131. Zomdado

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Ich hab einen etwas älteren Oneshot wiedergefunden. Keine Ahnung ob der schon fertig ist oder ob ich ursprünglich noch mehr schreiben wollte aber eigentlich gefällt er mir so. Wenn ihr eine Fortsetzung wollt, dann lasst es mich wissen, ich werde aber nicht versprechen, dass ich tatsächlich eine schreibe ^^'

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PoV Maudado

In mir zog sich alles zusammen. Ich fühlte mich, als hätte jemand meine Eingeweide verknotet. Ein schwerer Klumpen aus Schmerz und Verzweiflung, der in meinem Bauch lag und mich mit seiner unerträglichen Schwere nach unten zog. Jeder meiner Schritte war wackelig, ich zitterte am ganzen Körper, mir war schwindelig und die Müdigkeit, die mir während den letzten Stunden in die erschöpften Glieder gekrochen war, machte es mir schwer, die Augen offen zu halten.

Und plötzlich überkam mich ein kribbelndes Gefühl, es breitete sich von meinem Brustkorb bis in die Gliedmaßen aus und schließlich erreichte es auch meinen Kopf. Kurz versuchte ich, gegen das betäubende Gefühl anzukämpfen, wusste, was gleich passieren würde, doch die Angst davor, zusammenzubrechen, die Sorge, dass ich mir weh tun und mich verletzen könnte hielten nur den Bruchteil einer Sekunde lang an, bevor mich die Dunkelheit als eine Mischung aus Bedrohung und Erlösung übermannte.

Als ich die Augen wieder aufschlug, kniete die Krankenschwester, die mich begleitet hatte neben mir auf dem Boden und redete auf mich ein. Schnell setzte ich mich auf und beantwortete ihre Fragen. Mir tat nichts weh, mir war auch nicht wirklich schwindelig und ich hatte nicht das Gefühl, mich übergeben zu müssen. Anscheinend war ich nicht besonders lange ohnmächtig gewesen und hatte mich beim Sturz nicht verletzt, denn die junge Frau sah nicht mehr so besorgt aus und erklärte dann, dass sie es für das Beste hielt, wenn ich nach Hause ging und mich ausschlief.

Obwohl ich mich um keinen Preis noch weiter von Micha entfernen wollte nickte ich, denn mir war klar, dass es weder ihm noch mir etwas brachte, wenn ich weiterhin hier auf dem Gang herumlungerte, nicht schlief, kaum etwas aß und ihn sowieso nicht besuchen konnte. Ich ließ mich also von der jungen Frau ins Foyer des Krankenhauses begleiten und mir auf dem Weg dorthin erklären, dass ich sofort einen Arzt kontaktieren sollte, wenn mir plötzlich schwindelig oder übel wurde. Ich nickte brav, versprach ihr dann, dass ich ein Taxi für den Heimweg nehmen würde und verließ das Krankenhaus.

Die Fahrt nach Hause war ermüdend und obwohl der ältere Herr hinter dem Steuer die ganze Zeit mit mir redete schlief ich beinahe ein. Endlich war ich zu Hause angekommen, schloss die Wohnungstüre auf, schlurfte ins Schlafzimmer und ließ mich in das Doppelbett fallen, das mir viel zu groß vorkam. Ich fühlte mich so unendlich alleingelassen...

Ich war alleingelassen.

Natürlich konnte ich das Micha nicht vorwerfen, doch nachdem ich die letzten drei Tage in ständiger Angst verbracht hatte, war ich mir eigentlich sicher gewesen, heute endlich erleichtert nach Hause gehen zu können. Ich hatte schon vorher gewusst, dass diese Operation viele Risiken barg und nachdem sie so grandios schiefgegangen war, hatte Micha noch Glück gehabt, überhaupt noch am Leben zu sein. Und doch hatte ich nicht wirklich damit gerechnet, dass tatsächlich das eintreten würde, was die Ärzte mir als worst case szenario geschildert hatten.

Drei Tage hatte Micha im künstlichen Koma verbringen müssen, zwei weitere Operationen waren nötig gewesen, um ihn zu stabilisieren. Und heute war er endlich wieder aufgewacht. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich ihn wieder besuchen können, doch jetzt gerade wäre es mir lieber, er läge noch immer im künstlichen Koma. Stattdessen hatte sich sein verwirrter Gesichtsausdruck in meine Netzhaut eingebrannt und egal wie sehr ich versuchte, meinen Kopf frei zu machen, um endlich einschlafen zu können, die Worte die er zu mir gesagt hatte übertönten alles woran ich zu denken versuchte, wie ein lästiger Ohrwurm: „Kennen wir uns? Ich glaube, Sie verwechseln mich."

Mir war gesagt worden, dass sowas passieren konnte, doch ich war mir so sicher gewesen, dass sich Micha an mich erinnern würde. Wie konnte es sein, dass er alles was in den letzten drei Jahren passiert war, einfach vergessen hatte? Vielleicht lag das, woran er sich erinnern konnte sogar noch weiter zurück. Würden diese Erinnerungen jemals wieder zurückkommen? Oder hatte ich meinen Verlobten von jetzt auf gleich für immer verloren?

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