2.Kapitel

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»Scheiße, Scheiße, Scheiße«, fluchte ich und versuchte, mein Missgeschick rückgängig zu machen.

Aber lasst euch gesagt sein, was im Internet ist, bleibt im Internet. Ich wollte garnicht wissen, wieviele Leute nun schon mein Bild beispielsweise gescreenshottet haben mussten.

Ihr fragt euch, wo dabei das Problem ist, weil alle denken werden, dass ich nicht existiere?

Oft, bevor ich jemandem ein Bild verkaufe, will diese Person testen, ob die Person auf dem Bild auch wirklich nicht existiert und sucht auf Google diese, indem sie das Bild in die Suche einlegt um so ähnliche Fotos herauszusuchen.
Wenn sie keine findet, Checkpot.
Auf diese Weise erstelle ich übrigens auch die Fotos. Die einzelnen Gesichter werden zwar durch viele verschiedene generiert, jedoch prüfe ich so immer nochmal nach, ob die Person auch wirklich nicht existiert.

Aber genau da fängt das Problem an. Man wird mich zurückverfolgen können. Man wird die Bilder, welche ich öffentlich in den sozialen Medien von mir gepostet hatte, sehen können.
Man wird mich wiedererkennen.
Man wird meinen Accountnamen sehen können, welcher meinen vollen Namen und mein Alter - einundzwanzig Jahre - beinhaltete. Diesen jetzt noch zu ändern, wäre sowieso schon hinfällig. Zu spät. In meiner Panik entschied ich mich also stattdessen, alle meine Accounts auf Social Media auf Privat zu stellen. Dies würde wahrscheinlich trotzdem rein garnichts bringen, da man die Bilder, wenn man intensiver suchen würde, vielleicht auch einfach auf Google einsehen könnte. Und wenn jemand schon meinen Namen herausgefunden haben sollte, könnte schließlich mein Wohnort herausgefunden werden. Man könnte mir sonst was antun, sponn ich immer weiter.

Ich fing an Angstschweiß zu schwitzen, spürte jeden einzelnen Tropfen den Rücken herunterrinnen. Binnen zwei Minuten schaffte ich es aber, das Bild wieder von meiner Seite herunterzunehmen. Zwei Minuten waren jedoch zwei Minuten zu lang. Ich betete einfach inständig, dass niemand das Foto gesehen hatte und wenn doch, dass diese Person mich nicht interessant genug fand, um nach mir zu suchen.

Meine Hände waren flehend, ineinander verschränkt, gen Himmel gerichtet.
»Bitte, bitte, lieber Gott, lass bitte keinen Mensch auf dieser Plattform krank genug sein, um mein schlimmstes Szenario Wahrheit werden zu lassen.«
Ich war zwar nicht gläubig, jedoch war es einen Versuch wert. Vor allem glaubte ich mir selbst nicht. An was ich aber glaubte, waren Schutzengel. Seit dem Moment, an dem ich vor zwei Jahren von einem Auto angefahren wurde und so starke Verletzungen erlitten hatte, dass ich eigentlich hätte tot sein müssen.
Mein Vater hatte es jedoch nicht geschafft.
Er hatte keinen.

Durch den Gedanken an sein freundliches, strahlendes Gesicht beruhigte ich mich nach einigen Minuten wieder. Selbst im Tod half mir mein Vater noch.

Alles ist gut, wird schon nichts sein, dachte ich.

Ich brauchte nun Ablenkung, wollte nicht mehr an mein eventuelles Schicksal denken.
Ich könnte euch beispielsweise erklären, wie ich eigentlich in der Lage war, diese Seite überhaupt zu erstellen.
Ich habe euch doch erzählt, dass ich nicht wie andere Mädchen bin. Früher war ich das übrigens auch nicht. Deswegen brachte mir mein Vater statt Springseilspringen programmieren bei, worauf ich auch mächtig stolz war, da sich das, wie man sehen konnte, als soviel nützlicher entpuppte. Dafür bekam ich dann in Sport früher eine vier aufs Springseilspringen, weil ich es nie gelernt hatte. Naja, man konnte eben nicht alles haben.

Wo war meine Mutter?
Fragt ihr euch bestimmt, da ich nur über meinen Vater redete.

Sie ist am Leben und nein wir sind nicht zerstritten. Sie wohnte lediglich in einem anderen Haus, zwei Orte weiter. Sie gab mir früher immer monatlich etwas Taschengeld. In der Uni und dem kleinen Café in dem ich arbeitete, verdiente man schließlich entweder nichts, oder so gut wie nichts.
Mom hörte jedoch mit ihren Zuschüssen auf, als sie bemerkte, wieviel Geld ich eigentlich hatte. Fragt mich nicht, wie sie das rausgefunden hatte. Sie wollte es mir nicht sagen. Und ich wollte ihr nicht sagen, dass das Geld von meinen Darknet Machenschaften kam. Also waren wir quitt.

Gedankenverloren fiel mein Blick auf die Uhr links neben meinem Laptop auf dem Schreibtisch, und ich bemerkte, dass die Sonne sich bereits hingelegt hatte, weshalb ich mich entschloss, dasselbe zu tun.

Diese Nacht schlief ich jedoch total schlecht.
Ich fühlte mich beobachtet.

This Person Does Not ExistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt