganz viel Spaß zusammen haben«.
Ein Ruck durchfuhr mich, ich trat nach ihm aus, traf ihn aber nicht. »Aber, aber... kein Grund aggressiv zu werden«. Ich spürte, wie ich aufgeben wollte. Ich konnte das alles nicht mehr. Wieso. Passierte. Sowas. Immer. Mir.Plötzlich hörte ich erneut Schritte hinter mir.
Sein Komplize? Fragte ich mich, ehe der mich festhaltende Mann mit soviel Wucht von mir weggeschubst wurde, dass dieser mit dem Gesicht auf dem Boden landete. »Au! Fuck!«, rief er, rappelte sich auf, sah meinem Verteidiger in die Augen und sagte,
»Schon gut, du kannst sie haben«.
Dann rannte er weg.
Erleichtert atmete ich aus. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Hand, in der ich das Bild hielt, sich so stark zu einer Faust geballt hatte, dass das Bild nurnoch eine kleine Kugel war.
Diese steckte ich rasch in die Tasche meiner Jeans.Plötzlich ertönte ein tiefes, »Alles okay bei dir?«. Ich hatte meinen Retter bisher noch nicht angesehen, aber irgendwie kam mir die Stimme bekannt vor.
Also blickte ich auf und ich sah keinen anderen als Gott selbst. Der schwarzhaarige Mann.
Der heiße Fremde mit den stechend grünen Augen, welche nun ruhig auf mir lagen. Augenblicklich errötete ich und löste mich endlich aus meiner Schockstarre, indem ich aus Erleichterung anfing zu weinen.
Als er mich so sah, zog er mich in seinen Arm.
Er war mir zwar fremd, jedoch fühlte ich mich in seinen Armen so, als würde ich dort hingehören. »Wir kennen uns bereits aus dem Café«, hörte ich ihn leise flüstern, »Mein Name ist Sandor, du bist Rachel, richtig?«.
Ich nickte schwach. Wieso musste er auch noch so einen sexy Namen haben?
»Ich bin dir gefolgt, als ich den komischen alten Mann hinter dir herlaufen sah.
Brauchst du ein Taschentuch?«
»Das wäre lieb, danke«, schniefte ich.
Also schob er mich etwas von sich weg, und kramte in der Tasche seiner Lederjacke herum. Endlich zog er eines hervor und hielt es mir hin. Ich nahm es noch einmal dankend an und putzte mir die Nase.Plötzlich fiel mir etwas auf. Wir hatten keine Namensschilder auf unseren Arbeitskleidungen. »Hey, woher kennst du überhaupt meinen Na...men...«, flüsterte ich, spürte, wie meine Sicht erneut verschwamm.
Das Taschentuch. Das scheiß Taschentuch.
Er hatte es mit irgendwas präperiert.
Ich spürte seine Hand auf meiner Taille. Seine Stimme klang nurnoch dumpf zu mir durch. »Ich weiß noch viel mehr über dich als du denkst, Rachel Brown.«Ich konnte nicht mehr antworten.
Ich versank in völliger Schwärze.
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This Person Does Not Exist
Mystery / ThrillerMeine Mom bläute mir früher immer ein, wie wichtig es wäre, zwar auch mal Fehler zu machen, da man durch diese am meisten lernen würde... ... Man in manchen Situationen aber einfach keine Fehler machen sollte. Sie werden dich sonst für den Rest dein...