62. Wunschpairing

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!Triggerwarnung!

Geschlecht diesmal für beide Menschs egal ^^

———

Der Bus setzte sich mit einem Ruck wieder in Bewegung. Ich warf meine Schultasche auf den Sitz neben mir, lehnte meinen Kopf gegen das Fensterglas und starrte nach draußen.

Dabei konzentrierte ich mich auf Straßenschilder, auf Menschen, Tiere, Häuser, Bäume...

Auf alles, was da an mir vorbei rauschte und mich von der Vierergruppe hinter mir ablenkte.

Ich hatte meine Kopfhörer vergessen und konnte ihr Gerede nicht wie sonst mit Musik übertönen und auch wenn ich mir größte Mühe gab, sie zu ignorieren, war es einfach nicht möglich, die Sticheleien zu überhören, die, auch wenn kein einziges Mal mein Name fiel, trotzdem an mich gerichtet waren.

Und wieder hörte ich diese eine besondere Stimme, eine Stimme, die mir früher Ermutigungen und Aufmunterungen zugeflüstert hatte, die mich aufgebaut hatte. Eine Stimme, die jahrelang zu einer guten, nein, zu meiner besten Freundschaft gehört hatte. Aber seit etwa einem Monat wurde ich konsequent ignoriert, ohne den Grund dafür zu kennen.

Erst, als der Schmerz durch mein Handgelenk fuhr, merkte ich, dass ich unterbewusst schon wieder angefangen hatte, an dem dünnen Gummiband zu zupfen, das an meinem Arm baumelte.

Eine gute Freundin hatte es mir mal geschenkt, es war eigentlich ein Andenken gewesen, das sie mir von einer Klassenfahrt nach Tschechien mit gebracht hatte.

Allerdings hatte ich irgendwann angefangen, jedes Mal, wenn ich mich von etwas ablenken wollte, daran zu zupfen. Erst nur leicht, sodass es mehr eine Beschäftigung für meine Hände gewesen war als ein Mittel um Schmerz zu provozieren.

Dann immer stärker. Der Schmerz lenkte meine Aufmerksamkeit auf meinen Unterarm und weg von den Stimmen und Geräuschen um mich herum.

Ich merkte förmlich, wie das Gerede der anderen hinter mir verschwamm und von einzelnen Lauten zu einem Geräuschebrei vermatschte, den ich weder verstehen konnte noch wollte.

Erleichtert zog ich wieder am Armband und ließ es dann gegen meine Haut schnalzen. Als es auftraf, kribbelte der Schmerz in einer dünnen Linie unter der Haut und innerhalb von Sekunden breitete er sich weiter aus.

Sad End?

Wieder und wieder traf das Band meine Haut, bis die Stelle rot und leicht angeschwollen war und ich eigentlich aufhören musste, um nicht zu riskieren, dass die Haut aufplatzen und zu bluten anfangen würde.

Als ich meinen Blick hob und sich meine Sinne von meinem Handgelenk weg wieder auf den ganzen Bus erstreckten, bemerkte ich, dass nur noch vereinzelt Schüler auf den Sitzen saßen. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass der Bus schon kurz vor meiner Station war, weswegen ich schnell den Halteknopf drückte und schon bald darauf ausstieg.

Auf dem Weg zu unserem Haus zog ich den Ärmel meines Hoodies so weit nach vorne, dass er mein Handgelenk vollständig verdeckte.
Niemand sollte das sehen.

Manchmal machte ich mir Sorgen, ich könnte auf eine seltsame Bahn geraten, anfangen mich wirklich ernsthaft selbst zu verletzen. In Momenten, in denen es mir gut ging, hatte ich mir schon oft vorgenommen, damit aufzuhören und war einmal sogar kurz davor gewesen, das Armband zu zerschneiden.

Doch in solchen Momenten wie in diesem gerade wusste ich mir einfach nicht mehr anders zu helfen...

(Yia i know, das Ende ist nicht wirklich Sad sondern eher ein offenes Ende aber was solls)

Good End

Wieder und wieder traf das Band meine Haut, bis die Stelle rot und leicht angeschwollen war und ich eigentlich aufhören hätte müssen, um nicht zu riskieren, dass die Haut aufplatzen und zu bluten anfangen würde, doch ich konnte einfach nicht.

Ich spannte das Gummiband erneut, diesmal allerdings noch stärker als zuvor und als es auf meine Haut traf, platzte diese auf.

Fasziniert starrte ich auf meine Hand und konnte beobachten, wie sich ein Tropfen Blut sammelte und langsam nach unten rann. Dann wurde er schwer und als der Bus über eine Unebenheit in der Straße fuhr, löste sich der Tropfen von meiner Haut und fiel, bis er auf dem Boden Auftraf und als roter Punkt einen Kontrast zu dem ansonsten blau - grau gesprenkelten Plastik bildete.

Ich konnte meinen Blick nicht von diesem Schauspiel lösen, das so natürlich und doch völlig absurd und vor allem fehl am Platze war.

Plötzlich riss mich eine Berührung aus meinen Gedanken. Jemand hatte mich an der Schulter gepackt und zu sich gedreht. Und plötzlich starrte ich in Augen, die in Kombination mit dieser ganz bestimmten Stimme früher für Freundschaft, jetzt für Verzweiflung und Verwirrung standen.

„Sag mal spinnst du?" Traf mich die Frage völlig unvorbereitet. „Was soll das mit deinem Arm? Machst jetzt einen auf Psycho oder was?"

Perplex starrte ich die Person vor mir an. Was hatte ich verbrochen, um so behandelt zu werden? „Ich... Das war ein Versehen.", antwortete ich vage und drehte mich dann weg. Ich wollte dieses Gespräch nicht führen.
Mit dieser Meinung war ich aber anscheinend alleine, denn direkt traf mich der nächste Vorwurf: „Du bist so behindert! Erst ziehst du diese Scheiße durch und jetzt benimmst du dich wie so ein Emo! Kein Wunder dass du keine Freunde mehr hast!"

Verwirrt sah ich auf. Was hatte ich durchgezogen? „Was willst du eigentlich von mir?", fragte ich deswegen, heftiger als ich es vor gehabt hatte, „Ich hab dir nichts getan und du brichst einfach die Freundschaft ab! Und was ich mit meinen Handgelenken mache, geht dich mal absolut nichts an!"

Der Gesichtsausdruck meines Gegenübers änderte sich von genervt zu wütend und mit den Worten: „Nichts? Sieht das für dich nach nichts aus?", bekam ich ein Handy vor die Nase gehalten.

Geöffnet war Twitter und ich überflog den Text. Jemand hatte getweetet, wie nervig Freunde sein konnten und dass man sich am liebsten von allen abschotten sollte. Dass man früher oder später sowieso nur enttäuscht werden würde und wie anstrengend die Schulklasse war. Und als ich einen Blick auf den Namen des Verfassers warf, stockte mir für einen Moment der Atem.

Jemand hatte sich mit meinem Namen auf Twitter angemeldet, irgendjemand, der gewusst haben musste, dass ich keinen Account dort hatte.

Mein Blick richtete sich wieder auf die Person, der das Handy gehörte und ich sagte mit erstickter Stimme: „Du weißt, dass ich kein Twitter habe, oder?" „Ja", kam die Antwort zurück, „Weil es auch so schwer ist, sich einen Account zu erstellen, oder?"

Wortlos reckte ich meinem Gesprächspartner mein Handy entgegen und sagte: „Schau es dir an. Du wirst kein Twitter finden."

Es dauerte fast eine viertel Stunde, bis alles auf meinem Handy durchsucht war. Bis klar war, dass ich es nicht gewesen sein konnte. Und als ich leise flüsterte: „Warum hätte ich dich denn auch beleidigen sollen?", da stürzte mein ehemaliger Lieblingsmensch plötzlich auf mich zu und schloss mich in die Arme.

Und auch, wenn es wegen den engen Sitzreihen ziemlich umständlich war und wir sicherlich seltsam aussahen, hielt ich mich noch lange fest, ließ nicht los und immer wieder versprachen wir uns gegenseitig, uns nie wieder im Stich zu lassen.

OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt