18. Dadosaft

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Gott

PoV Osaft

Glaube.

Macht das Sinn?

Muss es!

Oder?

Ich habe mein ganzes Leben lang an Gott geglaubt. Ich wurde dazu erzogen. Kann es sein, dass es ihn gar nicht gibt? Dass alles an das ich immer geglaubt habe eine einzige Lüge ist?

Nein.

Wäre es das, würde mein Leben in Stücke springen, genau zu dem Zeitpunkt, an dem ich es mir unwiderruflich klar machen muss.

Das kann ich nicht.

Das will ich nicht.

Das muss ich nicht!

Gott gibt es.

Für mich steht das fest, auch wenn viele daran zweifeln.

Aber kann es sein, dass er mich hasst?

Es heißt immer, Gottes Liebe ist unfehlbar und grenzenlos.

Er verzeiht alle Fehler.

Habe ich einen Fehler begangen?

Kann Liebe ein Fehler sein?

Wenn ja, bin ich bei Gott wohl unten durch.

>>Homosexualität ist eine Sünde!<<

Scheinbar wird man auch sofort dafür bestraft, nicht nur von Gott.

Auch von den Menschen, denen man vertraut hat.

Aber was soll ich jetzt machen?

Wo kann ich hin?

Wer würde einen Typen, der raus geworfen wurde einfach bei sich aufnehmen?

Eine Person käme in Frage...

„Dado?", frage ich sofort, als mein bester Freund abnimmt. „Ja?", kommt es verschlafen aus dem Lautsprecher. „Als ob ich dich aufgeweckt habe, es ist fünf Uhr nachmittags!", frage ich ungläubig. Trotz meiner üblen Situation muss ich über die Verpeiltheit meines besten Freundes lachen. „Ja, was ist?", kommt es müde aus dem Hörer und vorsichtig fange ich an zu erklären:

„Äh ja, ich habe vielleicht ein kleines großes Problem. Meine Eltern haben mich rausgeworfen und ich muss irgendwo übernachten, nicht lange, aber halt bis ich eine eigene Wohnung gefunden habe..." Vom anderen Ende der Leitung ist ein  nicht identifizierbares Geräusch zu hören und als ich gerade nachfragen will, ob er noch wach ist, murmelt Dado: „Geht klar, wann bist du da? Ich will aber nen anständigen Grund hören, warum du rausgeflogen bist."

Kurz reiße ich meine Augen erschrocken auf, allerdings bleibt mir wohl nichts anderes übrig und ich muss ihm ja nicht die ganze Wahrheit erzählen. Kurz werfe ich einen Blick auf die Uhr, die in der Bahnhofshalle hängt und dann auf den Fahrplan, ehe ich antworte: „Also wenn die Bahn pünktlich ist, bin ich in zwei Stunden da." „Okay passt, bis später", verabschiedet sich mein bester Freund und legt auf. Ich beeile mich, ein Ticket zu kaufen und komme gerade noch rechtzeitig am Gleis an.

Mitsamt meinen zwei Koffern quetsche ich mich durch die enge Türe und stelle erleichtert fest, dass das Abteil nahezu leer ist, weswegen ich einen Viererplatz für mich und mein Gepäck beanspruchen kann. Die Fahrt über denke ich nach. Was ich tun soll, wie lange ich bei Dado bleiben kann oder auch wie er aussieht. Ich habe zwar ein Foto von ihm, aber das ist jetzt schon fast ein halbes Jahr alt. Die Aufregung, die immer weiter in mir hoch kocht, lässt mein Herz schneller schlagen, je näher die Bahn ihrem Ziel kommt und als ich schließlich da bin und mich auf den Weg zu Dados Wohnung mache, fangen meine Hände an, zu zittern. Endlich angekommen stehe ich vor einem hohen Gebäudekomplex, in dem wohl etwa zwanzig Wohnungen sein dürften und suche auf dem Klingelschild den Namen meines besten Freundes.

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