9.Kapitel

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Ich wurde durch ein Poltern aufgeweckt. Benommen blinzelte ich ein paar mal, bevor ich den Kopf leicht anhob. Ich fand mich in einem grauen, kleinen Raum wieder. Durch das Rucken, welches durch diesen zog, wusste ich, dass es sich hierbei um ein Fahrzeug handeln musste. Um einen Kleinbus vielleicht.

Als ich an mir herunterblickte, konnte ich in dem Dämmerlicht Handschellen an meinen Armen und ein Seil um meinen Beinen ausmachen. Ich fühlte mich wie ein Paket, dass gerade zu dem, der es bestellt hatte, geliefert wurde. Na toll. Wenigstens hatte ich noch meine Kleidung an. Meine Sicht war jedoch leicht unscharf, ich nahm an, dass das noch an dem Betäubungsmittel liegen musste. Das scheiß Taschentuch. Wie konnte jemand, der so göttlich aussah, so ein Teufel sein?

Wie war sein Name doch gleich nochmal? Sandor? Toll. Der Name an sich war zwar echt sexy, das konnte ich nicht leugnen, aber je mehr ich über diesen nachdachte, desto komischer hörte er sich für mich an.
Das rührte daher, da man das „S" wie ein „Sch" aussprach - so ähnlich wie das Wort „Schande". Wie passend.
Schande, dass ich auf so jemanden wie ihn treffen musste.

Ich zerrte an meinen Fesseln. Es regte sich nichts. Langsam wurde mir der Ernst der Lage bewusst und ich fing an, vor Angst Wasserfälle zu schwitzen. Einen Knebel hatte ich jedoch nicht im Mund, weswegen ich anfing, hysterisch des falschen Gottes Namen zu schreien.

»SANDOR, SANDOR, LASS MICH RAUS. HILFE BITTE.« Der letzte Teil war weniger an den schönen schwarzhaarigen gerichtet, welcher wahrscheinlich der Fahrer des Autos war, sondern an sich eventuell in der Nähe befindenden Außenstehenden. Wobei ich nicht glaubte, dass mich jemand hören konnte.
»HALT'S MAUL.« kam es von vorne. Auf einer komischen Art erleichtert, stellte ich an der tiefen Stimme fest, dass es sich zum Glück tatsächlich um Sandor handelte und nicht um einen perversen sechzigjährigen. Ob das jetzt aber wirklich so viel besser war, wusste ich nicht.

Nun packte mich jedoch nicht nur die Verzweiflung, sondern auch Wut. Wut darüber, dass ich so verarscht wurde.
Mal wieder. Wieso? Wieso sind Männer immer so? Ich bin so naiv. Tränen der Frustration liefen mir über die Wangen, während ich immer lauter schrie und um mich trat. Ich bemerkte irgendwann garnicht mehr, dass ich es überhaupt tat.

Das Auto gab ein protestierendes Krächzen von sich, als es mit einem starken Ruck zum Stehen kam. Wenig später wurden die Türen zu der Ladefläche, auf der ich mich befand, aufgerissen. Zuerst fiel mir erstaunt auf, dass wir noch nicht allzu lange gefahren sein konnten, es war immernoch stockfinster.
Wahrscheinlich irgendwann nach Mitternacht.
Danach fiel mein Blick auf Sandors wutverzerrtes Gesicht.
»Ich habe gesagt du sollst deinen verdammten Mund halten! Weißt du, dass ist die Öffnung zwischen Kinn und Nase.«

Ich gluckste das war hier alles so absurd.
Es kam mir vor wie ein abstrakter Traum.
»Ach das findest du wohl witzig was?«
Kurz darauf verschwand er wieder ohne die Tür zu schließen. Er holte wohl etwas.
Was hatte er vor?
Erneut ergriff mich die Panik und ich versuchte, mit aller Kraft zu dem rettenden Ausgang hinzurobben. Es erfasste mich schon die kühle Nachtluft, so nah war ich am Ziel.
Doch dann sah ich schwarze Jeans und schaute hoch. Sandor, mit einem Taschentuch in der Hand. Erneut wurden meine Augen feucht.
Die Erkenntnis durchfuhr mich wie ein Blitz. »Donotcry666«, sagte ich nur.
Es war eher eine Frage, als eine Aussage.

Kommentarlos riss er mich grob an meinen langen Haaren hoch und steckte mir das Taschentuch in den Mund. Seine sonst so schönen, grünen Augen wirkten nun fast schwarz. Ich spürte, wie ich langsam wieder das Bewusstsein verlor und hart auf den Boden knallte.

Als ich das nächste mal aufwachte, dachte ich, dass ich mich immernoch in dem Kleinbus befinden musste, da der Raum von den Größenverhältnissen her fast genau gleich aussah. Nur bewegte er sich nicht, weshalb ich auf einen Keller schloss. Er war nur spärlich durch eine halb kaputte Deckenlampe beleuchtet. Kurz danach realisierte ich zudem, dass ich gerade quasi von der Decke herunter hing. Meine Füße berührten zwar komplett den Boden, waren aber angekettet. Meine Arme hingegen wurden über meinem Kopf befestigt. Zu meiner Überraschung war ich jedoch weder geknebelt, noch hatte ich ein Taschentuch im Mund.

Ich riss an meinen Ketten, als mir diese jedoch ins Fleisch schnitten, heulte ich schmerzerfüllt auf. Ergeben wollte ich in mich zusammensacken und in einen Heulkrampf ausbrechen. Jedoch konnte ich nicht einmal ersteres tun.

Ich blickte mich in dem Raum nach Fluchtwegen um. Als mein Blick an die Decke wanderte, fielen mir mindestens vier Kameras auf. Zum dritten mal in bestimmt nur zwei Stunden liefen mir die Tränen in Bächen die Wangen herab. Und erneut musste ich mich fragen:

Was hatte er mit mir vor?

This Person Does Not ExistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt