12.Kapitel

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Da Sandor tatsächlich nichts an mir zu liegen schien, musste ich mir eine andere Strategie überlegen. Und zwar so schnell wie möglich. Ich wollte hier weg.
Also wartete ich geduldig darauf, dass der schwarzhaarige mich wieder aufsuchte.

Aber er kam nicht. Mehrere Stunden starrte ich Löcher in die Luft, bemitleidete mich selbst und ärgerte mich gleichzeitig, dass Sandor dieses eine einzige Mal, wenn man ihn mal wirklich brauchte, sich einfach nicht blicken ließ. Aber anstatt mich von der Wut übermannen zu lassen atmete ich ruhig ein und aus. Immer wieder erinnerte ich mich an den Plan, welcher mich gleich zu meiner Freiheit führen würde.
Gleich war untertrieben.
Sandor kreuzte erst geschätzt einen halben Tag später auf. Ob es Tag oder Nacht war konnte ich nicht sagen, der Keller hatte schließlich kein einziges Fenster. Wichtig war nur, dass er es tat.

Die Miene die er zog, als er die dicke Stahltür aufriss und zu mir eintrat, verriet mir, dass es nicht einfach werden würde, ihn an der Nase herumzuführen. Einen Versuch war es trotzdem wert.

Sandor bewegte direkt auf den Tisch mit den Folterutensilien zu. Ich stoppte ihn mit einem, »Sandor, könnten wir das auf später verschieben? Ich muss total dringend auf die Toilette.« und das war noch nicht einmal gelogen.

In meinem Kopf lief der Plan so ab: er würde mich losketten und mich aus dem Kellerraum hinaus auf eine Toilette führen, hier konnte ich schließlich weit und breit keine ausmachen.

Mit hochgezogener Augenbraue musterte er mich. Dann trat er langsam auf mich zu.
Mein Plan schien aufzugehen, als er sich an den Fesseln meiner Hände zu schaffen machte.
Innerlich triumphierte ich. Das lief besser als gedacht. Gleichgzeitig machte ich mich darüber lustig, wie leichtgläubig er war.
Ein schneidender Schmerz, welcher mich aufheulen ließ, riss mich aus meinen Gedanken. Sandor hatte meine Fesseln mit einem Ruck um einiges fester gezogen.
Hasserfüllt sah er mich an.
»Denkst du wirklich, ich wüsste nicht was du vor hast, Mädchen?«

Schockiert sah ich ihn an. Rückzug.
Er war geschickter als gedacht.
Antworten tat ich nicht. Es gab nichts abzustreiten. Meine Stille sagte bereits alles.

Nach einem weiteren drohenden Blick ließ mich der Schwarzhaarige los und schritt wieder zur Tür hinaus.
Ich fühlte mich besiegt und wollte mich schon wieder in Selbstmitleid baden, als Sandor keine zwei Minuten später bereits wieder zurück kam.
Verwundert musterte ich ihn. Mein Blick fiel auf einen Eimer in seiner rechten Hand.
Was hatte er denn jetzt damit vor?

Als er diesen direkt unter meinen Schritt platzierte, dämmerte es mir.
Er kam mir gefährlich nah und strich fast schon sanft, als wäre ich zerbrechlich, über meine Beine. Dann wanderte seine Hand immer höher. Ich bemerkte garnicht, wie er mir meine Unterhose hinunterzog, da ich so sehr damit beschäftigt war, nicht glauben zu können, was ich nun tun sollte.
Meine Befürchtung bewahrheitete sich, als Sandor in einem strengen Ton, welcher jegliche Diskussion ausschloss sagte, »Hier. Deine Toilette.«

»Das mache ich nicht.«, antwortete ich prompt mit einem Ton, welcher jede Diskussion ausschloss. Sandor sah das aber anscheinend anders. Mit seinem Blick meinen Schritt begutachtend meinte er nur, »Entweder du pisst da jetzt rein, oder du musst das erstmal für eine gaaaaaaaanze Weile einhalten.«
Beschämt senkte ich meinen Blick.
Alles sträubte sich in mir, jedoch ließ ich für einen Moment meinen Stolz fallen. Ich musste so dringend. Belustigt sah der schwarzhaarige mir zu. Ich hatte mich noch nie in meinem Leben so unwohl gefühlt, wie jetzt in diesem Moment.

Als ich fertig war grinste er nur, »Super hast du das gemacht.« und tätschelte mir, wie ein Vater seinem Kind ermutigend auf die Schulter. Ich sagte nichts. Mir war das so peinlich. Ich hoffte, dass ich diesen Moment wieder verdrängen konnte. Generell die Momente in denen ich hier war. Falls ich hier noch einmal rauskommen sollte.

Ohne eine Antwort von mir abzuwarten, griff Sandor nach einem weiteren Eimer und tunkte dort einen Lappen hinein. Was er nun vor hatte war mir egal. Ich schämte mich schon genug.
Erstaunt hob ich meinen Blick, als er anfing mich zu waschen.

Seine grünen Augen trafen auf meine.
»Guck nicht so, wir wollen ja nicht, dass du anfängst zu stinken.« Ich nickte nur schwach als Antwort. Seine großen Hände wanderten über jede Stelle meines zierlichen, zerbrechlichen Körpers. Und ich meine wirklich jede Stelle. Sein Blick hielt meinen, als er mit dem Lappen langsam in meinen Schritt fuhr. Erschrocken zog ich scharf die Luft ein.
Auf seinem Gesicht bildete sich ein dreckiges Grinsen. Keine zwei Sekunden später entfernte er jedoch seine Hand wieder und erleichtert blies ich die zuvor angehaltene Luft wieder aus.
Danke. Das hätte mir jetzt gerade noch gefehlt.

Er wusch den Lappen noch einmal aus und stellte ihn dann mitsamt dem Eimer zur Seite.
Dann hielt er einen Moment inne und lehnte sich an den einzigen Tisch im Raum. Er musterte mich für eine Weile ehe er fragte, »Hast du Hunger, oder Durst?«

»Ja, beides.«, hauchte ich ledeglich.
Er nickte und verschwand aus der dicken Stahltür. Er blieb so lange weg, dass ich das Gefühl bekam, mal wieder nur verarscht worden zu sein. Genau als ich das dachte, trat er jedoch wieder zu mir in den Raum.

Er hatte mir eine Flasche Wasser, Brötchen und Wurst mitgebracht. Nein nicht seine Wurst, sondern eine Bratwurst. Gierig biss ich in diese, als er sie mir direkt vor den Mund hielt. Ich erwartete einen perversen Kommentar seinerseits, der jedoch erstaunlicherweise nicht kam. Danach hielt er mir fürsorglich auch die Flasche hin und als ich ein paar Schlücke nahm, fühlte es sich so an, als würde wieder Leben in meinen Körper kommen. Als wäre ich komplett ausgetrocknet gewesen.

»Danke... Sandor.«, krächzte ich halbherzig.

This Person Does Not ExistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt